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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Manipulation an mich geraten. Einzig, daß sie an mich geriet, zählt für mich. Nein, einzig, daß ich an sie geriet, zählt. Nein, einzig, daß ich sie verloren habe, zählt. Doch selbst bei solchem Verlieren zählt mehr. Daß ich gegen die traurigen Clowns aus Schwaben und vom Niederrhein sowie die hessischen, bayerischen und Schöneberger Hilfs-Clowns verloren habe, das zählt schmerzlich. Weit mehr noch zählt, daß ich durch kräftiges Zutun und dämliches Untun meiner Seit-an-Seit-mit-mir-Clowns verlor und mich von Leuten leiten ließ, deren Sehkraft sich überm Ausschauhalten nach undevoten Schriften bis zur Blindheit eingetrübt hatte.
    Zu ihrer Rehabilitierung bei mir weiß ich einen Weg. Stellt sich heraus, sie hatten nicht Teil an der speziellen Geschichte, in der sich ein alter Kerl in eine junge Frau vergaffte, und beweist sich, sie waren weder in der junonischen Gestalt von Dora Schoefgen vom Kulturbund noch in der ranken Erscheinung einer Islamik-Fachfrau vom Bode-Museum an einem Vorgang beteiligt, bei dem ein Mann von zu vielen Jahren an eine Frau von zu wenigen Jahren geriet, dann soll Friede zwischen uns herrschen.
    Falls sie jedoch die Verbindung gefädelt und gestiftet haben – vielleicht auf Anregung polnischer Kaderkenner, vielleicht nach Einblick in amerikanische Missions-Dossiers, vielleicht auf Wink aus Moskaus innerstem Zirkel –, dann soll nicht nur Friede, dann soll Freundschaft zwischen uns sein. Denn dann hätten sie mich für eine historisch bedeutende Frist jünger als meine Daten sein lassen, hätten mir Extralebenszeit gestiftet. Richelieu war ab einer Million bestechlich; ich bin es ab einemJahr. Wie sollte ich unbestechlich sein, wo ich mit Jennifer Król und den Kindern zwanzig Jahre lang glücklich war?
    Obwohl ich mein Urteil schon durchblicken ließ, soll es ins Protokoll: Ich hatte die Lektion zu Staat und Revolution durchaus gelernt. Ich wußte, daß zur Unterdrückungsmaschine, die der Staat als solcher ist, spezielle Unterdrückungsmaschinen zählen, die ihm durchs Leben helfen. Ich konnte nicht gut einerseits für ihn sein und andererseits gegen das, was ihn nach meiner Ansicht schützen sollte.
    Wenn sie mit dem Bescheid gekommen wären, sie wollten, daß ich Kommunikation studiere und helfe, uns gegen unsere Strangulatoren zu sichern, hätte ich nicht weniger fleißig bei Niklas gelernt, als ich es unter privateren Gesichtspunkten tat. Schließlich hatte ich nach dem Kadergespräch mit dem Pfeifenraucher im Kreml nicht gemeint, mein Ideenverwahren werde sich in Flötenspiel erschöpfen.
    Daß man mich in höheren Quartieren zum legalen Leiter einer legalen Unternehmung machte, die schlimmstenfalls ins urheberrechtlich Fragwürdige geraten konnte, könnte Grund zur Dankbarkeit sein. Ist es aber nicht. Denn auch so sähe man mich nicht ungern tot. Nicht, daß man Schergen dingt, die mich der Ostseeautobahn beimengen sollen; eher schon, indem man mir nahelegt, es selber zu tun. Wenn daraus nichts wird, wartet nicht auf meine Entschuldigung. Oder auf mein Beteuern, es habe doch O KARINA niemandem Schaden zugefügt. Wäre dem so, wäre es ein Grund, mich abzuschaffen. Denn ich hoffe stark, beschädigt zu haben, was meine Sache schädigen wollte.
    Ich könnte erklären, ich sei, zieht man die deutschdemokratischen Umstände an, zu nichts anderem tätig geworden als zur Mehrung meines und des allgemeinen Wissens. Zum Know-how-Vergleich zwischen unserem Weltpartikel und dem Weltstand. Eine Aufgabe, zu deren Lösung sich Teile unserer Obrigkeit bereiter als andere Teile fanden. Die einen hielten uns mit Hebel, Rolle, Wellrad, schiefer Ebene, Keil und Schraube plus festem weltanschaulichen Standpunkt für hinreichend ausgestattet. Die anderen, auch nicht gerade Modernisten, waren für moderne Erweiterung.
    Was ich als Loseblattschrift gründete, ist ein Clearinghaus gewesen. Ausgleichspunkt, Anschlagbrett, Litfaßsäule, Wissenszisterne. Auch Wasserloch, an das nicht alle nur ums Wasser kamen. Doch ist das Fürmöglichhalten; Beweisenkönnen ist es nicht. Ich hängte Annotationen öffentlich aus. Sagen wir, für einen bestimmten Teil der Öffentlichkeit. Womit ich, statt meine Tugend zu melden, lediglich selbstgesuchte Pflichten umreiße. Nicht um meine Unschuld geht es, sondern um den Umriß meiner Schuld.
    Weshalb ich nicht sehe, wie ich mich bei Leuten entschuldigen könnte, denen unsereins schon im Besitz von Keil oder Stakholz als überrüstet galt. Was übrigens einen

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