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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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Kleidung.
    Markus meinte bei diesem Thema immer wohlwollend, wir sollten unsere beiden Verwandten nicht Proleten nennen, sondern lieber Außenseiter der Gesellschaft.
    Später fuhren wir gemeinsam zu Markus. Kaum hatten wir uns auf die Stühle neben seinem Bett gesetzt, platzte meine Mutter heraus: »Stell dir vor, Markus, unsere arme Evelyn! Dieser Schuft von Christoph hat eine Neue. Chinesin. Schülerin. Zwölf Jahre jünger.« Sie hielt sich an die knallharten Fakten.
    »Elf«, verbesserte ich.
    »Jetzt nimmt sie ihn auch noch in Schutz«, meinte sie erbost.
    Markus starrte mich an. »Ist das alles wahr?«
    »Natürlich ist das wahr«, sagte meine Mutter eine Spur zu laut. »Glaubst du, ich hab mir das ausgedacht?«
    Ich nickte. »Es stimmt, ja.«
    »Wow«, meinte Markus. Das war’s.
    Meine Mutter hielt ihre Handtasche fest umklammert und versuchte demonstrativ, Stärke zu zeigen. »Dieser, dieser – unfaire, gemeine Mensch!«
    »Och, Mutter«, sagte ich ironisch, »geh nicht zu hart mit ihm ins Gericht.«
    Um Markus’ Mund spielte ein leichtes Lächeln.
    Sie drehte den Kopf in meine Richtung. »Hart? Nach allem, was er getan hat? Ich kann mich über deine Fassung nur wundern.« Sinn für Ironie hatte Mutter noch nie gehabt. Sie fand es lustig, wenn sie und ihre Freundin die gleichen Schuhe anhatten. Einmal waren wir zum Gartenfest einer alten Schulfreundin meiner Mutter eingeladen worden. Als die beiden entdeckten, dass sie die gleichen Schuhe trugen – am gleichen Tag im gleichen Geschäft gekauft –, amüsierten sie sich darüber so sehr, dass es für meine Mutter noch Jahre danach der Schenkelklopfer schlechthin war.
    Meine Mutter seufzte plötzlich so laut, dass Markus’ Bettnachbar den Kopf wandte. »Jetzt wird das bestimmt nichts mehr mit den Enkelkindern, Jürgen. Das kannst du vergessen.«
    Mein Vater nickte und setzte einen Gesichtsausdruck auf, als sei er gerade zur Erkenntnis gelangt, dass seine Brut zu gar nichts nütze sei.
    Markus und ich sahen uns an. Wir empörten uns nur noch selten über die Einmischungen in unserer Privatleben. »Ich bin nur froh, Markus, dass du bald heimkommst«, meinte sie leichthin, »dann kann ich mich um dich kümmern.« Sie streichelte ihm kurz über den Handrücken. »Dann wird’s wieder ein bisschen so sein wie früher, weißt du noch? Ich mach dir Kaiserschmarren mit Puderzucker, wenn du magst, jeden Abend.«
    Markus wandte in Zeitlupentempo den Kopf in meine Richtung. Ich wusste nicht, ob ich es mir einbildete, aber in seinem Blick lag pure Angst. Ich verkniff mir das Lachen und fixierte meinen Blick auf die Wand gegenüber.
    »Na ja, Mutter«, hörte ich Markus sagen. »Wir müssen das Ganze doch nicht übertreiben, nicht wahr? Du hilfst mir schon genug, da musst du nicht jeden Tag mein Leibgericht kochen.«
    »Wie du willst«, sagte sie freundlich.

12
    D ie nächsten drei Tage vergingen zu meiner eigenen Überraschung sehr schnell. Liebeskummer hatte ich so in Erinnerung, dass die Minuten sich wie Stunden hinzogen, während man traurige Musik hörte und endlos Schokolade in sich hineinstopfte. Zumindest auf die traurige Musik ver zichtete ich. Morgens hatte ich das Haus für mich allein, weil Annett und Louise in der Arbeit waren. Annett hatte einen eigenen Imbissstand am Flughafen, und Louise arbeitete im Hilton Hotel als Zimmermädchen. Olivia war Teilzeitkraft in einem Hundesalon und arbeitete vorwiegend vormittags. Nachmittags und abends hörte man sie unten tippen.
    »Was ist das für ein Buch, an dem sie schreibt?«, hatte ich Annett gefragt.
    Sie zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.« Dann ver drehte sie die Augen. »Sie will nicht drüber reden«, ergänzte sie etwas sarkastisch.
    Meine Tage begannen, indem ich mir erst einmal in Ruhe mein Frühstück zubereitete. Danach machte ich es mir mit einem großen Becher Kaffee auf der Couch im Wohnzimmer bequem und las die Zeitung, die Annett abonniert hatte. Manchmal saß ich auch nur so da, trank meinen Morgenkaffee und dachte nach. Ich versuchte, jeden Tag etwas positiver in die Zukunft zu sehen.
    Kein Kochen mehr und haufenweise Wäsche, die gewaschen und gebügelt werden sollte. Christoph zog täglich frische Kleidung an, und manchmal wechselte er sogar tagsüber noch Socken, Hemd oder T-Shirt. Warum war ich eigentlich so blöd gewesen und hatte ihn das nicht selbst erledigen lassen? Vielleicht wäre er dann nicht so überpflegt gewesen, sondern hätte sich zweimal überlegt, ob die Umzieherei nötig

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