Ohne jedes Tabu
wiederholte Abby.
„In zwei Wochen.” Raina zwang sich, nicht an Lucian zu denken. „Ich zeige meine Dessous-Herbstkollektion.”
Damit hatte sie die Aufmerksamkeit aller Männer auf sich gezogen.
„Ein Wort, Gabe Sinclair, und du schläfst heute Nacht auf dem Sofa”, sagte Melanie, als Gabe sich interessiert vorbeugte.
„Was ist denn?” Gabe täuschte völlige Unschuld vor. „Ich wollte nur um die Wassermelone bitten.”
Stöhnen und Lachen ertönten rund um den Tisch, und Melanie, der es nicht mehr gelang, böse auszusehen, verdrehte nur die Augen. Raina beobachtete sie und Gabe und sah nun den besonderen Blick, den sie austauschten. Sie glaubte, noch nie ein so verliebtes Paar gesehen zu haben.
Dann erkannte sie, dass jedes der Paare, die hier saßen, solch einen Blick füreinander hatte. Es war ein Blick voller Liebe und Respekt.
Raina war ein Jahr lang verheiratet gewesen. Nicholas Sarbanes war gut aussehend gewesen, reich und charmant. Zu spät hatte sie erkannt, dass er lediglich eine Vorzeigefrau gebraucht hatte - eine schöne Frau, die eine gute Figur neben ihm machte und alle beeindruckte. Ein paar Wochen war sie fasziniert gewesen von all dem Glamour und der Aufmerksamkeit, doch das hatte sich nach der Trauung schnell gegeben. Seine Liebe war eine Lüge gewesen, sie war nur eins von vielen Models gewesen, von denen er nicht die Finger lassen konnte.
Nicholas hatte sie niemals so angesehen, wie diese Männer hier ihre Frau anschauten. Noch kein Mann hatte das je getan.
Sie war voller Lust und Verlangen betrachtet worden, aber nicht mit dieser Art von Liebe, die sie im Moment umgab. Liebe, die keine Worte brauchte. Liebe, die zwei Menschen in einmaliger Weise miteinander verband.
„Was sind Dessous?” wollte Kevin wissen.
„Das ist Unterwäsche für Frauen”, erwiderte Melanie.
„Oh.” Kevin wurde so rot wie die Wassermelone in der Obstschale. „Warum will die denn jemand sehen?”
Alle lachten, doch da offenbar keiner die Frage des Sechsjährigen beantworten wollte, ging die Unterhaltung zu den nächsten Basketballspielen und den Impfungen für Kleinkinder über.
„Die Lakers werden es dieses Jahr nicht schaffen.”
„All diese Impfungen waren ein Albtraum. Ich habe genauso geheult wie Matthew.”
„Wir haben noch Zeit, bevor Emma dran ist, aber mir graut schon jetzt davor.”
Lucian versuchte sowohl der Diskussion über Basketball als auch der Unterhaltung über Schutzimpfungen zu lauschen. Hätte Raina nicht mit am Tisch gesessen, hätte er sich völlig auf Basketball konzentriert, doch er wollte unbedingt mehr über sie erfahren.
Er hatte sogar ein Pokerspiel mit Reese und den McDougall-Brüdern gestern Abend ausgeschlage n. Stattdessen hatte er seine Zeit damit zugebracht, durchs Zimmer zu tigern und über Raina nachzudenken. Und da hatte er wirklich eine Menge zu denken.
Er konnte noch immer nicht glauben, dass sie sich geliebt hatten. Nun, er glaubte es schon. Zweifellos sagte Raina die Wahrheit. Warum sollte sie so etwas erfinden? Trotzdem konnte er es nicht fassen.
Es erschien ihm geradezu tragisch. Da schlief er mit der schönsten Frau, die er je gesehen hatte, und konnte sich an keine einzige Minute mit ihr erinnern. Die Schicksalsgöttin musste einen merkwürdigen Sinn für Humor haben.
Und Raina musste ihn für einen ziemlichen Mistkerl gehalten haben, als er nicht zurückgekommen war und sich auch nicht von ihr verabschiedet hatte. Trotz all der Gerüchte bezüglich seines Liebeslebens hatte er sich stets nur mit einer Frau zur Zeit eingelassen, und er war noch nie gefühllos gewesen. Das war nicht sein Stil.
Er hatte so viele Fragen - Fragen, die Raina heute beantworten wollte. Ungeduldig wartete er darauf, dass er sie endlich allein sprechen konnte.
Während Gabe und Callan darüber stritten, wer in dieser Saison die meisten Körbe geworfen hatte, wandte Lucian seine Aufmerksamkeit von Raina zu der kleinen Emma. Sie war ein wunderhübsches Baby, doch als er sie jetzt so anschaute, merkte er, dass sie Raina eigentlich kaum ähnlich sah. Abgesehen von den dunklen Locken hätte Emma eher zu seiner Schwester gehören können. Und dann diese großen grünen Augen - sie hatten die gleiche Farbe wie Caras Augen.
Und wie Gabes. Und Reeses.
Und seine eigenen.
Lucian runzelte die Stirn und schnappte nach Luft. Genau genommen war Emmas Haar ebenfalls nicht so wie Rainas.
Es war dunkler - so wie seins.
Lucian sah zu Matthew und Emma, die nebeneinander auf
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