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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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ihre abgewetzte Tagesdecke.
    »Gus liebt dich, Oksa«, wiederholte Zoé. »Schon immer.«
    »Jetzt übertreibst du aber ein bisschen.«
    Zoé schüttelte den Kopf.
    »Du weißt genau, dass das stimmt.«
    Eine von Andrews Töchtern kam ins Zimmer.
    »Entschuldigt, Mädels, ich suche bloß ein Handtuch …«
    Die junge Frau wühlte in dem riesigen Wandschrank.
    »Da!«, rief sie und hielt das Handtuch hoch, das sie schließlich in einem Stoß Bettwäsche entdeckt hatte. »Jetzt könnt ihr weiterreden«, sagte sie mit einem Augenzwinkern und schloss leise die Tür hinter sich.
    »Darf ich dir eine Frage stellen?«, hob Zoé erneut an. Ihre Stimme klang irgendwie traurig.
    »Ja …«
    »Liebst du ihn?«
    »Wen?«
    Zoé seufzte.
    »Allmählich habe ich das Gefühl, du hältst mich für total bescheuert … oder aber du hast überhaupt kein Vertrauen zu mir.«
    Oksa schlang die Arme um ihre Knie.
    »Aber Zoé! Wir reden doch von Gus!«, antwortete sie. »Ich kenne ihn einfach schon so lange.«
    »Ja, aber das heißt doch nicht, dass du ihn bloß wie einen Bruder liebst, oder?«
    Die Erinnerung an ihren letzten Kuss erfüllte Oksa mit einem zarten Gefühl. Mit Wärme.
    »Nein«, gab sie zu. »Nicht bloß wie einen Bruder.«
    »Liebst du ihn so wie Tugdual?«, fragte Zoé hartnäckig weiter.
    »Wie ich Tugdual geliebt
habe
, meinst du wohl«, verbesserte Oksa sie.
    Zoé sprang aufs Bett und kniete sich vor Oksa hin.
    »Du ahnst nicht, wie froh ich bin, dass du das gesagt hast!«, rief sie aus und ihre Augen leuchteten vor Freude. »Denkst du noch an ihn?«, fragte sie. »Trotz allem?«
    Oksa nahm ihre Hände und drückte sie fest.
    »Zoé, um das mal klarzustellen: Ich habe seit unserer Rückkehr so einiges kapiert. Ich war dreizehn, als ich Tugdual zum ersten Mal begegnet bin. Dass sich ein Junge wie er für mich interessierte, war aufregend, es hat mir geschmeichelt und mir Selbstvertrauen gegeben. Ich weiß nicht genau, warum ich so reagiert habe, aber ich glaube, ich wollte ihm einfach gefallen … um zu sehen …«
    »Um eine Erfahrung zu machen?«
    »Ja. Und je mehr ich das Gefühl hatte, dass ich ihm gefiel, umso mehr gefiel er mir. Das war wie ein Wirbelsturm, in dem man nichts mehr sieht.«
    »Das hast du also erkannt …«
    »Ja, als ich Gus wiedergesehen habe.«
    Zoé holte tief Luft.
    »Meine Frage wird dich bestimmt ärgern, vielleicht sogar wütend machen, aber … wenn Tugdual jetzt hier wäre, bei uns, für wen würdest du dich entscheiden?«
    Entgegen Zoés Befürchtung überlegte Oksa ganz ruhig und ernst.
    »Gus ist für mich kein Trostpreis, falls du das wissen wolltest.«
    Zoés Gesicht strahlte.
    »Genau das wollte ich hören.«

    Die Einschränkungen des Alltags und dazu das enge Zusammenleben machten das Dasein im Haus am Bigtoe Square von Tag zu Tag schwieriger. Als dann eines Tages Oksa und Kukka wegen einer Lappalie beinahe handgreiflich wurden – irgendeine blöde Geschichte wegen eines ungefragt ausgeliehenen T-Shirts –, wurde den Bewohnern endgültig klar, dass die Grenzen des Erträglichen erreicht waren.
    »Ich schlage vor, dass wir uns in meinem Haus einrichten«, verkündete Abakum, als alle vollzählig zu einer Lagebesprechung beisammensaßen. »Es hat zwar ein wenig gelitten, aber es ist sehr groß, wir würden dort also wesentlich mehr Platz haben als hier.«
    Oksa lächelte. In der letzten Nacht hatte sie nämlich einen großen Hasen über den Platz vor dem Haus springen sehen. Sie schlief momentan so schlecht, dass sie den Großteil der Nacht damit verbrachte, aus dem Fenster zu sehen und tausenderlei Gedanken nachzuhängen.
    »Und wir werden dort auch sicherer sein«, fügte Pavel hinzu, für den dieser Aspekt ein ständiger Anlass zur Sorge war.
    »Weißt du, Papa, Orthon kann uns gestohlen bleiben«, warf Oksa ein. »Er hat bekommen, was er wollte: nach Edefia zurückkehren, seinem Vater zeigen, was für ein Kerl er ist, und wieder abhauen. Jetzt sind wir nur noch kleine Fische für ihn.«
    »Für den Augenblick mag das stimmen«, wandte Abakum ein. »Aber wenn wir etwas gegen ihn unternehmen und Orthon merkt, dass wir eine ernsthafte Bedrohung für ihn darstellen, dann schadet es nicht, wenn wir ein wenig ab vom Schuss sind, denn diskret wird ein mögliches Wiedersehen sicher nicht ablaufen. In magischer Hinsicht, meine ich.«
    »Ihm scheint es allerdings ziemlich egal zu sein, ob er entdeckt wird!«, stellte Gus fest. »Da! Er und seine zwei Söhne werden ständig irgendwo

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