Oktoberfest
russischen Motoren vorbeifahren. Und ein paar gebellte Befehle vom Exerzierplatz.« Blochin hörte ein Glucksen. »Ich verbinde Sie in fünf Sekunden, vier, drei, zwei, eins.« Es knackte erneut in Blochins Kopfhörer.
»Guten Morgen, Herr Präsident«, sagte Generalmajor Oleg Blochin. »Was verschafft mir die Ehre Ihres Anrufes? Kann ich etwas für Sie tun?«
»Guten Morgen, General.« Die Stimme kam knisternd durch die Leitung. Das marode russische Telefonnetz. Blochin seufzte lautlos.
Mit der Gelassenheit eines Mannes, der es gewohnt ist, ausschließlich von Untertanen umgeben zu sein, fuhr der Präsident fort. »Ich wollte mich nach Ihrem Status erkundigen, General. Wie Sie wissen, bin ich immer sehr an einer engen Verbindung zu meinen besten Offizieren interessiert.«
Blochin hätte beinahe lachen müssen. So ein Heuchler. Jeder wusste, dass der Präsident dem Militär nicht über den Weg traute. Der starke Arm des Präsidenten war nicht mehr der militärische Geheimdienst, sondern der Inlandsgeheimdienst FSB.
»Wir sind einsatzbereit, Herr Präsident. Ich melde meine Kompanie in voller Stärke beim Geländetraining. Heute steht Häuserkampf auf dem Programm. Aber wenn Sie es befehlen, sind wir in einer halben Stunde abmarschbereit.«
»Sie befinden sich auf dem Gelände Ihres Stützpunktes?«, fragte der Präsident nach.
»Aber selbstverständlich, Herr Präsident. Wo sollten wir denn sonst sein?« Generalmajor Oleg Blochin machte eine Pause. »Haben Sie Befehle für uns? Hat es etwas mit der Sache in Deutschland zu tun? Wir haben es in den Nachrichten gehört. Das klingt ja nach einer furchtbaren Geschichte.«
»Nein, nein, darum geht es nicht«, wiegelte der Präsident etwas zu entschieden ab.
Hab ich dich erwischt, dachte Blochin.
»Herr Präsident, Sie kennen meine Akte. Sie wissen, dass ich für einen Einsatz in Deutschland ausgebildet bin. Wenn Sie sich entschließen, den Deutschen Ihre Hilfe anzubieten, stehen meine Männer und ich Ihnen natürlich als Freiwillige zur Verfügung.«
»Ich nehme das wohlwollend zur Kenntnis. Sollten die Deutschen tatsächlich um militärische Hilfe bitten, werde ich darüber nachdenken. Meinen Sie denn, es wäre Ihnen möglich, so ein Zelt zu stürmen?«
»Aber selbstverständlich«, sagte Blochin mit dem Brustton der Überzeugung. »Wir haben gerade in den letzten drei Monaten ein Sonderprogramm gefahren, um unsere Fähigkeiten bei Geiselnahmen zu verbessern.«
In diesem Moment verwarf der Präsident, der weit entfernt in Moskau saß, seinen Verdacht gegen Generalmajor Oleg Blochin. Niemand, der Strafe fürchtet und unter Verdacht steht, würde derartig freimütig bestätigen, dass dieser Verdacht zu Recht bestand. War auch sehr weit hergeholt gewesen, der Verdacht. Er hatte das Militär an der kurzen Leine. Die Spitzenmilitärs waren kaltgestellt. Der Präsident traute dem Militär nämlich nicht über den Weg.
»Danke für die Statusmeldung, General. Alles Gute für Sie und Ihre Männer. Auf Wiederhören!«
»Ihnen auch alles Gute, Herr Präsident. Auf Wiederhören!«
Blochin beendete das Gespräch durch den Druck auf eine Taste an seinem Funkgerät. Hatte der Präsident ihm die Geschichte abgekauft? Nach dem Klang der Stimme zu urteilen, ja. Außerdem hatte der Präsident nicht weiter nachgefragt. Wenn der Mann misstrauisch gewesen wäre, dann hätte er Genaueres von ihm wissen wollen.
Blochin war mit sich zufrieden. Er meldete sich bei Okidadse. »Ich denke mal, ich habe den Präsidenten überzeugt«, sagte er. Dann kam ein leises Kichern über die Lippen des Generals.
Okidadse stutzte. Was hatte er da eben gehört? Es klang, als ob der General kicherte. »Was ist los, General?«
»Ach nichts, Polkownik«, sagte Blochin. Kein Zweifel, der General kicherte. Irgendetwas schien den Mann zu amüsieren.
Als sich Blochin nach einer kurzen Pause wieder meldete, klang seine Stimme kontrolliert und ruhig. So wie immer. »Nun zu etwas anderem, Polkownik: Ich brauche einen Mann, der mit einem Richtmikrofon umgehen kann. Ich möchte eine bestimmte Person im Zelt abhören lassen.«
»Zu Befehl, General. Ich schicke Tomjedow auf den Westbalkon.«
»Danke, Polkownik. Der Mann soll die nächsten Stunden mitschneiden. Ich werde mich erst einmal hinlegen und schlafen. Sobald Iljuschin aufgestanden ist, bin ich ja wieder an der Reihe. Aber vorher zeige ich Ihrem Mann noch, welche Person ich observiert haben will.«
»Alles klar, General.« Okidadse beendete die
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