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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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aufgelegt. Ich starrte den Hörer an, dann presste ich ihn wieder ans Ohr, weil ich glaubte, mich vielleicht doch verhört zu haben. Aber die Leitung blieb tot. Keine Widerrede, kein Gruß, einfach zack bumm.
    Ich ging ins Wohnzimmer, um noch einen Wein mit den Mädels zu trinken.
    »Warum hast du abgesagt?«, fragte Louise.
    »Ach, keine Ahnung. Erstens habe ich vergessen, vor welchem Eingang er gesagt hat. Zweitens, na ja, ist es vielleicht noch etwas zu früh für eine Verabredung. Aber das ist jetzt gehüpft wie gesprungen, denn irgendwie hat es sich während des Gesprächs ergeben, dass wir uns morgen sehen.«
    »Zu früh?« Louise sah mich abschätzig an. »Du spinnst doch komplett. Dein Mann hat noch mitten in der Beziehung gesteckt und fand es nicht zu früh. Und du liebes, nettes Weibchen findest es zu früh, nach der Trennung rumzumachen. Mit wie vielen Männern hast du bis jetzt geschlafen? Ich meine, im ganzen Leben.«
    »Bitte, was?« Hätte ich nicht gesessen, wäre ich wahrscheinlich vor Schreck der Länge nach vornübergekippt.
    »Also?«
    »Du erwartest doch nicht allen Ernstes eine Antwort darauf?«
    »So viele?«
    »Was? Nein!«
    »Also einer.«
    »Nein!«
    »Zwei, drei?«
    »Louise, ich möchte wirklich nicht mit dir darüber sprechen.«
    »Aber uns kannst du es doch sagen«, fing jetzt auch Olivia an. Annett nickte bestätigend. »Bleibt doch unter uns.«
    »Das ist meine Privatangelegenheit!«, rief ich entrüstet.
    Louise winkte ab. »Privatangelegenheit, was für ein blödes Scheißwort. Du musst es ja nicht sagen, wenn du nicht willst.«
    »Danke.«
    »Aber interessieren würde es mich schon.«
    »Na gut, in Gottes Namen, damit ihr mich in Ruhe lasst: mit drei.«
    »Das ist für vierzig Jahre aber herzlich wenig«, bemerkte Louise.
    »Wieso, wie viele waren es denn bei dir?«, fragte ich zurück.
    »Vielleicht zwölf oder dreizehn.«
    »Ich finde, Sex wird in unserer Gesellschaft total überbewertet«, meldete Olivia sich zu Wort. »Liebe ist doch viel wichtiger als dieser blöde Sex.« Wir starrten sie an, keine sagte etwas. Ich wusste nicht, wie ich das, was sie gesagt hatte, deuten sollte. Den beiden anderen ging es wahrscheinlich ähnlich. »Ich habe jedenfalls noch nie mit einem Mann geschlafen.«
    Plötzlich herrschte im Wohnzimmer eine Stille, wie ich es noch nie erlebt hatte. Annett war gerade dabei gewesen, sich einen Erdnussflip in den Mund zu schieben, hielt aber in der Bewegung inne. Wir alle sahen Olivia an, als hätte sie uns gerade offenbart, sie wäre die Geliebte des Dalai- Lama.
    »Ist nicht dein Ernst«, raunte Louise.
    »Doch, es ist wahr.«
    »Du wartest auf die Hochzeitsnacht?«, wollte Annett wissen und schob sich den Erdnussflip in den Mund.
    »Ich warte auf gar nichts.«
    Keine von uns wollte noch etwas dazu sagen.
    »So, Annett«, forderte Louise sie auf. »Du glaubst doch nicht, dass du als Einzige verschont bleibst, oder?«
    Annett kicherte. »Gute Güte, ich habe noch nie nachgezählt.«
    »Okay«, meinte Louise souverän, »wie viele Männer pro Jahr?«
    »Pro Jahr? Na ja, nicht viele. Zwei oder drei vielleicht.«
    »Wann hast du angefangen?«
    »Angefangen? Als ob ich drogensüchtig wäre«, kicherte sie. »Mit sechzehn.«
    »Siebenundzwanzig mal drei macht einundachtzig. Du hast mit über achtzig Kerlen geschlafen?«
    »Was? Das kann nicht sein.«
    »Rechne nach, Baby.«
    »Ich sagte zwei oder drei. Es waren also auch manchmal zwei. Und mit manchen war ich auch länger mal zusammen.«
    »Na gut, runden wir’s ab auf siebzig.«
    Annett nahm einen sehr großen Schluck Wein.

15
    A usnahmsweise musste ich an diesem Samstag arbeiten, weil Frau Wenzel zu einer Hochzeit eingeladen war. Samstags hatte die Buchhandlung eigentlich nur bis dreizehn Uhr geöffnet, aber wegen eines großen Münchner Events wollte Frau Wenzel den Laden länger öffnen. Es kamen einige Leute am Geschäft vorbei, und hin und wieder verschlug es einen hinein.
    Ich war nicht ganz bei der Sache. Nicht genug damit, dass ich mich zweimal an der Kasse vertippte, ich verwechselte kurzerhand Stephen King mit John Grisham. Als ich der Kundin sagte, dass die besten Bücher von John Grisham Sie und Es seien, sah sie mich verwirrt an und meinte: »Die kenne ich gar nicht. Bis jetzt habe ich nur die Anwaltskrimis von ihm gelesen.«
    Das war mir mehr als peinlich. Wahrscheinlich wurde ich knallrot. Die Kundin mir gegenüber dachte bestimmt, dass ich eine unterbezahlte Kulturbanausin war, die man hier

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