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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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schließlich mit einem Anflug von Strenge. »Wir wollen essen. Das Tischfußballspiel ist für heute beendet.«
    Ohne Widerrede kletterten die Geschöpfe, ihren verbalen Schlagabtausch fortführend, die Treppe in den oberen Stock hinauf. Außer dem Kapiernix, der Oksa mit einem Ausdruck tiefer Verunsicherung ansah.
    »Irgendwo habe ich Euch schon mal gesehen«, murmelte er.
    »Geht mir genauso, Kapiernix, geht mir genauso«, brachte Oksa zwischen zwei Glucksern heraus.
    Ohne Oksa aus den Augen zu lassen, machte das Geschöpf es sich in der Nähe des Kamins bequem und vertiefte sich in die obskuren Windungen seines vergesslichen Gehirns.
    Ein Stück weit weg von ihm gab sich die Junge Huldvolle ganz der heiteren Stimmung dieses Abends hin. Dabei war das leckere Essen nicht der einzige Grund für ihr wohliges Gefühl und dessen war sie sich auch bewusst. Etwas war mit ihr geschehen. Etwas vollkommen Unerwartetes. Sie suchte Tugdual mit dem Blick, um sich zu bestätigen, was sie im Grunde schon wusste. Der junge Mann hatte ein Lächeln im Mundwinkel, schien aber ganz auf seinen Teller konzentriert zu sein. Ein paar unendlich lange Sekunden verharrte er so und ließ Oksa schmoren. Dann schaute er auf einmal auf und sah ihr direkt in die Augen.
    Oksa bekam eine Gänsehaut. Sie errötete und war auf einmal total durcheinander, schaffte es jedoch, diesen Blick mit derselben Intensität zu erwidern, einer Intensität, die sie noch nie zuvor gespürt hatte. Sie war mitten ins Herz getroffen. Ein Volltreffer.

Ein Notfall
    A
ls Abakum und Oksa am Sonntagabend in London am Bigtoe Square eintrafen, fiel ihnen schon von Weitem das Blaulicht eines Krankenwagens auf, das in Intervallen die Hausfassade erleuchtete.
    In panischer Angst sprang Oksa aus dem Beiwagen des Motorrads und rannte ins Haus. Kein Mensch im Wohnzimmer. Auch die Küche war leer. Dann sah sie vom Treppenabsatz der oberen Etage zwei Sanitäter mit einer Krankentrage herunterkommen, auf der ihre Mutter lag.
    »Mama!«
    Maries langes Haar hing in wirren Strähnen um ihr bleiches, angespanntes Gesicht. Ihre Arme lagen reglos neben dem Körper. Nur die Augen kreisten verwirrt in den Höhlen. Die Sanitäter blieben stehen, als Oksa auf ihre Mutter zustürzte.
    »Was ist passiert? Papa? Wo bist du?«, rief sie.
    Pavel Pollock kam aus dem Schlafzimmer. Sein Gesicht war ernst. In der Hand hielt er eine offene Reisetasche.
    »Oksa, meine Kleine! Deiner Mutter geht es nicht gut. Wir müssen sie schnellstens ins Krankenhaus bringen.«
    »Du siehst nicht so aus, als ob du fahren könntest, Pavel. Ich bringe euch hin«, bot Abakum Oksas Vater an. »Du kannst uns unterwegs erklären, was passiert ist. Wo ist Dragomira?«
    »Ich komme!«
    Nun erschien auch die Baba Pollock im Treppenhaus. Sie ging auf Oksa zu und schloss sie in die Arme. Auf ihrem Gesicht lag ein ungewöhnlich besorgter Ausdruck, und noch ungewöhnlicher war, dass ihre Hände unkontrolliert zitterten und ihre Gesten fahrig wirkten. Sie trat zu Abakum und flüsterte ihm etwas ins Ohr, was den alten Mann erbleichen ließ.
    Alle vier stiegen in den Wagen der Pollocks. Abakum fuhr los und folgte dem Krankenwagen, der ihnen mit seiner Sirene einen Weg durch den Verkehr bahnte. Pavel, der wie gelähmt auf dem Beifahrersitz saß, erzählte mit rauer Stimme, was geschehen war.
    »Sie hat euch nichts davon erzählt, aber eigentlich fühlte sie sich schon seit ein paar Tagen nicht richtig gut. Sie hatte Schmerzen in den Gelenken, als ob sie Rheuma hätte. Ich habe sie auch noch mit ihrem Alter aufgezogen, wie immer«, sagte er mit einem erstickten Schluchzer. »Und am Freitag bekam sie dann auf einmal furchtbare Schwindelanfälle. Wir haben es auf den Elternabend und die Begegnung mit McGraw geschoben. Sie war ein wenig nervös, den ganzen Tag schon spürte ich ihre Anspannung. Aber mir war ja selbst bange vor dem Treffen und so habe ich nicht nach einer anderen Erklärung gesucht.
    Am Samstag sind die Schwindelanfälle dann schlimmer geworden und die Schmerzen haben auf ihre Augen übergriffen. Sie ertrug nur Dämmerlicht und konnte kaum noch etwas erkennen. Wir dachten, es wäre vielleicht eine schlimme Migräne. Dragomira hat einen Kräuterauszug zubereitet, der sie beruhigen sollte, doch der hatte gar keine Wirkung. Marie konnte sich wegen des Schwindels nicht mehr auf den Beinen halten. Schließlich döste sie ein und schlief bis heute Nachmittag.
    Dragomira und ich blieben abwechselnd bei ihr, weil wir uns große

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