Ohne Skrupel
Es vergingen geschlagene zehn Minuten. Keiner der beiden
sagte ein Wort. Joseph Malinger blickte irgendwann auf und tat erstaunt.
„Anna!!! Was soll das?“ Anna rührte sich nicht. Es vergingen wieder ein paar
Minuten, bis Joseph Malinger resigniert meinte: „Ach was, bringen´s den
Italiener schon rein, sonst habe ich den restlichen Abend keine Ruhe mehr vor
Ihnen.“ „Danke, Herr Malinger! Ich hole den Mann herein.“ Anna schwebte in
Richtung Bürotür. „Anna, wie heißt der Mann?“ Anna lurte nochmals über die
Schulter und brummelte: „I woas ned, Herr Malinger. Mir wollt er´s ned sagn.
Wenn sie´s rausfinden, fragen´s ihn bitte auch gleich nach seiner
Telefonnummer....“ Eine leichte Röte umspielte Annas Wangen.
„ Buona Sera , sinde
Sie de Signore Malinger Senior?“ Malinger nickte.
„Iche abe da was fur Si
personliche, gans wichdige. Bidde sofort lese, eh. Iche muse widda weidda. Arrivederla, Signore Malinger.“ „Halt! Wer sind Sie überhaupt? Wer schickt Sie?“, rief
Joseph Malinger noch Richtung Bürotür, aber als Antwort kam nur das Einrasten
des Türschlosses. Joseph Malinger riss den weißen Umschlag, der keinerlei
Absender trug, mit seinem Zeigefinger auf. Es kamen mehrere Seiten auf weißem
Papier zutage.
Diverses Material über einen
ihm wohl bekannten schottischen Protagonisten mit seiner (bisher unbekannten)
Familie und seinem typischen Ausgabeverhalten pro Monat.
Samstag, 17. April
2010
EWF sind drei Buchstaben, die für
etwa 99,9999% der deutschen Bevölkerung keinerlei Bedeutung haben. Nicht so für
JP – er zählte sich zu dem 0,00001%, für die diese Buchstaben sehr bedeutend
und die damit verbundene Veranstaltung äußerst wichtig waren! EWF stand für „ E rlebnisw e lt F liegenfischen“, die wohl größte Fachausstellung zum Thema Fliegenfischen
in Süddeutschland. Diesjähriger Veranstaltungsort war wieder das wunderschöne
Klostergelände in Fürstenfeldbruck bei München. Sie waren alle da: die besten
europäischen FlyFy-Guides, Wurfprofis, die besten Fliegenbinder,
Gerätehersteller und Anbieter der interessantesten Fischereireisen nach
Nordamerika, Nordeuropa, Russland etc. Aber am Wichtigsten war: Es traf sich
dort das Who is Who der FlyFy-Begeisterten, Fliegenfischer aus ganz
Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es war eine Plattform für
Gleichgesinnte, für Interessens- und Wesensverwandte. Man traf sich an den
Ausstellungsständen, Tischen und Theken und diskutierte angeregt über die
besten Techniken beim Fliegenfischen, die besten Köder und die interessantesten
Gewässer und Reiseziele. Trophy-Fang-Bilder wurden stolz präsentiert,
Geschichten und Fischerlatein erzählt. Das gemeinsame Hobby und die
Begeisterung für das Thema Fliegenfischen schaffte eine extrem lockere
Atmosphäre und man unterhielt sich kreuz und quer mit allen möglichen Fremden.
JP hatte soeben einen der
besten europäischen Profis und sehr guten Bekannten Michael Mauri bei seiner
beeindruckenden Wurfpräsentation zugesehen, als er im hinteren Übungsbereich
das Profil eines ihm wohl bekannten älteren Mannes erspähte. Dieser Mann hatte
sich wohl eine neue Fliegenrute ausgeliehen und wollte sie ausprobieren, nicht
besonders geübt und geschickt, wie JP schnell feststellte. JP näherte sich von
der Seite und sprach ihn an: „Hallo Herr Malinger, wie schön Sie hier zu
treffen! Sie sind wohl auch begeisterter Fliegenfischer?“ „Ach, der junge Mann
aus der Computerabteilung. Santa Cruz, richtig?“ Joseph Malinger kam auf JP zu
und reichte ihm zur Begrüßung herzlich die Hand. Die Gesprächsbasis war sofort
vorhanden und JP konnte Joseph Malinger ein paar gute Tricks beim Werfen
zeigen.
Der alte Mann
revanchierte sich danach und lud JP auf eine Bratwurst und ein Bierchen im
angeschlossenen Biergarten ein. Es war ein gutes Gespräch unter
Fliegenfischern! Als es für Joseph Malinger Zeit zum Verabschieden war, meinte
er noch freundschaftlich: „Herr Santa Cruz, das war ein wirklich schöner
Nachmittag mit Ihnen. Hat mir Spaß gemacht! Übrigens, ich besitze ein sehr
gepflegtes, 6 km langes Privatgewässer. Außer mir und ab und an einem
Geschäftsfreund darf dort niemand fischen. Ich möchte Sie im Mai ganz herzlich
einladen, mal mit mir zusammen ein paar große Forellen, Saiblinge oder Äschen
zu fangen. Haben Sie Lust dazu?“ Na und ob! Eine größere Freude hätte man JP
nicht machen können! Selten befischte Flüsse haben natürlich die
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