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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Sie wischte sich eine ungekämmte Haarsträhne aus dem Gesicht, als es wieder klingelte, diesmal geradezu stürmisch.
    »Ja, ja, ich komm ja schon!«, rief sie ungehalten und schlappte barfuß zur Tür.
    Garfield wehte an ihr vorbei, wohl, um sich unbemerkt in ihr noch warmes Bett zu legen.
    Nun klopfte es auch noch an der Tür, vehement sogar.
    Zwischen Lisas Augen bildete sich eine Zornesfalte. Wer immer das war, der könnte was erleben! Sie riss die Tür mit einem Schwung auf und erstarrte.
    »Mutter«, sagte sie einfach nur und ihre Mutter fiel ihr sofort um den Hals.
    »Aber Kind, wie blass du bist und hast du schon wieder abgenommen? Kein Wunder, das ist diese Gegend, die saugt einem die Energie aus! Du bist eine Blume und das hier ist ein Misthaufen, das passt einfach nicht.«
    Mit Entsetzen stellte Lisa fest, dass ihre Mutter einen mittelgroßen Trolley dabeihatte.
    Sie runzelte die Stirn. »Was machst du…«, begann sie.
    »Was ich hier mache? Ich kümmere mich um dich!«, rief ihre Mutter und schob sich an ihr vorbei in den Flur.
    Ergeben schloss Lisa die Tür.
    »Wenn sich eine Mutter nicht mal mehr um ihre Tochter kümmern darf, dann weiß ich auch nicht!«
    »Mutter, ich bin 32!«, protestierte Lisa schwach.
    »Papperlapapp«, machte Frau Luft, »ich bleibe jetzt erst mal hier. Ich müsste mal ganz dringend wohin!«
     
    Kurze Zeit später saßen die beiden an Lisas Küchentisch. Lisa hatte mit ihrer billigen Kaffeemaschine einen Kaffee gekocht. Nur mit Mühe hatte sie ihre Mutter davon abhalten können, das Waschbecken zu putzen.
    »Nett hast du es hier«, sagte ihre Mutter und betonte den Satz so, dass die Ironie unüberhörbar war.
    »Was willst du, Mutter?«
    Mit einem Krachen stellte Frau Luft die Tasse auf den Tisch, sodass ihr akkurat geschnittener Bob wütend wehte.
    »Also, das ist ja!«
    Lisa lächelte schwach. »Natürlich freue ich mich, dass du da bist«, log sie. »Aber warum bist du gekommen, so spontan?«
    So unangemeldet. So plötzlich. So ganz und gar unpassend.
    Frau Luft legte ihrer Tochter versöhnlich die Hand auf den Arm und tätschelte ihn sanft.
    »Kind! Ich bin hier, um nach dir zu sehen! Wirklich! Ich liebe dich doch!«
    »Und?«
    »Und ich will, dass es dir gut geht!«
    Lisa seufzte. »Und?«
    Ihre Mutter lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Und ich denke, dass du einen Fehler machst. Nicht nur einen Fehler, sondern gleich mehrere.«
    Lisa sagte nichts. Innerlich brodelte sie. Jetzt ging das wieder los!
    »Mutter«, begann sie dann langsam und mit bedrohlichem Unterton, den sie mühsam zu verbergen suchte. »Ich sage es dir jetzt zum letzten Mal: Ich gehöre nicht zur Generation dieser duldsamen Muttchen, die ihren Kerlen alles verzeihen, nur, weil sie ja Männer und sowieso schwach und schwanzgesteuert sind!«
    »Lisa!«, entrüstete sich Frau Luft über die Ausdrucksweise ihrer Tochter.
    Eine Pause entstand, in der Frau Luft nach den passenden Formulierungen suchte und Lisa einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse trank.
    »Jedenfalls leidet dein Stefan sehr. Und dieses Weib war nicht die Richtige für ihn.«
    »Er war nicht MEIN STEFAN«, stellte Lisa klar.
    Frau Luft änderte ihre Strategie. »Liebst du ihn denn gar nicht mehr?«
    Lisa schluckte. Dann hob sie trotzig das Kinn. »Nein«, sagte sie, aber man konnte die Unsicherheit in ihren Worten hören.
    »Wirklich nicht?«, hakte ihre Mutter nach.
    Lisa verdrehte die Augen. »Fakt ist, dass ich eine solche Wut auf ihn habe, dass es mich furchtbar aufregen würde, ihm auch nur ins Gesicht zu schauen, geschweige denn mit ihm zu reden!«
    Frau Luft seufzte und schüttelte traurig den Kopf. »Ihr wart ein so wunderschönes Paar!«
    Lisa entschloss sich zu einer Notlüge. »Und außerdem habe ich einen Freund«, behauptete sie. »Einen dieser schwäbischen Bauern?« Ihre Mutter wirkte ehrlich schockiert.
    »Mutter, wenn du denen sagst, sie seien Schwaben, dann bringen die dich um!«
    »Diese Barbaren!«, stieß Frau Luft hervor. »Sag’ ich doch, eine Blume in einem Misthaufen!«
    »Nein, er ist nett«, sagte Lisa, während sie überlegte, welchen der drei Anwärter sie wohl als ihren Freund verkaufen könnte.
    Simon fiel weg, denn der war tatsächlich Schwabe. Auch wenn der ihrer Mutter sicherlich am besten gefallen hätte von den dreien.
    Uwe war das, was einem Barbaren noch am nächsten kam.
    Blieb Heiko. Der konnte zwar auch bedrohlich wirken, rasierte sich aber wenigstens ab und zu und lächelte hin und

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