Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
Vom Netzwerk:
Ehrensache gegolten, im Informationsorgan O KARINA zitiert worden zu sein. Solle es nun, wo alles demokratischer werde, eine schiere Geldsache werden?
    Er sei zu sagen versucht, das Demokratische sei eine schiere Geldsache, sagte der Attaché. Doch käme das in die Nähe einer Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten. Seine Gepflogenheit sei solche Einmischung nicht und Geldangelegenheiten seien es schon gar nicht. Seine seien ausschließlich die kulturellen, zu denen freilich und manchmal peinlicherweise Urheber- und Honorarangelegenheiten zählten.
    »Immer sollnse zähln«, sagte Friedrich Moeller. Er habe, wenn er das so höre, gut Lust, dem Herrn Präsidenten, der hoffentlich bald auftauchen werde, diese Sache vorzutragen. Kaum deute sich Freiheit an, stellten sich schiere Geldsachen ein.
    »Wenn ich mich eines deutschen Wortes bedienen darf«, sagte der Attaché: »Wer das eine will, muß das andere mögen.«Danach wandte er sich mir zu und fragte, ob der Herr Verantwortliche Redakteur das nicht auch so sehe.
    »Das sehe ich auch so«, sagte ich. Fast scheine es der Bannerspruch aller Demokratie zu sein. Wenngleich insofern nicht mehr zähle, was mir scheine, als ich nichts weiter als ein freier Schweizerdegen sei. Gerade noch ein ehemaliger unter den Verantwortlichen Redakteuren.
    »Da wir uns am Rand der Philosophie bewegen, die ohn Zweifel eine kulturelle Angelegenheit ist«, sagte der Attaché, »wage ich die Vermutung, etwas Ehemaliges könne zuweilen das wichtigste Element einer Gegenwart sein. Doch wie ich es sage, klingt es banal.«
    »Das geht mit etlichen Wahrheiten so«, sagte ich.
    »Wo ich von Wahrheit höre«, ließ sich neben uns einer der hauptstädtischen Polizeichefs vernehmen, »stelle ich mich lernwillig dazu. Selbst wenn es nicht Pilatus ist, der so Hörenswertes formuliert.« – Ich erkannte den stämmigen Mann nicht gleich; ich hatte ihn nie in Zivil gesehen. Er zeigte seinen Orangensaft wie einer vor, der einmal Obsttag hat, und fragte den Diplomaten: »Berichtet Ihnen unser Freund, wie er es der Polizei zu geben wußte? Indem er öffentlich ausrief, sie solle sein Volk nicht schlagen!«
    Trotz des korrekten Konjunktivs klang er, als habe sein Obsttag eben erst begonnen. – »Gemeint war die Volkspolizei«, sagte ich.
    »Deren Wasserschutzpolizeieinheiten zu vertreten ich die Ehre habe«, teilte der Wasserschutzpolizist mit.
    Als gehöre, wo er nun schon in meiner Nähe war, der Schutz meiner Person zu seinen Pflichten, brummte Friedrich Moeller, diese halbe Marine sei in Winsen an der Luhe schlimmer als die ganze Polizei gewesen.
    Das brachte den Wasserschützer in Fahrt: »Bei uns gelten wir als die Ritterlichsten. Aus dem, mit dem, für das Volk! heißt das Panier. Ist die Luhe ein fließendes oder stehendes Gewässer? Sie sind von dort? Ein Bürger-West? Oder was?«
    »Ein Bürger-Ost«, sagte ich. »Darf ich bekanntmachen: Herr Moeller von der Firma Moeller & Moeller; Herr Johann Meißner, Volkspolizei.« – Anstatt mir in die Rede zu fallen,wie ich mir immerhin empfahl, setzte ich blöderweise hinzu: »Hauptverwaltung Feuerwasserpolizei.«
    Meißner gab mir einen doppelkörnigen Blick, doch klang mild, was er dem Attaché mitzuteilen hatte: »Da heißt es immer, wir haben keine freie Presse! Seit die Mauer fiel, haben wir alles oder alles wieder, Monsieur. Hält die Entwicklung an, werden sich solche wie der Herr Redakteur und ich noch duellieren müssen.«
    Der Attaché erwiderte, da sei der Vorteil doch bei dem Mann der bewaffneten Organe. Leider brachte dies Bemerken Friedrich Moeller zurück in den Austausch. Wenn nun wieder alte Ritterlichkeiten gelten sollten, müsse auch Waffengleichheit sein, sagte er und wußte ein Beispiel, das aus seiner Abneigung gegen alle Wasserpolizei und seiner Hinneigung zu besseren Tagen in Winsen an der Luhe gewonnen war. Dort habe man seit Eckermanns Zeiten größere Meinungsverschiedenheiten mit Hilfe einer Kreuzung aus Tauziehen und Tischbeißen ausgetragen. Wenn wir wollten, führe er es vor, solange der Präsident auf sich warten lasse.
    Zwar schien mich ein Blick des Attachés zu fragen, wie man diesen Teutonen stoppen könne, doch veranlaßten mich meine Abneigung gegen den Wasserpolizisten und meine Zuneigung zu Friedrich Moeller plus etwas doppeltgebranntes Obst zu einem Blick, der die Antwort enthielt, wenn erst einmal in seiner Bahn, sei der Mann aus Eckermann-Stadt nicht aufzuhalten. Was übertrieben war, doch im gegebenen

Weitere Kostenlose Bücher