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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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wäre. Das musste man sich einmal überlegen: Ich putzte Christoph für eine andere Frau heraus, sie trieben es miteinander, und ich sorgte auch noch dafür, dass er gut gekleidet war und gepflegt aussah. Aber im Nachhinein war man bekanntlich immer klüger.
    Was ich an meinem neuen Leben wirklich schön fand, war, dass wir uns abends im Wohnzimmer versammelten und erzählten, wie unser Tag war. So vergingen meine ersten Tage bei den Mädels, wie Annett uns nannte. Eigentlich konnte ich dieses Wort nicht ausstehen. Warum sollte man erwachsene Frauen als Mädels bezeichnen? Markus nannte früher seine Arbeitskolleginnen so, bis ich ihm sagte, dass das genauso blöd war wie Fräulein. Annett gegenüber hatte ich das auch gesagt, aber sie meinte, das sei doch nur in unserem kleinen Kreis. Na gut, ich sprang über meinen Schatten und akzeptierte es.
    Jedenfalls war ich froh, dass ich diese erste Zeit ruhig angegangen war, denn der Donnerstag sollte turbulent wer den. Dieser Tag sollte mein Leben noch einmal gründlich durcheinanderrütteln.
    Am Morgen kam Olivia aus ihrem Kellerzimmer. Sie trat zu mir ins Bad, während ich mir die Zähne putzte. Olivia konnte noch nicht wissen, dass ich es ganz und gar nicht schätzte, mich vor meinem Morgenkaffee mit jemandem unterhalten zu müssen. »Kann ich dir eine Frage stellen? Aber sei bitte ganz ehrlich.« O Gott, wenn jemand schon so anfing. Niemand macht so eine Einleitung und sagt dann: »Hättest du gerne meine Diamantohrringe?«, oder: »Hast du überhaupt eine Ahnung, welche Wirkung du auf Männer hast?« Nein, aus Erfahrung folgte darauf einfach immer eine blöde Frage. Ich hielt mit dem Putzen inne. »Okaaay …«
    »Du hast ja viel mit Büchern zu tun, liest viel und so …«
    Jetzt kommt’s, dachte ich. Sie wollte, dass ich ihr Manuskript las.
    »Würdest du vielleicht mein Manuskript lesen?« Um Zeit zu gewinnen, spülte ich fünfmal meinen Mund aus. »Weißt du, Olivia, ich lese zwar viel und hab mit Büchern zu tun. Das befähigt mich aber noch nicht, Manuskripte zu beurteilen. Ich kenne die Bücher ja immer nur in ihrer endgültigen Fassung.« Als ich ihr enttäuschtes Gesicht sah, fragte ich dennoch: »Ist es ein Roman?«
    »Nein, ein Sachbuch.«
    »Zu welchem Thema?«
    »Also, das Thema ist etwas kompliziert …« Das war schon mal schlecht. Frau Wenzel sagte immer, ein Sachbuch müsse man dem Kunden in einem Satz erklären können.
    »Also, der Titel lautet: Die Reaktionen der urbanen Gesellschaft und ihre Wirkung auf das Individuum . Es geht darum, dass ich mit fremden Leuten Spielchen spiele, in eine fiktive Rolle schlüpfe und dann ihre Reaktion darauf teste.«
    »Äh … Was?«
    »Ein Beispiel: Als ich letzte Woche Annett am Flughafen besucht habe, kam mir eine Idee.« Olivia war atemlos vor Aufregung. »Ich ging zu dem Wartebereich, weil dort immer Leute herumsitzen. Also, ich setzte mich hin und versuchte, ganz aufgeregt zu wirken, habe ganz laut mit einem Nachbarn geredet und ihn gefragt, ob er auch nach London fliegen würde. Er sagte Ja, und ich meinte, ich wäre ja so nervös, weil mein Mann der Pilot sei und das sein erster Flug.«
    Ich sah sie ein paar Sekunden an und versuchte zu ergründen, ob sie es ernst meinte, aber da fuhr sie auch schon fort: »Interessant sind für mich die Reaktionen der Menschen auf ungewöhnliche Situationen. Na ja, das war jetzt vielleicht ein schlechtes Beispiel, weil die Leute ausgeflippt sind und es einen ziemlichen Tumult …«
    »Und worauf läuft das Ganze hinaus?«
    »Worauf es – hinausläuft?«
    »Nun ja, das klingt ja eher so, als wären diese Reaktionen vermutlich vor allem witzig, wenn man sie visuell erlebt. Wie in der Versteckten Kamera und solchen Sendungen. Kann man über so etwas denn auch witzig schreiben?«
    »Das denke ich aber doch.« Dieser Satz hatte einen klitze kleinen pikierten Unterton. »Das ist sowieso nur die eine Thematik.«
    »Es gibt noch eine andere?«
    »Das Heilsame daran, verstehst du?«
    Das Ganze klang langsam so absurd, dass ich beschlossen hatte, nicht mehr weiter nachzufragen.
    »Ich bin nämlich ein relativ schüchterner Mensch«, meinte sie, »und indem ich mich in solche Situationen stürze und diese Rolle spiele, gibt mir das Mut und Selbstbewusstsein. Das Buch ist also eine gesellschaftliche Satire und ein psychologischer Ratgeber in einem.«
    Hatte sie eigentlich eine Ahnung, wie seltsam sich das alles anhörte? Trotzdem versuchte ich, sachlich zu bleiben. »Hör zu,

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