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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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der Luftfüßler verwendet. Aber wie du dir denken kannst, mussten wir im Da-Draußen eine andere Pflanze finden. Zuerst haben wir Efeu, Kürbis und Dornenranken ausprobiert, doch dann ist es Abakum gelungen, Arboreszens aus dem Saft von gemeinen Windengewächsen wie der Winde und der Klematis herzustellen. Die Wirkung ist zwar nicht so gut wie bei Arboreszens aus Luftfüßlern, aber sie ist trotzdem ausreichend. Die Herstellung ist ziemlich kompliziert. Die Grundlage bildet ein Pflanzensaft: Dafür werden die Pflanzen in vollkommen reines Quellwasser eingelegt, dem Chrysopas beigegeben wird – ein Stein, der seine Energie aus der Nacht erhält – sowie Süßwasseralgen und der Schweiß von Froschlingen.«
    »Soll das heißen, dass Froschlinge schwitzen?«, fragte die Junge Huldvolle verwundert.
    »Aber natürlich!«, antwortete Dragomira lachend. »Zwar nur in winzigen Mengen, aber das macht ihren Schweiß umso kostbarer.«
    Oksa schnitt eine Grimasse, während ihr Granuk-Spuck an die zwanzig kleiner gelber Kügelchen einsaugte. Den Rest kippte die Baba Pollock in ein kleines Einmachglas und stellte es in ein Geheimfach hinter einem der vielen Bilder an der Wand.
    »Ist das dein Granuk-Versteck? Hinter Papas Porträt?«
    »Ja, aber das ist natürlich streng geheim. Außerdem reicht es nicht, den Aufbewahrungsort zu kennen, denn außer mir kann niemand das Versteck öffnen.«
    »Ah, das ist genau wie das Gitter bei Abakum und der Boden des Kontrabasskastens: Das Schloss gehorcht nur seinem Meister.«
    »Ganz genau.«
    Nachdem sie die Granuk-Vorräte bis oben hin aufgefüllt hatten und Oksa zusammen mit Dragomira die Formeln für jedes Einzelne von ihnen wiederholt hatte, ging sie wieder nach unten und legte sich in ihrem Zimmer aufs Bett. Die Hände unter dem Kopf verschränkt, blickte sie zum Sternenhimmel an ihrer Zimmerdecke hinauf. Sie hatte das Gefühl, keine Angst zu haben. Dank all der Dinge, die sie in den vergangenen Wochen gelernt hatte, der Granuks, ihrer eigenen Fähigkeiten – vor allem dem Knock-Bong, den sie am coolsten fand! – fühlte sie sich jetzt stärker denn je und in der Lage, neue Prüfungen zu bestehen.
    Mortimers Angriff hatte sie eigentlich ziemlich gut abgewehrt und ohne Zoés Eingreifen wäre sie allein mit ihm fertig geworden. Und als McGraw sie hoch oben in der Luft verfolgte, hatte sie auch erfolgreich Widerstand geleistet und der Treubrüchige hatte den Rückzug antreten müssen. Bei näherer Betrachtung hatte ihr Triumph in der Schule allerdings doch einen Schönheitsfehler. Wäre Gus nicht rechtzeitig aufgetaucht, so wäre Oksa den jungen McGraws ausgeliefert gewesen. Und das hätte sie noch weit mehr kosten können als eine gebrochene Rippe.
    Ganz zu schweigen davon, dass sie ihre Fähigkeiten in der Schule angewendet und damit riskiert hatte, dass jemand sie sah. Mehr als ein Mal hatte sie die grundlegende Regel gebrochen, dank der die Rette-sich-wer-kann fünfzig Jahre lang unbehelligt hatten leben können: bloß nie die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Beim Gedanken daran schämte sich Oksa furchtbar.
    Dann ging sie in ihrer Erinnerung ein paar Wochen zurück und durchlebte im Geist noch einmal die Szene in dem Heißluftballon. Wenn Leomido sie nicht so gut beschützt hätte, als McGraw ihnen den Schwarm Totenkopf-Chiropter schickte, was wäre dann aus ihr und Gus geworden? Und vor Kurzem erst, in Abakums Silo, wenn die Froschlinge sie nicht aufgefangen hätten?
    Ihr Vater sagte manchmal, mit Wenn könnte man die Weltgeschichte neu schreiben und dass es nichts bringe, ständig der Vergangenheit nachzuhängen. Doch heute war ihr dieser Satz kein Trost. Sie fühlte sich zwar sehr viel stärker, aber Dragomira hatte schon recht: Man musste besonnen bleiben und durfte sich bloß nie überschätzen. Oder sein Gegenüber unterschätzen, was auf dasselbe hinauslief. Denn trotz der allgemeinen Wachsamkeit war es McGraw gelungen, ihre Familie mitten ins Herz zu treffen.
    Und wenn er nun doch nicht der einzige Treubrüchige war, der Edefia verlassen hatte? Würden sich die Rette-sich-wer-kann alle zum Kampf aufraffen können? Waren sie wirklich geeint? Konnten sie auf Leomido zählen? Und auf Oksas Vater? Er schien der Rückkehr nach Edefia so ablehnend gegenüberzustehen. Allerdings konnte Oksa ihn auch verstehen. Schließlich hatte er diese angeblich so fabelhafte Welt nie selbst erlebt, ja, es war eigentlich gar nicht die seine. Obendrein war dieses Abenteuer alles andere als

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