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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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auch reden und mir angeblich alles erklären«, fuhr Oksa fort. »Sie hatte Tränen in den Augen und sah so traurig aus, dass ich beinah Mitleid mit ihr bekommen hätte. Aber dann habe ich sie einfach stehen lassen, ohne ihr zu antworten, und hab sie bloß so hart angesehen, wie ich konnte. Und Mortimer hat überall mit seiner blöden Insel angegeben, wo sie in den Ferien hinfahren wollen.«
    »Eine Insel?« Dragomira horchte auf.
    »Ja, eine Insel irgendwo vor Schottland, die sein Vater gekauft haben soll. Ihr hättet hören sollen, wie er damit herumprahlt! Unsere Insel hier, unsere Insel da – richtig peinlich! Mich hat er damit aufgezogen, wie komisch es gewesen sei, als sein Vater mich mit den zwei Froschlingen in der Luft festgehalten hat. Er sagte, ich hätte herumgezappelt wie ein Wurm am Haken und ich hätte ausgesehen wie ein fetter Blutegel. Ich hab ihm gesagt, dass jetzt jedenfalls sein Vater derjenige ist, der lächerlich aussieht, mit seinem zerkratzten Gesicht und seinem gekrümmten Rücken. Und daraufhin hat er gesagt, du wärst eine senile alte Schachtel, Baba, und bald wäre Schluss mit deiner Wunderheilerei«, schloss Oksa mit erstickter Stimme.
    »Verstehe«, gab Dragomira ruhig zurück. »Aber mach dir keine Sorgen. Ich bin vielleicht nicht mehr die Allerjüngste, aber ich habe noch einige Tricks auf Lager.«
    »Wo wir gerade beim Thema sind …«, fuhr Oksa fort und stützte den Kopf in die Hände, »Gus und ich hätten da ein paar Fragen. Vielleicht könnt ihr uns jetzt endlich mal eine Antwort geben.«
    Dragomira und Abakum tauschten einen schicksalsergebenen Blick: Offenbar kapitulierten sie allmählich vor Oksas Neugier.
    »Wir wissen, dass ihr, was eure Identität und Nationalität angeht, alle ein bisschen gelogen habt, als ihr im Da-Draußen angekommen seid«, sagte Oksa in die Stille hinein. »Ihr hattet ja auch keine andere Wahl. Und wir wissen auch, dass McGraw offiziell 1960 geboren sein soll, obwohl er in Wirklichkeit so alt ist wie Baba.«
    Gus setzte sich in seinem Sessel zurecht und hörte aufmerksam und gespannt zu. Auch ihn beschäftigte diese Frage seit einer Weile. Zur allgemeinen Überraschung meldete sich Leomido zu Wort: »Orthon … also McGraw, ist zwei Jahre älter als ich und sieben Jahre älter als Dragomira. Er muss also, wenn ich richtig rechne, siebenundsiebzig sein.«
    »Oh nein!«, rief Marie aus. »Siebenundsiebzig, das ist unmöglich!«
    »Ja, so eine Bemerkung hatte ich erwartet«, gab Leomido zu.
    »Entschuldigt bitte«, sagte Oksa. »Ich will wirklich nicht behaupten, dass ihr alt wirkt. Ihr seid super in Form für euer Alter, aber McGraw sieht einfach viel jünger aus. Siebenundsiebzig, das ist verrückt! Und außerdem wäre er ja längst in Pension, wenn er so alt wäre.«
    »Vielleicht hat er sich liften lassen«, schlug Gus vor. »Oder eine Verjüngungskur gemacht.«
    Bei diesen Worten schien bei Dragomira und Leomido ein Groschen zu fallen. Die beiden sahen sich fassungslos an.
    Abakum strahlte wie immer eine erhabene Ruhe aus, die nur daher rühren konnte, dass er sich über diese Frage schon ausgiebig Gedanken gemacht hatte. Er fragte in die entstandene Stille hinein: »Ihr glaubt doch nicht etwa, dass er …«
    Dragomira fasste sich mit beiden Händen an den Kopf und flüsterte: »Nein, ich will es einfach nicht glauben.«
    »Was?« , wagte Oksa zu fragen, wobei sie sich sehr zusammennehmen musste, um nicht laut zu werden.
    Gus’ und Oksas Eltern beobachteten diesen geheimnisvollen Austausch, ohne ein Wort zu sagen. Doch die drei alten Rette-sich-wer-kann waren so in ihren Gedankengang vertieft, dass ihnen die fiebrige Anspannung um sie herum völlig entging. Naftali lehnte sich mit besorgter Miene zu Marie hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf Marie leise entgegnete: »Ich hätte ihn auf ungefähr fünfundvierzig geschätzt, aber nie im Leben auf siebenundsiebzig.«
    Naftali gab Maries Bemerkung an Brune und Mercedica weiter und nun fingen auch diese drei geheimnisvoll zu tuscheln an.
    »Reagieren die immer so, wenn man das Wort ›Verjüngungskur‹ verwendet?«, fragte Gus flüsternd.
    Oksa sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und zuckte unsicher mit den Achseln. »Zumindest scheint es sie auf eine Idee gebracht zu haben … Und?«, wandte sie sich ungeduldig an die anderen. »Woran denkt ihr denn nun?«
    »Wir haben vielleicht eine Erklärung, die zu deiner Idee passt, Gus, denn was du gesagt hast, war gar nicht dumm«,

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