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Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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des Plemplems wechselte Pavels Gesichtsausdruck von zornigem Unverständnis zu großem Kummer. Dragomira streckte die Hände aus und sah ihn flehentlich an. Pavel zögerte einen Augenblick, dann wandte er sich ab und nahm Oksa in die Arme.
    »Der Plemplem hat recht«, sagte Naftali. »Marie ist den Treubrüchigen viel zu viel wert, als dass sie das geringste Risiko eingehen würden. Ich würde zwar nicht gerade sagen, dass sie in guten Händen ist, aber ich bin doch der Meinung, dass sie sehr fürsorglich behandelt wird.«
    »Es hätte gar nicht erst passieren dürfen!«, erwiderte Pavel und warf seiner Mutter einen eisigen Blick zu. »Es war ein Fehler von mir, dir zu vertrauen!«
    »Mein Sohn …«, sagte Dragomira matt.
    »Hör auf damit, Pavel!«, sagte Abakum streng. »Du kannst dir doch denken, dass Dragomira alles getan hat, was sie konnte, um das zu verhindern.«
    »Dann sollte sie sich vielleicht lieber gar nicht erst einmischen, wenn das Ergebnis so aussieht!«, zischte Pavel böse.
    »Hört auf, euch zu streiten!«, rief Oksa gequält. »Wir müssen Mama befreien! Das ist das Allerwichtigste.«
    »Wir wissen einiges über den Ort, an dem Marie gefangen gehalten wird«, versicherte Naftali. »Und wir dürfen nicht vergessen, dass Dragomiras Wackelkrakeel ein hervorragender Spion ist.«
    »Zu Diensten, Freund der Alten Huldvollen!«, meldete sich das Krakeel.
    »Sobald ihr wieder zu Kräften gekommen seid, brechen wir zu den Hebriden auf«, schlug Naftali vor. »Ich habe schon verschiedene Pläne im Kopf.«
    »Ihr solltet die Verdoppelung der Wachsamkeit betreiben«, unterbrach ihn der Plemplem, »denn die Verluste sind der Schwere bereits begegnet. Unternehmt nicht den Sturz ins Vergessen: Die Hälfte Eurer Dienerschaft und die Bruderschaft der Alten Huldvollen haben ihr Leben in dem Gemälde gelassen.«
    Ein tiefer Schluchzer erstickte die letzten Worte des Plemplems, und eine tödliche Stille senkte sich herab, als sie plötzlich daran erinnert wurden, wer immer noch fehlte.
    »Leomido? Wo ist Leomido?«, fragte Oksa aufgelöst.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Dragomira noch gehofft, dass sie ihren Bruder doch wiedersehen würde. Es war schließlich möglich, dass der Plemplem sich mit seiner Vorhersage getäuscht hatte. Doch nun brach die Welt für sie zusammen. Natürlich hatte der Plemplem sich nicht getäuscht. Er täuschte sich nie.
    »Wo ist Leomido?«, wiederholte Oksa ihre Frage.
    »Leomido wird nicht zurückkommen«, erklärte Dragomira mit gebrochener Stimme.
    »Aber … das kann doch gar nicht sein!«, flüsterte Remineszens und drückte Zoé an sich.
    Der Kummer traf sie alle mit voller Wucht, es brach ihnen das Herz. Auf einmal erhellte ein mächtiger Blitz das Wohnzimmer. Dann erschien ein merkwürdiger Lichthof, in dem Goldstaub glitzerte.
    »Die Alterslosen Feen …«, hauchte Oksa.
    Eine schwarze Gestalt zeichnete sich in dem Lichthof ab. Der Rabe breitete seine großen Flügel aus und drehte eine Runde durch das Wohnzimmer, ehe er sich zu Oksas Füßen niederließ.
    »Junge Huldvolle, Rette-sich-wer-kann, Geschöpfe Von-Drinnen, seid gegrüßt! Ich überbringe Euch den ewigen Dank der Bewohner des Gemäldes!«, sagte er.
    Die Worte kamen zusammen mit den gewohnten schwarzen Rauchwolken aus seinem Schnabel und stiegen majestätisch zur Decke auf.
    »Wo ist Leomido?«, fragte Oksa erneut.
    »Der Mauerwandler huldvollen Blutes, Sohn von Malorane und Waldo, Bruder der Alten Huldvollen Dragomira, des Treubrüchigen Orthon und von Remineszens, ist nicht mehr«, verkündete der Rabe ernst.
    Für einen kurzen Moment herrschte absolute Verständnislosigkeit, doch dann schauten alle zu Dragomira und Remineszens, die beide die Augen aufgerissen hatten. Der Schock der Erkenntnis breitete sich schnell aus und traf fast alle völlig unvorbereitet.

Die unerträgliche Wahrheit
    W
as erzählst du da?«, stammelte Oksa. »Hast du den Verstand verloren? Bist du auch wahnsinnig geworden wie das Herz-Erforsch?«
    Sie beugte sich zu dem Raben und wollte ihn auf den Arm nehmen, doch er war genauso ungreifbar wie ein Gespenst. Beim Kontakt mit der Jungen Huldvollen löste er sich in einer Wolke dunklen Dunstes auf. Kurze Zeit später setzte die Silhouette sich wieder zusammen.
    »Eure Herzen sind nicht bereit zu akzeptieren, was ich sage, aber es ist alles wahr.«
    Bei diesen Worten stakste der Rabe aufs offene Fenster zu und stellte sich abflugbereit auf.
    »Aber – du kannst doch so nicht wegfliegen!«,

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