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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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gespannt, wie in ihrer Wohnung das Licht ausging. Und dann, nach etwa einer halben Minute, öffnete sich die Tür und Lisa kam heraus.
    Sie trug einen schwarzen Minirock und eine Pelzjacke in der Farbe ihres Haares. Die sonst wilde Mähne hatte sie glatt nach unten gekämmt und ihre Füße steckten in schwarzen Pumps. Ihr Make-up war dezent, ebenso ihr schlichtes rotes Top.
    Sie war wunderschön. Perfekt. Heiko stieg aus, lief um das Auto herum und hielt ihr die Tür auf.
    »Ooooh, Gentleman! So kennt man dich ja gar nicht«, frotzelte Lisa, und Heiko lächelte ertappt.
     
    Lisa guckte schockiert, als sie den Türsteher erblickte. Sein Gesicht war über und über mit Tränen tätowiert. Der Mann grinste. »Ah, dr Bollizischd«, sagte er und Heiko schlug ihm kameradschaftlich auf die Schulter.
    »Hallo, Ernschd«, grüßte er.
    Lisa musste sich große Mühe geben, um nicht laut loszulachen.›Ernst‹ passte so gar nicht zu dem tätowierten Ungetüm an der Tür.
    Heiko zahlte den Eintritt– seit acht Jahren gleichbleibend drei Euro– und sie gaben ihre Jacken an der Garderobe ab. »Und jetzt?«, fragte er. »P1 oder Apfelbaum?«
    Lisa zog die Augenbrauen hoch und verschränkte die Arme. »Sind wir cool oder verzweifelt?«, fragte sie zurück.
    »Ein bisschen was von beidem?«, schlug Heiko vor, nahm ihre Hand und zog sie nach links in den Apfelbaum.
    Sofort schlug ihnen eine Wand aus heißer Luft entgegen. Aus der Anlage dröhnte das Hölle-Lied von Wolfgang Petri. Und direkt voraus befand sich die Bar im Karibik-Stil, die fast den gesamten Raum einnahm. Es gab nur einen schmalen Umweg, der zur Tanzfläche und zu kleinen Sitzgelegenheiten führte, vorbei an Spielautomaten.
    »Willst du was trinken?«
    »Was trinkt man denn hier so?«
    »Flieger zum Beispiel!«
    »Was ist Flieger?«
    »Wodka Blutorange-RedBull!«
    Lisa zog die schmalen Augenbrauen hoch.
    »Also gut, einen Flieger bitte!«
    Heiko nickte und kämpfte sich zur Bar durch. Von dem Barkeeper, der einen dünnen Pferdeschwanz trug, der ihm bis zur Taille reichte, orderte er einen Flieger und eine Cola. Wenn er fahren musste, konnte er sehr vernünftig sein. Im Flieger steckte ein roter Strohhalm, an dem Lisa nachdenklich saugte, nachdem er ihr den Drink gereicht hatte.
    »Nett hier«, befand sie und Heiko sah sie irritiert an.
    »Lüg nicht!«
    »Doch, ehrlich! Es hat irgendwie was!«
    »Machen wir eine Runde?«, schlug Heiko vor und Lisa stimmte zu. Er schob sich durch die Menschenmenge, vorbei an den Automaten und etlichen Bekannten, die ihn allesamt grüßten und neugierig tuschelten, als sie seine Begleitung erblickten. Richtung Tanzfläche. Die Tanzfläche war von einer Art Gartenzaun umrahmt. Am DJ-Pult hockte ein älterer Mann im anthrazitfarbenen Pulli, der das kleine Kabuff mit seiner Leibesfülle nahezu völlig ausfüllte. Einige dickliche Enddreißigerinnen in zu engen Pailettentops und mit toupierten Haaren tanzten tapsig und lachend zu den Klängen vom knallroten Gummiboot und mehrere etwas notgeil wirkende Kerle sahen vom Zaun aus zu. Heiko hoffte inständig, dass Lisa nicht tanzen wollte, denn es gab nichts auf der Welt, was er mehr verabscheute.
    Männer, die gerne tanzten, waren doch meistens eh schwul. Wobei er nichts gegen Schwule hatte. Die waren schon mal keine Konkurrenz. Aber echte Kerle waren das eben nicht.
    Also zog er Lisa schnell weiter in den kleinen Zwischenraum, der den Apfelbaum mit dem P1 verband.
    »Und was ist hier?«, fragte Lisa. »Außer dem Klo?«
    »Da drüben ist das P1«, informierte Heiko.
    »Du meinst, das P1 ist einfach der andere Raum?«
    Heiko zog die Schultern hoch und grinste. Ja, so konnte man das auch sehen.
    Lisa lächelte. »Wie süß! Also dann, auf ins P1!«
    Sie nippte an ihrem Flieger und sah dabei umwerfend aus. Aus dem P1 flutete blaues Licht, und die Musik wechselte nun von Schlager zu R’n’B.
    Hier gab es in der Mitte des Raumes eine größere Tanzfläche, links und rechts hinten Bars. Das blaue Licht wirkte zusammen mit dem Silber der Tanzfläche kalt. Trotzdem herrschte eine Bullenhitze, es roch nach verbrauchter Luft und schweißnassen Menschen. Die Klientel war hier deutlich jünger, einige eigentlich 14-jährige Mädels waren auf 16 geschminkt.
    Hier war schon mehr los auf der Tanzfläche, die unter anderem von mehreren Jungs in Ripshirts, die ansehnliche R’n’B-Moves zeigten, bevölkert wurde.
    Lisa beobachtete die durchtrainierten Körper mit Interesse und Heiko fühlte, wie

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