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Ohne Kuss ins Bett

Ohne Kuss ins Bett

Titel: Ohne Kuss ins Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Crusie Jennifer
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das Alice und Carter darstellten, in Gedanken beiseite und verbrachte die nächste Stunde damit, auszupacken und sich in ihrem neuen Zimmer einzurichten. Es war erstaunlich hübsch: weiß getäfelte Wände, eine hohe, stuckverzierte Decke und hohe, steingefasste Fenster, die von dicken, gemusterten Vorhängen umrahmt waren, kontrastierten mit einer offensichtlich billigen, silbern bestickten schwarzen Wolldecke, die jemand mit viel Romantik im Herzen und wenig Geld im Geldbeutel als Tagesdecke für das große Himmelbett aus Walnussholz gekauft hatte. Die übrigen Möbel im Zimmer bildeten ein Durcheinander unterschiedlichster Stilrichtungen, wahrscheinlich über viele Jahrzehnte hinweg von Generation zu Generation weitergereicht, und die Krönung des Ganzen war eine billige Metallplakette an der Wand über dem Bett, auf der geschrieben stand: GIB MIR IMMER EINEN GUTENACHTKUSS. Der Spruch hatte etwas von Besessenheit an sich und ließ Andie, besonders in dieser Umgebung, ein wenig an ein Gruselkabinett denken. Sie schlüpfte in ihren Pyjama, putzte sich im Badezimmer die Zähne und legte sich Kristins Aktenordner über die Kinder auf dem Bett zurecht. Als ihr Blick auf das Etikett des Ordners fiel, auf dem »Archer, Rechtsberatung« stand, holte sie ihr Schmuckkästchen noch einmal hervor. Ganz zuunterst lag ein kleiner Umschlag aus steifem Papier, dem sie ihren Ehering entnahm – hübsch und billig, jetzt bemalt und lackiert, damit er nicht wieder matt wurde –, das Letzte, was ihr von ihrer Ehe noch übrig geblieben war. Sie hätte ihn längst wegwerfen sollen, denn er war wertlos, aber …
    Sie schob sich den Ring auf den Ringfinger ihrer linken Hand und lächelte wider Willen, als sie sich daran erinnerte, wie hartnäckig North sich bemüht hatte, ihn durch einen echten Goldring zu ersetzen, damit sich ihr Finger nicht mehr grün verfärbte. Sie stellte das Schmuckkästchen beiseite und schlug gerade die Bettdecke zurück, da klopfte es an der Tür zum Korridor. Sie öffnete und erblickte Mrs Crumb mit einem kleinen Tablett. »Ein kleiner Schlaftrunk vor dem Zubettgehen«, säuselte die Haushälterin und verzog ihre dünnen, rot bemalten Lippen zu einem säuerlichen Lächeln, während sie das Tablett auf dem Tisch neben dem Bett abstellte. »Es macht mir nichts aus, Ihnen jeden Abend einen Schlaftrunk heraufzubringen, denn es ist ja nur für einen Monat!« Ihre Stimme schraubte sich am Ende in die Höhe, halb Frage, halb Ausdruck von Hoffnung.
    »Äh, vielen Dank.« Andie beäugte das Tablett zweifelnd, aber aus der gelb gestreiften Teekanne drang kräftiger Pfefferminzduft, und der große, gestreifte Becher war mit Veilchen bemalt.
    Mrs Crumb nickte. »Ich hab auch einen kleinen Schuss Alkohol hineingetan. Jetzt schlafen Sie gut.« Sie warf einen Blick auf das Bett. »Träumen Sie was Schönes.«
    Sie zog sich zurück, und Andie schloss die Tür hinter ihr und schnüffelte dann am Ausguss der Teekanne. Minzegeruch. Sehr starker Minzegeruch. Sie setzte sich auf das Bett und goss Tee in den Becher. Als sie vorsichtig ein Schlückchen nahm, bekam sie die volle Wucht von mindestens zwei doppelten Pfefferminzschnäpsen zu spüren. Wow , dachte sie. Der Tee schmeckte gut, und sie mochte Pfefferminze gern, aber entweder versuchte Mrs Crumb, sie in ein alkoholbedingtes Delirium zu versetzen, oder die Haushälterin hatte eine sehr großzügige Auffassung von »einem kleinen Schuss Alkohol«.
    Vielleicht sollte sie sich ihren Tee lieber selbst zubereiten.
    Vorsichtig an dem Tee nippend begann sie, Kristins Aufzeichnungen zu lesen. Die Mutter der Kinder war bei Alice ’ Geburt gestorben, las sie, der Vater war vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, und die Tante hatte vor vier Monaten, im Juni, einen Sturz nicht überlebt. Und jetzt , dachte Andie, sind sie hier mit dieser Crumb allein. Und mit mir . Dieser Gedanke ging ihr so zu Herzen, dass sie ihnen ihre seltsame Art, mit der sie sie empfangen hatten, verzieh. Es würde bald alles besser werden.
    Arme Kinder.
    Sie trank kleine Schlückchen Tee und las weiter. Alle drei Kindermädchen hatten das Gleiche ausgesagt: Die Kinder waren intelligent, die Kinder waren undiszipliniert, die Kinder waren seltsam, irgendetwas stimmte nicht, und sie kündigten ihre Stellung. Nur die Letzte hatte versucht, die Kinder mitzunehmen, aber Alice hatte sich so sehr in einen Schreikrampf hineingesteigert, dass sie das Bewusstsein verlor, und das Kindermädchen musste

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