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Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Oksa Pollock. Die Entschwundenen

Titel: Oksa Pollock. Die Entschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Madame Pollock, dass Sie das junge Mädchen heute hierher begleiten!«
    Dragomira zögerte einen Augenblick, was allerdings nur Zoé auffiel, dann fuhr sie fort: »Sie wissen es vielleicht noch nicht, aber Zoé ist meine Großnichte.«
    »Das wusste ich tatsächlich nicht!«, sagte Monsieur Bontempi verwirrt. »Also war Mr McGraw ebenfalls mit Ihnen verwandt?«, fragte er unsicher.
    »Wir waren entfernte Verwandte, hatten aber sehr wenig Kontakt. Wir hatten kaum Gemeinsamkeiten, wissen Sie«, fügte sie in vertraulichem Ton hinzu. »Aber sagen Sie, ist das nicht Madame Crèvecœur, die ich dahinten sehe?«
    Monsieur Bontempi drehte sich um. Beim Anblick der hübschen jungen Lehrerin, die sich in der Mitte des Schulhofs gerade mit einigen Schülern unterhielt, erschien sofort ein Strahlen auf seinem Gesicht.
    »Es scheint ihr ja gut zu gehen!«, bemerkte Zoé, die sich freute, ihre Geschichts- und Erdkundelehrerin wiederzusehen.
    »Ja. Dank deiner wundervollen Großtante, die sich so gut mit Heilkräutern auskennt!«, entgegnete Monsieur Bontempi.
    Dann drückte er Dragomira die Hand.
    »Ich werde Ihnen ewig dankbar sein für das, was Sie für Bénédicte getan haben, Madame Pollock. Nie wieder werde ich die Heilkraft von Pflanzen infrage stellen. Vor Ihnen steht der eifrigste Verfechter der Naturheilverfahren!«, fügte er mit einem Lächeln hinzu. »So, und jetzt muss ich zum Podium gehen, die Schüler warten auf mich. Auf Wiedersehen, Madame Pollock. Bis später, Zoé!«
    Er deutete eine kleine Verbeugung an, machte kehrt und ging zu dem im Schulhof aufgebauten Podium. Bevor Zoé ihm folgte, warf sie Dragomira noch schnell einen erstaunten Blick zu.
    »Ich wusste gar nicht, dass du Madame Crèvecœur behandelt hast!«
    »Ich konnte die arme Frau doch nicht ihrem Unglück überlassen«, sagte Dragomira und schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre wunderschönen Ohrringe in Form einer Vogelschaukel klimperten. »Ich habe Monsieur Bontempi meine Hilfe angeboten. Und er hat sie – zunächst noch skeptisch – angenommen. Aber wie du gemerkt hast, konnte ich ihn schnell überzeugen.«
    »Erinnert sie sich denn jetzt an … alles?«, fragte Zoé vorsichtig.
    »Um Himmels willen, nein!«, rief Dragomira mit gespieltem Entsetzen. »Sagen wir, dass ihr Gedächtnisverlust sich nur noch auf einen gewissen Zeitraum beschränkt.«
    Zoé schmunzelte.
    »Was hast du denn, mein Kind?«
    »Ich habe noch nie jemanden so gut …«
    Unsicher stockte sie.
    »… so gut lügen hören?«, ergänzte Dragomira an ihrer Stelle. »Ich weiß, meine Liebe, ich weiß. Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass ich nicht gerade stolz darauf bin? Aber leider gehört Lügen zur Überlebensstrategie der Rette-sich-wer-kann. Wenn wir nicht alle schon mal gelogen hätten, würde es uns längst nicht mehr geben.«
    »Jedenfalls warst du gut auf das Gespräch vorbereitet!«
    »Den Fragen, die einem gestellt werden könnten, vorzugreifen, ist eine unerlässliche Kunst. Das und lügen können«, schloss Dragomira nachdenklich. »Jetzt aber los, geh zu deinen Freunden! Schau mal, sie warten schon auf dich.«
    Monsieur Bontempi war ebenfalls gut vorbereitet: Zoé kam in dieselbe Klasse wie ihre Freunde Merlin und Zelda. Das war schon mal eine große Erleichterung, weil sie sich oft sehr einsam fühlte. Außerdem sollten auch Gus und Oksa wieder in die Wasserstoffklasse kommen, wenn sie ihre Tropenkrankheit auskuriert hatten, wie der Rektor verkündete. Leider stand Hilda Richard – die Neandertalerin – ebenfalls auf der Klassenliste. Zu Merlins großem Ärger.
    Während er noch vor sich hin grummelte, fiel sein Blick auf Dragomira, die etwas abseits an einer riesigen Engelsstatue lehnte. Sie machte ihm ein unauffälliges Zeichen mit der Hand und lächelte leise. Seit sie ihm das Gemälde anvertraut hatte, hatten sie jeglichen Kontakt vermieden, um ihr Geheimnis umso sicherer zu hüten. Jeder von Dragomiras Schritten wurde von den Treubrüchigen beobachtet, aber auch Merlin wurde von ihnen überwacht. Das wusste er, denn bei seiner Rückkehr vom Big Ben, wo er das Gemälde versteckt hatte, war die Wohnung seiner Eltern verwüstet gewesen. Alle Zimmer waren auf den Kopf gestellt worden, aber nichts gestohlen. Nicht mal der nagelneue Computer! Nicht mal der Zwanzigpfundschein, der offen auf einem Tisch herumlag. Daher war Merlin überzeugt, dass es kein gewöhnlicher Einbruch gewesen war. Bei der Erinnerung daran überlief es ihn kalt. Wenn Oksa doch

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