Ohne jedes Tabu
wäre Emma allein. Der Gedanke erschreckte mich.”
„Du wolltest es mir sagen, weil du dachtest, ich musste es wissen, nicht, weil du dachtest, ich wollte es wissen?”
„In jener Nacht”, antwortete sie vorsichtig, „haben wir beide klargemacht, dass keiner von uns auf der Suche nach Liebe oder einer festen Bindung war. Keine Heiratspläne, keine Kinder.
Warum sollte ich annehmen, dass du deine Meinung geändert haben könntest?”
Die Nacht mochte vielleicht so begonnen haben, aber sie hatte nicht so geendet. Jedenfalls nicht, was sie, Raina, betraf. Am Ende der Nacht hatte sie nicht gewollt, dass es vorbei war, denn da hatte sie sich schon in Lucian verliebt gehabt.
Und dann war er verschwunden gewesen.
„Lucian.” Es klang wie ein Seufzer. „Ich hatte keine Ahnung, was du wolltest, doch von dem Moment an, als ich erfuhr, dass ich schwanger war, wollte ich dieses Baby. Emma ist mein Leben.”
Wortlos, aber sichtlich angespannt starrte er sie an.
Emmas gedämpftes Weinen von unten unterbrach den Augenblick.
Lucian trat von ihr weg, blickte sie noch einmal aufgebracht an, bevor er sich umdrehte und das Zimmer verließ.
Raina atmete tief durch und folgte ihm dann. Ihr sank das Herz, als sie den Motor seines Pick-up hörte. Lucian fuhr weg.
Emmas Weinen ließ ihr keine andere Wahl, sie musste zu ihrer Tochter gehen und Lucians Familie gegenübertreten.
Sie straffte die Schultern und ging ins Esszimmer. Mit Ausnahme von Gabe und Kevin saßen alle anderen noch am Tisch und schauten sie an, als sie hereinkam.
„Es … es tut mir Leid”, begann sie, obwohl sie nicht recht wusste, was sie sagen sollte. „Lucian und ich, wir …”
„Raina, du brauchst nichts zu sagen.” Melanie stand mit einer müden und weinenden Emma im Arm auf. „Es tut mir Leid.
Ich habe es ausgeschaltet, doch nicht bevor … Ich meine, nicht bevor …”
Verwirrt blickte Raina in die Richtung, in die Melanie wies.
Oh nein!
Ihr blieb fast das Herz stehen.
Das Babyphon!
Entsetzt schaute sie die anderen an. Sie wusste nicht, wie viel sie gehört hatten, doch es war offensichtlich, dass sie genug mitbekommen hatten.
„Nun …”, Reese war es, der das angespannte Schweigen unterbrach, „… das nenne ich eine echte Überraschungsparty.”
5. KAPITEL
Lucian nahm einen Nagel aus seinem Werkzeuggürtel und hob den Hammer. Der Nagel verschwand mit einem einzigen Schlag im Holz. Lucian fluchte, setzte den nächsten Nagel an, schlug ihn ein - und fluchte.
Noch ein Nagel, noch ein Schlag, noch ein Fluch.
So ging es schon seit fast zwei Stunden. Hämmern. Fluchen.
Denken.
Ich bin Vater.
Ich habe eine Tochter.
Emma ist mein Kind.
Vater. Tochter. Kind.
Es hatte zwei Stunden gedauert, und mehrere Dutzend Nägel und vier aufgeschlagene Fingerknöchel gekostet, bis die Tatsache in sein Bewusstsein gedrungen war: Er war Vater. Emmas Vater.
Das war ein ziemlich erstaunliches Geburtstagsgeschenk.
Seufzend steckte er den Hammer in den Gürtel und rieb sich über das Gesicht. Er hatte kaum Zeit gehabt, den ersten Schock, dass er und Raina die Nacht zusammen verbracht hatten, zu verarbeiten, da war die zweite Bombe hochgegangen. Er hatte ein Kind. Seit sieben Monaten war er Vater und hatte es nicht einmal gewusst.
Verdammt! Sie hätte es ihm sagen müssen. Immer wieder war er ihr Verhalten durchgegangen und hatte versucht, es zu verstehen. Doch das war höllisch schwierig, weil er sich an rein gar nichts erinnern konnte, was mit jener Nacht zusammenhing.
Er versuchte sich an Rainas Stelle zu versetzen. Sie hatten sich geliebt; sie glaubte, er sei einfach so weggegangen; sie merkte, dass sie schwanger ist; sie rief ihn an, er erinnerte sich nicht einmal mehr an ihren Namen; sie entschied sich, das Baby allein großzuziehen und ihm nichts zu sagen, weil sie glaubte, er würde das Kind nicht wollen.
Doch sosehr er sich auch bemühte, ihre Sicht der Dinge zu verstehen, es lief immer auf eins hinaus: Emma war auch sein Kind. Und dass Raina ihm sein Kind vorenthalten hatte, war unverzeihlich.
Verflixt! Wenn er sich doch wenigstens an irgendetwas aus jener Nacht erinnern könnte.
Laut Raina hatte er ihr erklärt, dass er weder an einer Beziehung noch an einer Ehe oder an Kindern interessiert sei. Das hatte er ohne Zweifel auch gesagt. Er hatte noch keine Frau getroffen, bei der er den Gang zum Traualtar in Betracht gezogen hätte.
Doch er hatte auch noch nie eine Frau wie Raina getroffen.
Schon vor zwei Tagen, als er sie am
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