Okarina: Roman (German Edition)
an ihm wachzuhalten. Bis heute. Bis heute frage ich mich, was ich dem Offizier geantwortet hätte, wäre er an mich herangetreten. Um mich an die Rakowiecka zu erinnern oder an Karlshorst und an die bedingungslose Kapitulation und an die Pflichten, die sich aus ihr für mich ergäben. Oder um mich über Pullach ebenso aufzuklären wie vor ihm zu warnen. Um mich dann zu fragen, ob mein Abenteurertumzulange für einen Besuch in Kostüm und Maske in Pullach bei München. Mich schaudert, wenn ich denke, welch deutsche Kanzler hätten über mich stürzen können, wäre ich dem polnischen Oberleutnant nicht wie ein blindes und freches Stück Scheiße vorgekommen. Sondern wie einer, der ihm geeignet schien, aus Pullach zu holen, was nur den Obersten von Pullach unter die Augen kommen durfte.
Anstatt mich in die Was-wäre-wenn-Strudel zu stürzen, sage ich, was war. Nichts war, das kinoreif gewesen wäre. Der Raucher und die Raucherin begaben sich an die frische Luft, und keines von ihnen ist auf das fabelhaft Philbyhafte in mir zurückgekommen. Oder gar auf mich als den scharfsichtigen Blonden, dank dessen Anregung der beengte Mikołajczyk ins Freie fand.
Dennoch lebt das Geheimnis fort. Indem ich mich frage, ob ich ihnen auf den Vorschlag, einer neuen Roten Kapelle unter einem wieder polnischen Grand Chef beizutreten, offenbart hätte, ich stehe beim Grandesten Chef und Führenden Okarinisten im Sonderdienst als Ideengefäß. Oder ob ich in der Annahme, der Antrag komme von diesem Obersten Dirigenten, Hals über Kopf ins Engagement getreten wäre, um Kopf über Hals in eine Schlinge zu geraten, in der ich im letzten Augenblick dem Korrespondenten Richard Sorge verblüffend geähnelt hätte.
Das Geheimnis lebt fort in der halben Gewißheit, daß Frau Danuta und der Oberleutnant, die beide betonten, keine Grunwald-Slawen zu sein, vorzüglich deshalb so in ihren Rauch gesprochen haben, weil sie mir einen Bedenkensvorsprung geben wollten für den Fall, es komme einer mit dem schlafkürzenden Bescheid vorbei, der Genosse Leopold Trepper sei nicht tot und lasse grüßen.
Das Geheimnis lebt fort in der Gewißheit, daß Frau Wanda, die nicht nur weltbefahrener als alle Grunwald-Strelitzen, sondern auch einen Geschichtsschritt älter als Frau Danuta war, mich ansah, als wolle sie mir zweckdienliche Hinweise auf ein weniger gefährdetes Leben geben. Sie faßte ihre rauchenden Mitarbeiter und mich in einen einzigen Blick, der mich fragte, ob ich verstanden habe. Ob ich verstehe, daß zwischen denenvon mir die Rede sei. Und ob ich verstehe, was diese Rede von mir wolle.
Auch wenn ich mir dessen nicht bewußt und noch unvertraut mit den Künsten der Kommunikation war, muß ich ebenso für Frau Wanda deutlich lesbar gewesen sein. Denn in den Winkeln ihres uralten Mundes und ihrer jungen Augen saß, kaum hatte sie mich ausgeforscht, eine Zufriedenheit, die ich sonst, ging es um mich, an dieser Erzieherin nicht kannte. Was mich für sie freute, weil sie sich nicht vergeudet hatte, und was mich für mich freute, weil es das Ende des Verhörs in Sachen Ausflug Richtung hippokratische Schweiz bedeutete.
Und weil es mich aus der Pflicht entließ, einen weiteren Punkt zu erwähnen, der mich total untauglich machte für einen Dienst, in dem mich der polnischsprachige Teil des pädagogischen Rates ohnehin nicht sehen wollte. Nur ungern hätte ich die Sache benannt, obwohl es technisch einfach gewesen wäre. Ich hätte nur berichten müssen, wie mein zweiter Stadtgang ausgefallen war. Jener, der Licht in eine Sache bringen sollte.
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Kaum hatte ich aus den Händen des internationalen Rot-Kreuz-Mannes ein schweizerisches Pharmapräparat erhalten und dessen erste Kapsel im Treppenhaus in der Annahme geschluckt, dank ihrer werde mein Augenlicht spätestens im Erdgeschoß wieder aufgehen, plante ich schon, dieweil ich aller Gärtner und Sanitäter ledig war, den allzu direkten Heimweg in die Gęsia mit einem Umbogen zu versehen. Selbst wenn mir die Pillen nicht sofort die Schuppen von den Augen rissen, verbleibe genügend Zeit, noch bei Taglicht in die Gęsiówka heimzukehren.
Gesagt, getan, und trinkt, ihr Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluß der Welt. Nun, Überfluß, und goldner dazu, aber ich bin, die lichtbringende Phiole in meinem Wams und mit Empfindungen reich versehen, über Europens Hauptallee, die Marszałkowska heißt, dahingeschritten.Auch wenn meine holzbesohlten Pantinen dieses Mal der Führung durch eiserne
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