Ohne jede Spur
können, dass es ein Mädchen ist. Es trägt ja schließlich ein rosa Kleidchen. Na, Lil’ Bunny?Magst du große rosa Blumen? Mir scheint, du bist ein Kaninchen, das eine wirklich
große
rosa Blume richtig toll findet. Ich habe da eine wunderschöne Blume im Sinn, eine schönere gibt es weit und breit nicht. Willst du sie sehen? Ja? Prima, dann will ich sie dir zeigen und dir ein bisschen was über Zauberei erzählen.»
Die Tür öffnete sich und Jason Jones betrat den Raum. Er bewegte sich steif, wie von einer Fernbedienung gesteuert. Angesichts seiner verschlossenen Miene wusste D. D. nicht zu unterscheiden, ob sie es mit einem Psychopathen zu tun hatte oder mit dem stoischsten Mann, der ihr je zu Gesicht gekommen war. Er machte die schwere Tür hinter sich zu und schaute sich vorsichtig um. D. D. schob ihm ein bereits ausgefülltes Formular über den Tisch zu und griff nach einem Stift mit schwarzer Tinte.
«Hiermit erklären Sie sich einverstanden, Ihre Tochter von unserer Psychologin vernehmen zu lassen. Wenn Sie bitte unterschreiben würden.»
Jason schien überrascht, dass sein Einverständnis tatsächlich vonnöten war, unterschrieb aber wortlos und zog sich in eine Ecke zurück. An die Wand gelehnt und mit verschränkten Armen starrte er auf die Spiegelglasscheibe, hinter der, wie nun zu sehen war, Marianne und Ree das Vernehmungszimmer betraten. Ree hielt ihr zerlumptes braunes Stofftier umklammert, dessen lange Schlappohren ihre Hände verdeckten.
Marianne schloss die Tür. Statt sich auf einen der kleinen roten Klappstühle zu setzen, nahm sie im Schneidersitz am Rand des rosafarbenen Teppichs Platz und strichein paarmal über den Flor, womit sie offenbar das Mädchen einladen wollte, sich zu ihr zu setzen.
D. D. griff zum Mikrophon und informierte Marianne darüber, dass der Vater unterschrieben hatte. «Sie können beginnen.»
Marianne nickte und fuhr mit den Fingern über den Knopf in ihrem Ohr. «Was meinst du?», fragte sie Clarissa Jones und deutete auf den Teppich. «Ist das eine hübsche Blume? Sieht aus wie eine Sonnenblume, finde ich, auch wenn Sonnenblumen eigentlich gelb sind und nicht rosa.»
«Das ist ein Gänseblümchen», sagte Ree mit dünner Stimme. «Mommy hat auch welche davon im Garten.»
«Gänseblümchen? Natürlich. Du kennst dich wohl richtig gut mit Blumen aus.»
Ree blieb stehen und klammerte sich an ihrem Hasen fest. D. D. sah, wie das Mädchen nervös an einem der Schlappohren zupfte, und verspürte einen Stich. Sie hatte als Kind einen Stoffhund besessen und so lange an dessen Ohren gezupft und gerieben, bis sie am Ende ganz abgewetzt gewesen waren.
«Ich muss mich erst mal vorstellen: Mein Name ist Marianne Jackson», erklärte die Psychologin. «Ich bin hier, um mich mit Jungen und Mädchen in deinem Alter zu unterhalten. Das hört sich vielleicht einfach an, ist aber manchmal gar nicht so leicht.»
Ree reagierte endlich und krauste ihre Stirn. «Warum nicht?»
«Weil für solche Gespräche besondere Regeln gelten. Wusstest du das?»
Ree rückte näher und schüttelte den Kopf. Sie berührte mit der Fußspitze das rosafarbene Blütenblatt und schien den Teppich genau zu studieren.
«Nun, wie du weißt, ist dies ein Zauberzimmer, und wer sich hier unterhält, muss vier Regeln beachten.» Marianne streckte vier Finger aus und zählte sie einzeln ab. «Erstens, wir reden nur über das, was wirklich passiert ist, nicht über das, was passiert sein könnte – also über das, was tatsächlich stattgefunden hat.»
Ree krauste wieder die Stirn und wagte sich noch ein Stückchen weiter vor.
«Kennst du den Unterschied zwischen der Wahrheit und einer Lüge, Clarissa?» Marianne griff in den Korb und zog einen Plüschhund heraus. «Wenn ich sage, das ist eine Katze – ist das die Wahrheit oder eine Lüge?»
«Eine Lüge», antwortete Ree, ohne zu zögern. «Das ist ein Hund.»
«Sehr gut. Das wäre also Regel Nummer eins. Wir sagen hier nur die Wahrheit, okay?»
Ree nickte. Sie nahm nun auch am Rand des Teppichs Platz und legte ihren Hasen auf den Schoß.
«Regel Nummer zwei», sagte Marianne. «Wenn ich dir eine Frage stelle, und du weißt die Antwort nicht, musst du das auch zugeben und sagen: Ich weiß es nicht. Verstehst du?»
Ree nickte.
«Wie alt bin ich, Clarissa?»
«Fünfundneunzig», antwortete Ree.
Marianne schmunzelte. «Bist du dir sicher? Hat dir jemand gesagt, wie alt ich bin?»
Ree schüttelte den Kopf.
«Du kannst also nicht
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