Ohne jedes Tabu
vorbereitet.
„Vielleicht sollte ich Melanie anrufen”, sagte sie nun. „Nur um sicherzugehen, dass sie Emma dazu bringen konnte, ihr Mittagsschläfchen zu machen.”
„Emma geht es gut, Raina. Gabe ist heute Nachmittag auch da, also hör auf, dir Sorgen zu machen.”
Rainas besorgter Gesichtsausdruck wich Überraschung, als sie ausstieg und das Haus sah, das im Rohb au fertig war. Fragend schaute sie Lucian an.
„Es ist so eine Art Hobby von mir.”
„Gehört es dir?”
„Mir und der Bank, aber hauptsächlich mir. Es sieht noch nicht nach sehr viel aus, aber man kann schon was erkennen.”
Er nahm ihren Arm. „Komm, wir machen einen Rundgang.”
Lucian hatte das Haus selbst entworfen, es war eine Mischung aus modernen Elementen und altmodischem Ranchhaus-Stil, mit einer breiten, umlaufenden Veranda und einer doppelten Eingangstür, die zwar schon da war, aber noch eingebaut werden musste.
„In meiner Firma ist im Moment Leerlauf, wir sind zwischen zwei Projekten”, sagte er, als sie die Verandastufen hinaufgingen. „Da kann ich hier etwas tun. Als Nächstes sollen die Innenwände hochgezogen und die Fenster eingebaut werden.”
„Arbeitest du so daran? Hier ein bisschen, dort ein bisschen, wann immer du Zeit hast?”
„So ungefähr.” Am offenen Eingang blieb er stehen. „Nach Ihnen, Madam.”
Raina ging hinein, und das Klappern ihrer Absätze hallte auf dem Holzfußboden des zukünftigen Flurs und Wohnzimmers wider. Überrascht schaute sie sich um. „Das ist ja riesig.”
„Dreihundertfünfzig Quadratmeter.” Er grinste ein wenig verlegen. „Beim Planen ist die Fantasie mit mir durchgegangen.”
Als sie nun die Küche betrat, wurde Rainas Blick geradezu andächtig.
„Oh, Lucian.” Sie eilte zu der Öffnung, wo das Fenster über der Spüle installiert werden würde, und rief: „Diese Aussicht ist ja fantastisch!”
„Das ist sie wirklich, nicht wahr?” sagte Lucian und trat neben sie. „Das Wohnzimmer, die Küche und das Schlafzimmer haben alle diesen herrlichen Ausblick auf die Wälder.”
Ein frischer Wind drang durch die Fensteröffnung. Die Sonne wurde inzwischen von grauen Wolken verdeckt, und Lucian sah, dass Raina sich fröstelnd die Arme rieb, bevor sie sich zu ihm drehte.
„Es ist wunderschön, Lucian.”
Du bist wunderschön, hätte er am liebsten gesagt, unterließ es jedoch. Endlich war sie zugänglicher geworden, und er wollte den Augenblick nicht verderben. Im Moment sah sie ihn so voller Freude und Entzücken an, dass ihm ganz warm wurde. Er sehnte sich so sehr danach, sie in die Arme zu schließen, ihre Lippen zu küssen; sie zu streicheln und ihre lustvollen Seufzer zu hören.
Um nicht in Versuchung zu kommen, steckte er die Hände in die Taschen und antwortete lächelnd: „Danke. Es ist noch viel zu tun, aber es geht voran.” Er sah sie besorgt an, als sie erneut fröstelte. „Wir können auch gehen, wenn es dir zu kalt ist.”
Sie schüttelte den Kopf. „Mir geht es gut, und außerdem hast du mir doch einen Rundgang versprochen.”
Er zeigte ihr den Rest vom Untergeschoss, in dem noch ein Büro, ein weiteres Zimmer sowie ein Gästebad untergebracht werden sollten. Oben waren weitere Zimmer, das große Elternschlafzimmer mit angeschlossenem Bad und ein ausgebauter Dachboden vorgesehen.
Dass Raina bestimmte Details bewunderte und ihm Komplimente über seine Arbeit machte, machte ihn stolz. Von den weiblichen Mitgliedern seiner Familie einmal abgesehen, hatte er bisher noch keine Frau mit hierher genommen. Diesen Teil seines Lebens hatte er immer für sich behalten. Raina war die erste.
In mancherlei Hinsicht, dachte er, und der Gedanke ernüchterte ihn.
Er hatte die letzten beiden Tage mit Emma verbracht, mit ihr gespielt und sogar gelernt, ihr die Windel richtig anzulegen; er hatte sie gefüttert und gebadet. Für die Gefühle, die sein Herz erfüllten, wann immer er seine Tochter ansah, hatte er keine Worte. Aber zum ersten Mal in seinem Leben spürte er etwas, das so tief ging. Etwas, das ihm fast den Atem nahm.
Er liebte Emma. Er liebte sie, als wäre er seit ihrer Geburt immer bei ihr gewesen. Doch er hatte schon so viel verpasst und wollte keinen einzigen Tag mehr versäumen. Er wollte ein Teil ihres Lebens sein.
Er wollte, dass sie seinen Namen bekam.
Er hatte Raina während der letzten beiden Tage viel Raum gelassen, aber die Zeit lief ihm davon. Bald würde Raina wieder nach New York zurückkehren. Zwei Nächte hatte er jetzt schon
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