Ohne Skrupel
vor seinem inneren Auge sehen, die Ruhe der sie umgebenden
Landschaft fühlen und die Ehrfurcht des erntenden Bauern vor der schönen Frucht
spüren. Seine romantische Ader lag bloß und er hätte ein Tänzchen gemacht, wenn
er nicht gar so gemütlich auf dem Sofa gelegen hätte. Felicitas – die Seligkeit
– sie hatte ihn berührt.
JP war nach St. Moritz
gefahren, um Feli bei Ihrer Seelenkur zu helfen und war selbst „geheilt“ nach
Hause gekommen, obwohl er sich vorher keiner Krankheit bewusst gewesen war. Am
Donnerstag war er zu Franz gegangen und hatte um zwei freie Tage gebeten.
Irgendwie war er immer noch verunsichert, wie er nun mit Franz umgehen sollte,
zumal er ja das Video gesehen hatte. Aber dann hatte er es einfach abgehakt und
sich gedacht: „Was soll´s, ist er halt schwul oder bi. Solange er dir nicht an
die Wäsche geht, ist es egal, wie bei jedem anderen auch!“ Damit war die Sache
für JP erst mal vom Tisch.
Franz war an diesem Tag
sehr eigenartig, fast so als ob er sturzbetrunken gewesen wäre. Aber der trank
doch sonst kaum? Jedenfalls sah er fürchterlich aus, als ob er die ganze Nacht
um die Häuser gezogen wäre und durchgesoffen hätte. Franz war diese Sache mit
dem Video sichtlich an die Nieren gegangen – der Doc schien ihn damit
sicherlich zu erpressen und damit wurde er wohl nicht fertig. Natürlich hatte
JP sofort die beiden Tage freibekommen, wobei er aber nicht sicher war, ob
Franz überhaupt wusste, was er da unterzeichnete. Deshalb hatte JP die zwei
bewilligten Urlaubstage sogleich nach dem Gespräch nochmals schriftlich als
E-Mail bestätigt. Felicitas freute sich wie Schnitzel über seine Zusage und
rief ihn schon bald danach zurück: Sie hatte eine Suite im Kempinski Grand
Hotel des Bains reserviert. JP war sich sicher, dass eine Nacht so viel kosten
würde wie er netto im Monat verdiente. Aber sollte er sich prügeln lassen für
so eine Einladung?
Am Freitag fuhr JP
frühzeitig los und hatte sein neues Audi Cabrio bis oben hin beladen. Die
gesamte Skiausrüstung, seine FlyFi-(Fliegenfischer)ausrüstung und auch sonst
noch ein paar von seinen schickeren Klamotten mussten unbedingt ins Auto. Er
hätte tatsächlich niemanden zusätzlich mitnehmen können, da sogar der Fußraum
des Beifahrersitzes und der Sitz selbst noch als Stauraum dienten. Der Audi TT
Cabrio mit automatischem Verdeck war kein Auto für Urlaube mit viel Gepäck.
Felicitas würde erst gegen 19:00 Uhr ankommen, da sie doch eine sehr weite
Anreise aus Paris hatte und vorher noch ihre Kinder wegbringen musste. Also
hatte sich JP den sonnigen Tag für einen kleinen Abstecher an den Inn-Fluss
zwischen Imst in Tirol und der Österreich-Schweizer Grenze zum Fliegenfischen
reserviert. Die Tageslizenz zum Fischen war sehr günstig für das wunderbare
Gewässer. Um diese Jahreszeit führte der Inn nur wenig Wasser, da die
Schneeschmelze noch nicht eingesetzt und es die vergangenen Tage nicht geregnet
hatte. Das Wasser war klar und grün bis türkis. Einzig störend, wenn überhaupt,
war vielleicht die Nähe der Straße. Ansonsten war der Tag ein absoluter Traum
für einen begeisterten Fly-Fischer wie JP. Kein Wind, warm – gute 17 Grad –
keine anderen Fischer am Gewässer und Forelle und Äsche satt!! Es war nicht
selbstverständlich um diese Jahreszeit überhaupt Äschen zu fangen – die hatten
Ihre Hochsaison eher im Herbst – aber an diesem Tag landete JP gleich sechs
Stück in Summe, zwei davon sogar sehr kapitale Fische jenseits der 50 cm. Da
dieser schöne Fisch aufgrund der immensen Kormoran-Schäden leider immer
seltener in heimischen Gewässern wurde, zog es JP gar nicht mal in Erwägung,
eventuell einen mitzunehmen. Er fischte immer ohne Widerhaken und damit war ein
schonendes Zurücksetzen kein Problem. Er stellte sicher, dass der Fisch sofort
in die Strömung fand und seine Kiemen gut durchspült wurden, damit er ohne
Schaden sein Leben fortsetzten konnte. JP hatte großen Respekt vor dem
Lebewesen und wollte möglichen Schaden immer sehr gering halten. Zusätzlich
konnte er noch sechs Regenbogen- und vier Bachforellen haken. Die Regenbogen
hatten noch Schonzeit, zumindest in Bayern, in Tirol, für Österreich wusste es
JP nicht. Aber er wollte kein Risiko eingehen und setze alle Regenbogen zurück
in den Inn. Eine der Bachforellen war jenseits der 58 cm Länge. Ein wirklich
herrlicher und kapitaler Fisch!
Da kam JP die Idee,
diesen wunderschönen Fisch doch mitzunehmen. Er überlegte sich, dass
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