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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Prognose?“
    „Das ist schnell gesagt, denn die Prognose ist leider genauso einfach, wie ernüchternd: Der junge Mann hier hat keinerlei Chancen auf Genesung und wird in absehbarer Zukunft von uns für hirntot erklärt werden müssen.“
    „Ja gut, Herr Doktor, da kann man wohl nix mehr machen. Na ja, da hab ich wenigstens die Zeugenbefragung gespart und kann früher nach Hause. Ich bin nämlich heute Nacht zum ersten Mal Großvater geworden, und ich kann es nun kaum mehr erwarten, endlich meinen ersten Enkel zu sehen.“
    „Na, dann aber meinen allerherzlichsten Glückwunsch, lieber Herr Schmekel“, sagte der Oberarzt und streckte dem Beamten die Hand zur Gratulation entgegen, die dieser auch strahlend ergriff. „So ist nun mal der Lauf der Welt: Die einen kommen, die anderen müssen dafür gehen. Aber wo kämen wir denn auch hin, wenn kein Mensch mehr sterben müsste, nicht wahr? Da wäre unsere schöne Mutter Erde ja noch schlimmer dran und würde irgendwann an dieser unsäglichen Überbevölkerung ersticken.“
    „Da haben Sie wirklich Recht, Herr Doktor!“, antwortete der frisch gebackene Großvater.
    „Ja ja, des einen Freud, des andern Leid“, bemerkte plötzlich Oberschwester Rebekka, die gerade den Raum betreten hatte und fragte, nachdem sie dem Polizeibeamten ebenfalls gratuliert hatte: „Herr Wachtmeister, wie ist denn dieser schreckliche Unfall überhaupt passiert?“
    „Also, Genaueres wissen wir ja auch noch nicht, denn es gibt leider keine Unfallzeugen. Und dieser arme Mann hier wird uns darüber wohl auch keine Auskunft mehr geben können. Das einzige, was wir anhand der Hinweise am Unfallort rekonstruieren konnten, ist, dass Herr Heidenreich wohl zu schnell mit seinem Motorrad unterwegs war.“
    „Wie so oft, Herr Wachtmeister, wie so oft – leider“, bemerkte Dr. Wessinghage nickend.
    „Ja, leider, Herr Doktor. Wahrscheinlich ist er wegen nicht angepasster Geschwindigkeit in einer Kurve von der Straße abgekommen und anschließend an einen Baum geprallt. Die Ursache dafür konnten wir allerdings noch nicht endgültig klären. Es gab keinerlei Bremsspuren – vielleicht ist er einem Tier ausgewichen, oder er wollte Selbstmord verüben. Das passiert ja heutzutage leider weitaus häufiger, als viele Menschen glauben“, antwortete Hauptwachtmeister Schmekel mit zusammengepressten Lippen und verließ daraufhin das Krankenzimmer.
    „Da können Sie mal wieder sehen, Herr Oberarzt, wie wunderbar unauffällig unsere Organisation arbeitet“, flüsterte die Oberschwester.
    Dr. Wessinghage reagierte mit einem stillen Kopfnicken, während er das mit undurchsichtigem Milchglas gefüllte Fenster verschloss.
    Diesmal hatte Maximilian Heidenreich den Inhalt der Gespräche in Gänze mitbekommen. Zunächst war er der felsenfesten Überzeugung gewesen, dass es sich nur um eine Verwechslung handeln konnte, schließlich war er ja nach wie vor in der Lage, rational denken zu können. Und dies kollidierte ja nun logischerweise mit der Aussage des Oberarztes, dass er schwerste Gehirnverletzungen aufweise und man ihn demnächst für hirntot erklären müsse.
    Ziemlich schnell wurde diese trotzige Hoffnung aber von blanker Panik verdrängt.
    Schockwellen paralysierender Angst durchströmten ihn.
    Er verspürte eine extreme Mundtrockenheit.
    Sein Magen krampfte.
    Er meinte Schüttelfrost zu haben.
    Er hatte das Gefühl, dass sein Kopf gleich bersten würde.
    Sein Herz begann zu rasen.
    Die Atmung wurde kurz und stoßartig.
    „Chef, er hyperventiliert! 32er Puls“, schrie die Oberschwester plötzlich.
    „Los, los, wir intubieren wieder! Ich hab Le Fuet doch schon so oft davor gewarnt, die Atmung umzustellen. Los, Rebekka, Beeilung. Bringen Sie mir auch den Defibrillator! Los, schnell, Beeilung! Er darf nicht sterben – jetzt noch nicht!“
    Da war plötzlich wieder dieselbe Erscheinung, die ihm vor kurzem schon einmal während seines ersten Nahtodeserlebnisses begegnet war. Wie bei seinem Herzstillstand versuchte die traumhafte Engelsgestalt abermals, Maximilian dazu zu überreden, ihr zu folgen. Erneut wusste er nicht so recht, was er tun sollte, erbat sich Bedenkzeit – die ihm jedoch wieder nicht gewährt wurde.
    Er sah das Bild seiner Mutter, dann ein Bild von Marieke, dann ein weiteres, auf dem beide Frauen zusammen abgebildet waren: Sie klammerten sich an ihn, wollten verhindern, dass er wegrannte. Sie schrien mit aufgerissenen, fratzenhaften Mündern irgendetwas, das er allerdings nicht

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