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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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gleich.« Amelie gluckste. »Erst später kam ich dann auf den Geschmack.«
    »Ich mochte als Kind Fischstäbchen auch am liebsten«, entgegnete Werner. Er senkte den Blick. Eine kurze Verlegenheit ließ ihn leicht erröten. Dann sah er Amelie wieder an. »Und das hat sich bis heute nicht geändert, ich mag die Dinger immer noch. Am besten mit Kartoffelsalat und Remoulade.« Er hielt kurz inne. »Aber frischer Fisch ist ja hier in der Gegend eher ungewöhnlich. Wenn man mal von den Fischereien am Chiemsee und so absieht. Stammst du nicht von hier?«, fragte er.
    Amelie ließ ein helles Lachen hören, das Werner förmlich überwältigte. Himmel, war dieses Lachen hinreißend.
    »Nein, in der Tat. Ich stamme nicht von hier. Ich komme aus Norddeutschland. Mein Vater ist Tierarzt in Elmshorn«, entgegnete Amelie.
    »Sieh an, eine Preußin.« Werner lächelte Amelie verschmitzt an. »Noch so eine Zugereiste.«
    Als er lächelte, hatte Amelie das Gefühl, seine Augen lächelten mit.
    Sehr sympathisch.
    Und attraktiv.
    Das Gespräch entspann sich wie von selbst. Es war tatsächlich so, dass sie sich einfach gut verstanden.
    Die Vorspeise war ausgezeichnet. Zum Hauptgang bestellte er eine zweite Flasche Wein. Der passte nicht nur hervorragend zum Fisch, sondern half ihm auch ein wenig über seine Schüchternheit hinweg.
    »Ich habe mich übrigens sehr gefreut, dass du mich in deinem Artikel in den Kreis der Münchner Prominenz erhoben hast«, sagte Werner, als sie mit dem neuen Wein anstießen.
    »Ehre, wem Ehre gebührt.« Amelie lächelte ihn kokett an. »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich mit einem Mann ausgehe, der nicht prominent ist?«
    Sie mussten beide lachen.
    Nach dem Essen hatte Werner endlich alle Schüchternheit überwunden und fragte Amelie geradeheraus: »Möchtest du vielleicht noch einen Cocktail trinken? Ich kenne hier in der Nähe eine sehr nette kleine Bar, das ›Maria Magdalena‹, dorthin würde ich dich gerne noch entführen.«
    Amelie neigte den Kopf zur Seite. Ihre Haarspitzen umspielten ihre Schulter.
    Werner verdrängte seine pornographischen Phantasien und lächelte unschuldig.
    »Gleich am ersten Abend noch in ein anderes Lokal?« Sie dachte kurz nach. »Warum eigentlich nicht?«
    So gingen sie die kurze Strecke nebeneinander. Amelie hängte sich bei ihm ein. Es durchlief ihn heiß und kalt.
    Auch in der Bar erzählten sie sich voneinander. Das Gespräch ließ sie die Zeit vergessen. Um halb eins beschlossen sie dennoch, den Abend zu beenden. Nicht ohne sich gegenseitig zu versichern, dass man bald ein neues Treffen verabreden müsse. Werner musste sich eingestehen, dass er ziemlich angetrunken war. Er bat den Barkeeper, zwei Taxen zu bestellen.
    »Wie ritterlich«, sagte Amelie.
    »Ehre, wem Ehre gebührt«, konterte er. »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich mit einer Frau ausgehe, die gleich am ersten Abend zu haben ist?«
    Abermals mussten sie beide lachen.
    Als die Taxen kamen, brachte Werner Amelie zu dem vorderen Wagen. Er öffnete ihr die Tür. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Der Kuss, den sie ihm diesmal gab, war nicht nur gehaucht. Seine Wange brannte, wo ihre Lippen sie berührt hatten.
    »Bis bald!«, sagte sie und stieg ein.
    »Das hoffe ich sehr«, entgegnete er und schloss die Wagentür.
    Nachdem das Taxi um die Ecke verschwunden war, sprang Werner Vogel in die Luft und stieß einen Freudenschrei aus.
    Das war ein guter Anfang gewesen.
    Ein sehr guter.
    Er ging zu dem zweiten Taxi, das auf ihn wartete.
    Das Auto, das ungefähr sechzig Meter entfernt parkte, fiel ihm nicht auf. Auch nicht der Mann, der in dem Wagen saß. Auf dem Schoß des Mannes lag eine Spiegelreflexkamera mit Teleobjektiv. Er hatte beim Verlassen des Lokals einige Fotos von Amelie und Werner gemacht und verfolgte Vogels Abfahrt jetzt mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck.
    Da hast du dir ja eine wahre Schönheit ausgeguckt, dachte der Mann in dem Wagen beifällig, während er dem Taxi hinterhersah. Hoffentlich verhebst du dich da mal nicht, mein junger Freund.
    *
    Grosny, Tschetschenien, 1994
    Dr. Kusnezow arbeitete schnell und konzentriert. Die Wunde war nicht tief. Er bekam den Splitter mit einer Pinzette zu fassen. Nachdem er das scharfkantige Metallstück entfernt hatte, wusch und desinfizierte er die Wunde, vernähte sie und legte einen Druckverband an.
    »Eine Narkose habe ich für so eine Wunde leider nicht zu bieten, Major. Ich muss meine Mittel für die schwerer Verwundeten sparen. Aber diese

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