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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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eine Zeit gegeben, da dachte ich, wir würden immer zusammenbleiben. Aber irgendwann machte ich Schluss mit ihm. Das Verrückte dabei war, dass ich mich an den wahren Grund nicht mehr erinnern konnte. Allein wegen des Humors konnte es doch nicht gewesen sein. Damals hatte ich das geglaubt, aber heute zweifelte ich stark daran. Eine Beziehung scheitert doch nicht, weil der andere nicht über meine Witze lacht. Konnte ich wirklich so oberflächlich gewesen sein? Wenn ich nicht Schluss gemacht hätte, wären wir vielleicht zusammengeblieben und ein glückliches Paar geworden. Ich wäre jetzt keine hintergangene Ehefrau und er kein ehemaliger Alkoholiker. Aber war es wirklich so einfach? Vielleicht wäre es ganz anders gekommen. Vielleicht hatte ich damals auch die richtige Entscheidung getroffen, und wir wären sonst vor zehn Jahren gemeinsam verunglückt. Auf eine abnorme Art fand ich diesen Gedanken geradezu beruhigend.
    Christoph hatte immer wieder mal an meinem Geschmack herumgenörgelt. Er fand, ich würde zu oft Jeans und flache Schuhe tragen. Dabei hatte ich einen guten Geschmack in Sachen Kleidung. Meine Schuhe waren zwar flach, aber modern und pfiffig, wie mein Vater sich in letzter Zeit so gern ausdrückte. Schließlich war ich eins achtzig, und mit Stöckelschuhen hätte ich mich nicht wohlgefühlt. Das kapierte er nicht und sagte, die Models wären auch alle riesig und würden hohe Schuhe tragen. Aber ich war nun mal kein Model. Christoph gefiel auch mein Filmgeschmack nicht, und die Bücher, die ich las, mochte er auch nicht. Es war in seinen Augen eben Frauenkram. Da half es auch nichts, dass ich hin und wieder zu Thomas Mann, Alfred Döblin oder Emily Dickinson griff.
    Socke war ganz anders gewesen. Wir mochten die gleiche Musik und die gleichen Filme, und auch die Art, wie ich mich kleidete, fand er lässig. Mit der Literatur war das bei ihm so eine Sache, denn er las nicht. Es hatte mich ein bisschen gestört, dass ich mit ihm nicht über Bücher reden konnte. Aber ich hatte mich daran gewöhnt, spätestens als ich merkte, dass sein Mangel an Leseerlebnissen nichts mit seiner Intelligenz zu tun hatte. Für sein Alter sagte er damals eine Menge kluger Sachen.
    Während ich aus dem Fenster starrte und die S-Bahn an eintönigen Häuserblocks vorbeibretterte, versuchte ich, die Erinnerungen an Socke beiseitezuschieben. Doch so rich tig wollte es mir nicht gelingen. Armer Socke. Er hatte mich geliebt, so wie ich war. Dann tauchte ein letztes Bild vor mir auf: Ich sage ihm, dass es vorbei ist, er sieht mich traurig an und dreht sich um, wortlos. Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war seine Jeansjacke. Auf seinem Rücken war das Anarchie-Zeichen, ein eingekreistes A. Während er mit gesenktem Kopf davonging, wurde das A immer kleiner.
    Als ich in der Buchhandlung angekommen war, fragte ich Frau Wenzel, ob ich eine halbe Stunde früher gehen könnte. Unterwegs hatte ich eine Flasche Rotwein besorgt und feine Pralinen, die ich Dr. Nix vorbeibringen wollte, als Dankeschön. Von Annett wusste ich, dass er donnerstags bis 19 Uhr in der Praxis war. »In letzter Zeit hast du nur Ärger mit mir, ständig stelle ich Forderungen.«
    Frau Wenzel sah mich grinsend an. »Das ist kein Problem. Ich habe schließlich eine langjährige Vergleichsmöglichkeit und weiß, dass das nicht die Regel ist.« Sie dekorierte das Schaufenster gerade mit der neuen Reiseführerreihe eines großen Verlags. Mich hatte sie beauftragt, das Kinderbuchregal zu sortieren. Die Kunden beachteten beim Zurückstellen nicht, dass die Bücher nach Lesealter sortiert waren. So passierte es schon mal, dass ein Jugendbuch über den ersten Sex unter »ab acht Jahren« stand. Schon so manche Mutter hatte mich entrüstet darauf angesprochen.
    Die Tür ging auf, und ein Mann mittleren Alters kam herein. Er ging geradewegs auf mich zu. »Grüß Gott.« Er roch nach teurem Aftershave, wirkte gepflegt und war geschmackvoll gekleidet.
    »Hallo.«
    »Haben Sie Der perfekte Liebhaber. Sextechniken, die sie verrückt machen? «
    Die Unterschiedlichkeit der Menschen faszinierte mich immer wieder. Manchen war es peinlich, nach Ratgebern über Beziehungsprobleme oder Krankheiten zu fragen, und sie flüsterten mir den Titel mit vorgehaltener Hand zu. Und dann gab es Menschen wie diesen. Ihm war es keineswegs peinlich, mir dafür umso mehr. Mit rotem Kopf tippte ich den Titel in den Computer ein und sagte: »Das haben wir gerade nicht vorrätig.«
    »Können Sie’s

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