Ohne Skrupel
durch die Anwesenheit von Franz komplett unterhöhlt und keiner der
IT-Kollegen sah einen Anlass, mal einen Zahn zuzulegen, wo doch der Chef es
auch „so locker angehen“ ließ. Wo sollte das noch hinführen, wenn in drei Tagen
bereits ein derartiger Verfall festzustellen war? JP hatte jedenfalls keine
Lust, unter diesen Bedingungen die nächsten Monate zu arbeiten. Irgendwann
würde er mit der Geschäftsleitung ein vertrauliches Gespräch führen und
entweder über Franz Korber Klartext reden oder sich selbst einen neuen Job
suchen müssen.
Dann rief gestern Dr.
Elisabeth Drager kurz nach der Mittagspause bei JP an. „Hallo, Herr Santa Cruz,
Drager hier. Würden Sie wohl bitte heute so gegen 18:30 Uhr zu mir ins Büro
kommen? Ich muss etwas Vertrauliches mit Ihnen besprechen.“ Na klar war JP um
18:30 Uhr dort. Allerdings sehr nervös, er fühlte sich bei Weitem noch nicht
bereit, das Thema Franz Korber bei der Personalchefin anzusprechen und allein
von diesem Thema ging er aus. JP wünschte Franz wirklich nichts Schlechtes und
wollte ganz sicher nicht Schuld daran sein, wenn dieser eine Abmahnung bekommen
oder gar seinen Job verlieren würde. JP hatte sich vorgenommen, nichts von sich
aus zu sagen. Er wollte vor allem erst mal zuhören.
Dr. Drager empfing JP an
der Eingangstür zu ihrem durchgestylten, geräumigen Büro. Sie sah wie immer
umwerfend aus und strahlte, neben ihrer natürlichen Eleganz, förmlich die pure
Erotik einer mächtigen und extrem selbstbewussten Frau aus. JP war mit seinen
rein männlichen Trieben von ihr als Frau fasziniert. Aber Dr. Drager schien
keinerlei Interesse an ihm als Mann zu haben. Dies war unmissverständlich ein
rein geschäftliches Treffen.
„Danke für Ihr Kommen,
Herr Santa Cruz! Nehmen Sie bitte Platz, Kaffee, Tee, Wasser? Nein? OK“, begann
Dr. Drager. „Ich gehe davon aus, dass Sie niemandem erzählt haben, dass wir
beide einen Termin haben?“ JP nickte zustimmend. „Gut, dann komme ich mal
gleich zur Sache. Sie haben mir damals, als wir zusammen diese Werkspionage mit
dieser italienischen Verbrecherbande aufgedeckt haben, ein – wie soll ich sagen
– spezielles Spywareprogramm installiert. Ich habe davon eine eingeschränkte
Clientversion auf meinem Rechner ... ähm... nicht, dass ich dieses Programm
tatsächlich nutze, aber .... ähm .. aber ich denke, es gibt davon auch eine
uneingeschränktere Profi-Version mit viel mehr Möglichkeiten. Können Sie mir
die besorgen?“ „Frau Dr. Drager, dies ist eine sehr mächtige Software, die in
der Vollversion nur Geheimdienste und Militärs für sich einsetzen. Die Version,
die Sie damals gekauft haben, ist natürlich stark eingegrenzt, aber dafür für
einen kommerziellen Einsatz in einigen Ländern erlaubt... Einige internationale
Sicherheitsunternehmen nutzen wohl diese kommerzielle Version. Allerdings nicht
in Deutschland, soviel ich weiß und sicherlich nur sehr wenige innerhalb der
EU, aber das wissen Sie. Also: Ich kann Ihnen legal keine Vollversion
beschaffen. Sie, besonders in ihrer Position, müssten sowieso extrem vorsichtig
sein. Sie würden sich massiv strafbar machen, da Sie damit jegliche
Privatsphäre jeder Person in der Firma aushebeln könnten. Sie würden für den
Einsatz der Vollversion unter Umständen ins Gefängnis gehen....“, entgegnete JP
vorsichtig.
„Das weiß ich wohl, Herr
Santa Cruz. Aber, ich bin einer sehr großen Sache auf der Spur und brauche
zwingend mehr und vor allem tiefere Einblicke.“ „Eine neue Industriespionage?
Vielleicht kann ich Ihnen helfen, Frau Dr. Drager. Ich bin für viele Systeme
auch der Administrator und kann für Sie eventuell einzelne Informationen
extrahieren.“ „Nein, nein ... danke, Herr Santa Cruz! Ich denke, bei dieser
speziellen Angelegenheit können Sie mir im Moment nicht helfen. Da muss ich
ganz alleine durch. Können Sie mir diese Profi-Vollversion irgendwie besorgen?“
„Wie gesagt, ich nicht, aber wir haben den Softwarevertragspartner in Zypern,
der sehr viel beschaffen kann, Frau Dr. Drager. Aber das wird teuer. Da sind
Beträge jenseits der 50.000 US-Dollar pro Arbeitsplatz durchaus möglich und Sie
werden keine offizielle Rechnung dafür bekommen.“ „Verstehe ... gut, Santa
Cruz: Sie machen sich schlau und ich kümmere mich um das Budget! Eine Rechnung
über IT-Dienstleistungen ist mir auch recht. Haben wir einen Deal?“
„Nein, wir zwei haben
keinen Deal! Aber ich werde mein Bestes tun und für Sie vermitteln, Dr.
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