Ohne jedes Tabu
Mal passiert ist”, meinte er nachdenklich. „Dass du, vielleicht wir beide das hier zwischen uns geleugnet haben, bis es einfach explodiert ist. Habe ich Hecht?”
„Nein”, stieß sie atemlos hervor.
Er beugte sich zu ihr, bis sein Mund nur noch Millimeter von ihren Lippen entfernt war. „Ich glaube, das ist eine Lüge, Raina”, flüsterte er.
Sie blinzelte, bewegte sich jedoch nicht. „Nein, Lucian. Eine Ehe zwischen uns wäre eine Lüge.”
Seufzend trat er zurück. „Das wäre es nicht. Wir könnten …”
„Nein.” Sie schüttelte entschieden den Kopf. „Können wir nicht. Ich werde noch vier Tage hier sein, mehr nicht.” Ihre Stimme wurde weicher. „Ich möchte so fair wie möglich sein. Es steht dir frei, so viel Zeit, wie du möchtest, mit Emma zu verbringen.
Wir können auch, bevor ich abfahre, eine Art Besuchsplan aufstellen. Ich hoffe, dass wir das alles ohne Anwälte hinbekommen.”
Ein Besuchsplan? Anwälte? Am liebsten hätte er ihr unmissverständlich gesagt, was er davon hielt, doch manchmal wusste auch er, wann es besser war, den Mund zu halten. „Gut”, entgegnete er knapp.
„Ich werde jetzt nach Emma sehen.”
Als sie um ihn herumgehen wollte, hielt er sie am Arm fest.
„Ich habe sieben Monate vom Leben meiner Tochter versäumt, Raina.” Er zog sie an sich. „Sag mir, wie fair du das findest.”
„Es tut mir Leid, Lucian”, erwiderte sie ruhig, und er konnte sehen, dass sie es auch so meinte.
Innerlich fluchend, ließ er sie gehen. Eine ganze Weile starrte er noch auf die geschlossene Tür und kämpfte gegen den Wunsch an, ihr zu folgen.
Diese verflixte, sture Frau.
Na gut, die erste Runde hat sie vielleicht gewonnen, dachte er verärgert. Aber es wird noch eine Runde geben. Und zwar bald.
6. KAPITEL
„Schau nur, Süße”, meinte Melanie zu Emma, als Raina ins Kinderzimmer kam. „Da ist deine Mommy.”
„Soll ich das machen?” Raina trat neben den Wickeltisch, wo Emma beim Anblick ihrer Mutter fröhlich gluckste und mit den Beinen strampelte. „Hallo, mein Schatz. Hast du gut geschlafen?”
Das Lächeln ihrer Tochter berührte sie jedes Mal. Es erwärmte ihr Herz und ließ sie all den Stress des Tages vergessen.
Im Moment brauchte sie dieses Lächeln ganz besonders dringend.
Melanie reichte Raina eine Windel und hob eine Augenbraue.
„Und?”
„Na ja …” Raina schob die Windel unter den Po ihrer Tochter.
„Er denkt, dass wir heiraten sollten.”
„Er denkt was?”
„Dass wir heiraten sollten.” Es überraschte Raina, wie ruhig sie klang, obwohl sie innerlich noch immer bebte. „Könntest du mir bitte das kleine rote T-Shirt dort auf der Wickeltasche reichen?”
„Moment mal.” Mit großen Augen starrte Melanie sie an. „Lucian Sinclair, der überzeugteste Junggeselle von ganz Bloomfield, hat dich gefragt, ob du ihn heiraten möchtest, und du sagst, könntest du mir das T-Shirt reichen?”
„Eigentlich, um genau zu sein …”, Raina nahm Melanie das T-Shirt ab, „… habe ich gesagt, könntest du mir das kleine rote T-Shirt reichen.”
„Raina, du meine Güte, was hast du geantwortet?”
„Ich habe Nein gesagt.”
„Natür lich hast du das.” Melanie nickte. „Was hat er sich dabei nur gedacht?”
„Er hat an Emma gedacht.” Raina nahm ihre frisch gewickelte Tochter hoch und drückte sie an sich. „Er möchte, dass sie seinen Namen bekommt, um sie vor kleingeistigen Menschen zu schützen.”
Melanie runzelte die Stirn. „Kleingeistige Menschen?”
Raina küsste ihre Tochter auf die Nasenspitze. „Gemeine Menschen, die nur nach einem Grund suchen, um zu tratschen.”
„Du weißt, dass ich mit solchen Leuten selbst genug Probleme hatte”, sagte Melanie seufzend. „Aber trotzdem, muss man deshalb gleich heiraten?”
„Theoretisch macht es Sinn. Es war wahrscheinlich das einzige Argument, was mich seinen lächerlichen Antrag zumindest in Erwägung ziehen ließ.”
„Soll das heißen, du willst ihn doch heiraten?”
„Natürlich nicht.” Raina schüttelte entschieden den Kopf, konnte ihre Zweifel aber nicht ganz unterdrücken. Was war, wenn Lucian Recht behielt? Wenn die Leute auf Emma zeigten und hinter ihrem Rücken tuschelten? „Ich habe ihm gesagt, dass er so viel Zeit mit Emma verbringen kann, wie er möchte, und dass wir uns auf einen Besuchsplan einigen könnten.”
Melanie stöhnte. „Ich kann mir vorstellen, wie das bei ihm angekommen ist.”
„Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen, aber
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