Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
Vom Netzwerk:
„entleihen“.
    JP kombinierte wie folgt:
Der Russe Popolowsky wurde ungeduldig und wollte keinen weiteren
Kollateralschaden, wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen. Hatte sein
Vater Dr. Davide schon irgendwie seine Finger im Spiel? Jedenfalls, das
deutsche Triumvirat hatte ein großes finanzielles Problem! Sie mussten
anscheinend unbedingt diese Firmenanteile in der tschechischen Republik mit
eigenen Mitteln bezahlen. Popolowsky würde ihnen nicht bei der Beschaffung
dieser Geldmittel helfen und keinen Kredit geben. JP fiel das Telefonat nach
der Cebit mit seinem Cousin Mischa Freundthaler ein. „Da will einer seine sehr
hässliche Braut schmücken und sehr teuer verkaufen.“ Die drei Partner waren bei
Popolowsky arg in Ungnade gefallen und gefährdeten nun den „großen Deal“, was
wohl der Verkauf der tschechischen Firma an den Malinger Konzern war. Die drei
Partner mussten unbedingt handeln und sehr schnell sehr viel Geld auftreiben.
Den beabsichtigten Griff in die Pensionskasse der Malinger-Mitarbeiter nahm JP
besonders übel. Das würde er verhindern! Seine Kollegen hatten zum Teil
Jahrzehnte einbezahlt und rechneten mit dem Geld für ihren Ruhestand.
    So nicht! Nicht mit JP
Santa Cruz! Zusätzlich war dies ein sehr gutes Mittel um gehörig Druck
aufzubauen und die zwei Deutschen und den Schotten gewaltig ins Schwitzen zu
bringen. Er würde die drei Partner arg in Geldnot bringen und den Griff in die
Pensionskasse unmöglich machen.
    JP arbeitete bereits an
einem sehr aufschlussreichen, neuen Dossier über Angus McGregor. Besonders
seine moatlichen Ausgaben und seine zweite Familie in London fand darin
Würdigung. Dieses Dossier war ausschließlich bestimmt für eine Person. Angus
McGregor würde jedenfalls in nächster Zeit Schwierigkeiten haben, an Geldmittel
der Firma Malinger zu kommen. JP druckte seine Unterlagen und die
Facebook-Links mit den netten „Familienfotos“ auf weißem Papier aus und wählte
eine Telefonnummer: „ Nonno, sono io – Gianni “ (Opa, ich bin´s,
Giovanni). JP telefonierte mit seinem italienischen Opa fast zehn Minuten. Der
gute Mann war bei seiner Tochter, JPs Anwältin, abgestiegen und wollte so
seinem geliebten, „ povero Gianni “ (armer Giovanni) zumindest räumlich
nahe sein! Das war jetzt sehr praktisch! JP hatte einen kleinen, vertrauenswürdigen
Auftrag für seinen Opa.
    Kommissar Holzner würde
wieder ein kleine Besuchsausnahme arrangieren müssen.
     
    ***
     
    Im Hause Malinger war der Sonntag
irgendwie ein heiliger Tag. Nicht, dass der Hausherr an Sonntagen seinen
religiösen Praktiken nachging und auch nicht, dass nicht gearbeitet wurde, nein
im Gegenteil, aber es war nicht erwünscht, die häusliche Ruhe „von außen“
stören zu lassen. Deshalb war am Sonntag der Hausherr für niemanden zu
sprechen, schon gar nicht, wenn diese Person nicht angemeldet war. Im Moment
galt sogar verschärftes „Ich-will-durch-NIEMANDEN-gestört-werden“-Gebot. Die
vielen Journalisten und anderen Interessensgruppen unterschiedlicher Couleur
wollten sich mit allen unmöglichen Tricks Zugang zu Herrn Joseph Malinger
verschaffen. Die Explosion letzte Woche war immer noch DIE Sensation in Bayern,
gefühlt eher in ganz Deutschland.
    Die Haushälterin klopfte
ganz sanft an die Bürotür von Joseph Malinger und betrat den Raum nach
Aufforderung. „‘Tschuldigung, Herr Malinger. Da ist ein Italiener an der Tür
und will Ihnen unbedingt persönlich etwas abgeben. Ich werde ihn einfach nicht
los und er geht erst, wenn ich ihm erlaube, Ihnen persönlich einen Umschlag zu
übergeben.“ Anna stand stocksteif vor dem großen Schreibtisch von Joseph Malinger.
„Anna, Sie wissen, dass ich heute KEINEN sehen will, schicken´s ihn weg.“ Anna
trippelte von einem Fuß auf den anderen. „Herr Malinger, der Mann ist sooo
charmant, ich kann ihn einfach nicht wegschicken“. „Anna, werden Sie nie
vernünftig? In ihrem Alter sollte man doch endlich gefeit sein gegen einen
charmanten Italiener, auch wenn er ihnen noch so schöne Augen macht.“
    Joseph Malinger hatte
offensichtlich keine Lust mehr auf Fortführung des Gesprächs. Er las ungeniert
in seinen Unterlagen weiter. Anna blieb vor den Schreibtisch stehen und rührte
sich keinen Millimeter. Sie kannte ihren Chef nur zu gut. Dies wurde nun ein
Spiel um Ausdauer und um den größeren Sturschädel. „Anna, Sie können gehen,
danke!“ Anna blieb stehen und rührte sich nicht. Joseph Malinger las in seinen
Unterlagen weiter.

Weitere Kostenlose Bücher