Ohne Skrupel
befremdlich, dass JP sie am Samstag schon um 14:00 Uhr mit Nachdruck
aus seiner Wohnung komplimentiert hatte und er partout nicht wollte, dass sie
eine weitere Nacht bei ihm schlief. Kulthandlungen erbrachte man nun mal
alleine.
JP war Mitglied in einem
der renommiertesten Fischereiclubs in München, 120 Mitglieder, 3 Seen und gut
110 km große und kleine Fließwasser rund um München, größtenteils im
Eigentum und zum Teil gepachtet. Bei derart vielen Gewässern traf man kaum
einen der Kollegen am Wasser und hatte somit eigentlich fast „private“ Flüsse,
nur für sich alleine. Außerdem waren die Gewässer des Anglerclubs durch den
geringen Befischungsdruck sehr gut mit Fischen aller Art und Größe besetzt.
Absolute Rekord- und Trophy-Fische wurden jede Saison gefangen. Auch
„Forellenmonster“ jenseits der 3 kg waren schon mal dabei. JP wurde um
5:30 Uhr ganz von alleine wach, obwohl er erst um 9:30 Uhr mit seinen Freunden
Manfred und Richard verabredet war und nur ca. 45 Minuten Fahrzeit einrechnen
musste. JP war aufgeregt.
Das FlyFi Fieber
(Fliegenfischfieber) hatte ihn gepackt ...
Es war noch dunkel
draußen. JP war wirklich aufgeregt und nervös wie ein Erstklässler – nach den
langen, kalten Winterwochen ging es nun endlich, endlich wieder los. Gut vier
Monate kein Fliegenfischen – er war irgendwie auf Entzug und ausgehungert! Für heute
stand die „Wertach“ bei Augsburg auf dem Plan. Um diese Jahreszeit ein wirklich
wunderschöner, breiter, sehr schön renaturierter Fluss. JP hatte hier im Herbst
2009 noch zwei Huchen, Verwandte der Forellen, von 89 und 84 cm gefangen.
Für Huchen waren die beiden Exemplare sicherlich noch Babys, denn diese
Forellenart konnte durchaus 130 cm erreichen.
Für JP aber war es
dennoch ein kapitaler Fang. Der größere der beiden Huchen ging auf seine
Streamerfliege (die Imitation eines kleinen Fisches) und auf Fliegenrute, der
andere ein paar Tage später auf Gummifisch und die „normale“ Angelrute mit
Stationärrolle. Der größere Fisch diente als köstliches Abendessen, bei dem JP
sich in seinen Koch- und Bewirtungskünsten selbst übertraf und sechs seiner
Freunde mit unglaublich leckerem Fisch verwöhnen und satt machen konnte. Der
kleinere Fisch wurde wieder sorgsam zurück in die Freiheit entlassen.
Um 7:50 Uhr stand JP
bereits bis zum Bauch im noch eiskalten Fluss Wertach. Um 10:00 Uhr, als
Manfred und Richard dazustießen, hatte er bereits seine ersten fünf Forellen,
alles sehr große Regenbogener, die allerdings noch in Schonzeit waren, bereits
gedrillt und wieder sanft und mit Ehrfurcht und Respekt zurück ins Wasser
gesetzt. Im Anglerclub fischte man ausschließlich widerhakenlos, also mit
Schonhaken, demnach verletzte man diese Raubfische kaum und konnte untermaßige
und Fische in Schonzeit wieder problemlos und sanft in den Fluss zurücksetzen.
Respekt vor der Kreatur
und Natur war eines der Leitmotive innerhalb seines Clubs. Nach kurzer und
herzlicher Begrüßung ging jeder der Männer ein Stückchen flussauf oder flussab,
um einen Abschnitt für sich alleine zu befischen. Fliegenfischen ist höchste
Konzentration, dabei viel zu reden und sich zu unterhalten ist nicht möglich.
Jeder fischt für sich und man freute sich, wenn man selbst oder der jeweils
andere einen guten Fang landete. Sofern man in Rufweite war, wurde ein
freundliches „Petri“ als Gratulation gerufen und man setzte seine eigene
Fischerei fort. Fliegenfischen hatte mit dem klassischen Angeln an Seen oder
Flüssen rein gar nichts gemeinsam. Beim See-Angeln war man reaktiv, man war
stationär, d. h. oft für lange Zeit an derselben Stelle. Man legte den
Köder, häufig einen Naturköder (totes Fischchen, Wurm, Teig, Mais etc.)
z. B. auf Grund, in der Erwartung, dass dieser z. B. von einem
Karpfen, Hecht, Zander gefunden und aufgenommen wurde und ein Signal an der
Angel auslöste.
Der Fisch sucht die Beute
(Nahrung), der Angler reagierte. Beim Spinnfischen warf man einen metallenen
oder Gummi- oder Plastikköder aus und versuchte den Raubfisch durch rasches
Einkurbeln zu einer Verfolgung des vermeintlichen Fischchens und so zum Beißen
zu bringen.
Fliegenfischen imitiert
die natürliche Nahrung der Fische (kleine Wasserinsekten, kleine Fischchen,
Landinsekten, fliegende Insekten) mit diversen künstlichen Mustern, die aus
Federn, Kunstfasern oder anderen Hilfsmitteln gebunden werden. Der
Fliegenfischer ist extrem proaktiv. Fliegenfischen findet zum größten Teil
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