Ohne jedes Tabu
damit zugebracht, auf und ab zu gehen und sich auf der Suche nach einer Lösung den Kopf zu zermartern.
Er konnte sie einfach nicht gehen lassen.
Weil er nicht nur Emma wollte. Er wollte auch Emmas Mutter.
Er beobachtete Raina, die gerade den großen, begehbaren Kleiderschrank im zukünftigen Schlafzimmer bewunderte. Und wenn es keine übliche Ehe wäre, was machte das schon? dachte er. Viele Leute heirateten und lebten aus anderen Gründen als aus Liebe zusammen. Raina und er mochten sich - meistens jedenfalls. Und es war keine Frage, dass sie sich körperlich zueinander hingezogen fühlten. Okay, er hatte nicht vorgehabt, sich in dieser Weise zu binden, doch er musste an Emma denken. Ihr Wohlergehen stand jetzt im Vordergrund.
Ein Donnern riss Lucian aus seinen Gedanken. Regen begann auf das Dach zu prasseln.
Er nahm Raina bei der Hand, zog sie aus dem Schrank und eilte mit ihr nach unten. „Wir sollten lieber verschwinden.”
Als sie die Verandastufen herunterliefen, goss es bereits in Strömen. Sie waren fast unten angekommen, als Lucian ein Geräusch hörte.
„Verdammt!” fluchte er.
„Was ist?” fragte Raina.
Kopfschüttelnd zog er sie wieder nach oben und unter den Dachvorsprung. „Warte hier einen Moment.”
Sie blieb auf der Veranda stehen, während er sich in den Matsch kniete und unter die Stufen schaute. Wasser lief darunter längs.
„Lucian, was ist?”
„Hier sind ein paar junge Kätzchen”, rief er zurück. „Die Mutter ist sehr scheu und lässt mich nicht an sich heran, aber ich stelle ihr immer Futter hin, also … Hey, warte!”
Doch bevor er sie aufhalten konnte, war Raina bereits auf Händen und Knien neben ihm.
„Ich sehe die Kätzchen”, sagte sie aufgeregt. „Aber Wasser tropft auf sie.”
Er rannte los und schnappte sich eine Plane, die über einem Stapel von Zementsäcken lag. Dass die Säcke jetzt allesamt unbrauchbar werden würden, war ihm egal. Er würde halt neue kaufen. Innerhalb einer Minute war er wieder da, und gleich darauf waren die Stufen abgedeckt.
„Okay.” Raina stand lächelnd auf. „Jetzt haben sie es trocken.”
Kopfschüttelnd nahm er sie wieder bei der Hand. Sie waren beide schmutzig und pitschnass, und Raina fror bestimmt schrecklich. „Lass uns schnell von hier verschwinden.”
Er lief mit ihr ungefähr hundert Meter in den Wald hinein, wo er seinen Wohnwagen abgestellt hatte. Der Wagen war nicht besonders luxuriös ausgestattet, erfüllte aber seinen Zweck.
Völlig durchnässt, lachend und nach Atem ringend stürzten sie durch die Tür.
„Warte.” Rasch holte Lucian ein Handtuch aus dem Schrank und war nach zwei Sekunden wieder da. Er legte es Raina über den Kopf und rubbelte ihr nasses Haar, bevor er ihr das Handtuch um die Schultern schlang.
„Das war ja eine ausgesprochen heldenhafte Tat, Mr. Sinclair.” Raina wischte sich das Gesicht trocken. „Wer hätte gedacht, dass du nicht nur ein Herz für Babys, sondern auch für kleine Katzen hast?”
„Sag es nicht weiter.” Er strich sich das nasse Haar zurück.
„Ich habe schließlich ein Image zu wahren.”
„Ach ja, dein Image”, meinte sie lächelnd und fing an, ihm das Gesicht abzutrocknen. „Der harte Kerl.”
Ihre Wangen waren vom Laufen gerötet, ihre blauen Augen strahlten. Mitten in der Bewegung hielt sie plötzlich inne. Das Handtuch glitt ihr aus den Händen, und sie berührte ganz leicht mit den Fingerspitzen seine Wange.
Sein Herz begann wie wild zu pochen, als ihr Blick sich auf seinen Mund senkte.
„Lucian …”
Das ist verrückt, dachte Raina. Der pure Wahnsinn.
Aber es machte ihr nicht das Geringste aus.
Sie hatten den Duft des Waldbodens, auf den der Regen prasselte, mit hineingebracht. Draußen tobte der Sturm, doch er war nichts im Vergleich zu dem Sturm in ihrem Innern.
„Lucian”, flüsterte sie seinen Namen noch einmal. Als sie mit dem Daumen leicht über seine Lippen rieb, um die Regentropfen wegzuwischen, spürte sie, dass er sich anspannte.
Seine Hand schloss sich um ihre Finger. Seine grünen Augen glitzerten. Es war ein bezwingender und unglaublich sinnlicher Blick.
„Ich weiß, es ist seltsam …”
Hart und fordernd presste Lucian seinen Mund auf ihren. Mit einer schnellen Bewegung schob er sie nach hinten, so dass sie zwischen ihm und der Tür gefangen war. Ihre Haut schien zu brennen, wo er sie berührte. Raina klammerte sich an ihn, weil die Knie unter ihr nachzugeben drohten. Sie schmeckte den Regen auf seinen Lippen und
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