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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Eifersucht in ihm hochstieg. Eifersucht? Wie bitte? Er war doch nicht etwa ernsthaft in Lisa verknallt?
    Die Kommissarin wendete sich nun nach rechts, vorbei am DJ-Pult, in dem ein junger, leicht metrosexuell wirkender Rothaariger mit extravaganter Frisur auflegte, und umrundete die Tanzfläche.
    »Können wir uns irgendwo hinsetzen?«, fragte sie schließlich und sie musste schreien, weil die Musik ohrenbetäubend laut war.
    »Klar!«, schrie Heiko zurück und führte sie nach rechts zur Bar, die etwas abgeschottet vom Lärm war. Er zog zwei der Barhocker zur Seite und die beiden stellten ihre Gläser auf der Theke ab.
    Heiko trank einen großen Schluck Cola und genoss es, wie das kühle Getränk seine Speiseröhre hinunterrann.
    »Nett hier«, wiederholte Lisa. »Kommst du öfters her?«
    Heiko schüttelte den Kopf. »In letzter Zeit gar nicht!«
    »Wenn du mit deinen Kumpels weggehst, wo gehst du dann hin?«
    »Och, eher in Kneipen. Ins Peanuts oder so!«
    Lisa nickte und schlürfte wieder. Mit ihrem schönen Mund.
    Heiko schluckte. »Da können wir ja auch mal hin, wenn du willst.«
    »Ja, warum nicht.«
    Er konnte den Blick nicht von ihren Lippen lassen. Plötzlich verengten sich ihre Augen zu schmalen Schlitzen.
    »Was?«, fragte Heiko und befürchtete schon, sie würde ihn wegen seines ungenierten Starrens tadeln.
    »Ich werd verrückt! Dreh dich mal um!«
    Heiko machte Anstalten, schnell nach hinten zu sehen, doch Lisa zischte: »Langsam! Und unauffällig. Ist das da hinten nicht der junge Campo?«
    Heiko sah hin. »Ja, tatsächlich! Und das neben ihm ist Silke Weidner!«
    »Wirklich! Die hätte ich jetzt nicht erkannt! Sieht aus wie eine Schlampe!«, kommentierte Lisa. Heiko grinste. Wie sich die Weiber doch immer gegenseitig runtermachen mussten! In dem Punkt waren sie alle gleich.
    Er fand Silkes Outfit gar nicht schlampig, nickte aber zustimmend, um Lisa nicht zu verärgern.
    »Haben die was miteinander?«, mutmaßte Lisa.
    Die Antwort auf diese Frage erübrigte sich, weil Silke Weidner plötzlich die Arme um Marcos Nacken schlang und ihn lachend küsste.
    »Das ist ja interessant«, befand Heiko.
    »Ja, nicht? Meinst du, sie hätten ein Motiv?«
    Verdammt, schon wieder Arbeit! Dabei hatte er einfach nur seine Ruhe haben wollen. »Ausländerhass vom Weidner? Das Romeo-und-Julia-Syndrom?«, schlug Lisa vor.
    »Vielleicht«, meinte Heiko und trank Cola.
    »Sollen wir hingehen?«, fragte er, doch Lisa schüttelte den Kopf.
    »Ich würde eher abwarten, ob sie uns das von alleine erzählen. Wenn nicht, ist es auf jeden Fall verdächtig.«
    Heiko nickte. Klang vernünftig.
     
    Sie waren bis um eins geblieben und hatten sich blendend amüsiert. Heiko war glücklich ins Bett gegangen– glücklich, aber allein.
    Sita hatte versucht, zu ihm aufs Bett zu hüpfen, aber er war hart geblieben.
    Nun gut– die ganze Sache war sicherlich ausbaufähig. Man würde sehen.
     

Samstag, 18. April
    Heiko gähnte. Er hasste es, am Wochenende früh aufzustehen. Am liebsten drehte er sich mehrfach noch mal um und zog die Decke über den Kopf, um das alles übertönende Vogelgezwitscher, das im Sommer schon um fünf Uhr morgens einsetzte, auszublenden.
    Nicht nur einmal hatte er sich selbst mit viel gutem Willen davon abhalten müssen, ein paar der Viecher mit dem Luftgewehr abzuschießen. Dabei fand er Vögel ja eigentlich nett. Nur nicht um diese Zeit. Um diese Zeit nervten sie ihn ganz gewaltig.
    Er zündete sich eine Zigarette an und duckte sich enger in seinen Arbeitsanorak. Die Luft war kalt heute. Das Einzige, wofür er bereit war, an Samstagen aufzustehen, war der Wald. Der Wald und Onkel Sieger.
    »Fertig?«, fragte Sieger vom Bulldogsitz herunter.
    Heiko nickte und hechtete mit einem eleganten Satz auf die seitliche Sitzbank. Und dann fuhren sie los.
    Er liebte das Tuckern des Dieselmotors, die erhöhte Position. Das Röhren des Motors unter dem Hintern, der bebende, notorisch schwankende Sitz. Tucktucktuck. Wunderbar. Und unter einem die gewaltigen Räder, vor denen er sich als Kind so gefürchtet hatte, weil sein Vater ihm ab und zu prophezeit hatte, wenn er in der Schule nicht lernen würde, käme er ›unter die Räder‹.
    Der kleine Heiko hatte fortan immer besonders gut auf die Räder von Onkel Siegers Bulldog geachtet.
    Sie verließen den Ort und bogen in einen schmalen Feldweg ein. Nach wenigen Metern stießen sie auf eine Schranke, an der ein Schild mit der Aufschrift ›Zufahrt verboten, Wald- und

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