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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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Alkohol-mengen und die Joints. Doch laut und unter Freunden kann ich das alles nicht sagen, sonst gelte ich als Spaßverderber und Mutter-Bubi. Ein paarmal habe ich versucht, dem Harri und dem Florian dezent meine Meinung zu sagen, aber da bin ich nicht angekommen. Sie haben behauptet, ich
    »traue« mich bloß nicht; darum sei ich so sauer. Dabei hat das nichts mit »trauen« zu tun. Einmal habe ich ja auch, ich hab bereits davon erzählt, von so einem verdammten Haschkuchen gefressen. Nur war da nichts außer Magenzwicken. Mein Verdacht ist nämlich der, daß bloß die Hälf-te von dem Zeug, das zum Gifteln auf Partys kursiert, echt ist. Aber das nehmen mir der Harri und der Florian auch nicht ab. Sie meinen, bei mir zeige das Zeug deswegen keine Wirkung, weil ich mich »sperre«, innerlich zur Wehr
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    setze; was ein Unsinn ist, denn bei Tante Lieserls letzter Geburtstagsfeier habe ich drei Gläser Sekt getrunken und mich innerlich enorm gegen den Schwips zur Wehr gesetzt, aber das hat nichts geholfen. Durchs Haus bin ich geschlin-gert wie ein seekranker Dampferpassagier, und die Mama hat mich ausziehen und ins Bett legen müssen, weil ich die Badewanne mit meinem Bett verwechselt hatte und partout in der Wanne schlafen wollte.

    Während der Harri und der Florian blöd auf mich einkicher-ten, überlegte ich mir, wie ich ohne viel Aufsehen die Flucht ergreifen könnte, doch da hörten die Tänzer zu tan-zen auf, und der Jo kletterte durchs Fenster herein und jammerte, daß er nie mehr eine Party werde steigen lassen, weil neunzig Prozent seiner Gäste meschugge seien, überall Mist herumliege, und vier Gläser seien auch schon zerbrochen, die Tapete in der Küche habe braune Spritzer abbe-kommen, ein Volltrottel habe im Mikrowellenherd ein Ei grillen wollen, und nun sei das Ei zerplatzt und der ganze Herd versaut, und bis Montag früh müsse der Schaden be-hoben sein, und wie er das schaffen solle, wisse er nicht.
    Dann kam die Erbswurstsuppe mit einem Teller Brote ins Zimmer. Sie sah mich, schrie verzückt »Wolfi«, verdrängte den Harri und den Florian von meiner Seite, wummerte sich neben mich aufs Sofa und flötete mir ins Ohr, daß sie glücklich sei, mich zu sehen und daß sie verzweifelt eine Stunde lang bei mir zu Hause angerufen habe, aber nur das Besetztzeichen sei zu hören gewesen. Sie säuselte noch allerhand anderes, doch das konnte ich nicht mehr verstehen, weil im Garten draußen ein Irrsinnsgebrüll anhob. Der Jo lief zum Fenster und fluchte. Seinen Verwünschungen
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    und Klagen war zu entnehmen, daß der Oskar, einer aus der Parallelklasse, den Gartenschlauch entdeckt hatte und die anderen bespritzte. Und die Bespritzten ergriffen die Flucht und trampelten dabei kreuz und quer durch die Beete und Rabatten und achteten der sprießenden Tulpen, Narzissen und Märzenbecher nicht.
    »Helft mir die Deppen bändigen«, flehte der Jo.
    Niemand zeigte sich besonders willig. Dann klingelte das Telefon, und einer von denen, die vorher getanzt hatten, hob den Hörer ab. »Weißes Haus, Ronald Reagan himself«, sagte er in den Hörer. Alle außer mir und dem Jo lachten.
    Der, der sich für Reagan ausgab, lauschte ein wenig in den Hörer und sprach dann: »Sie alter Affe, Sie! Regen Sie sich bloß ab!« Der Jo entriß ihm den Hörer und knallte ihn auf die Gabel.
    »Spinnst?« brüllte er. »Der beschwert sich doch bei meinen Alten!«
    »Sorry«, sagte der Ronald Reagan schuldbewußt.
    Der Jo lief wieder zum Fenster. Das Geschrei im Garten wurde immer lauter. »Diese Trotteln! Das geht doch nicht!«
    stöhnte er. Ich erhob mich vom Sofa, ging zum Jo und sagte: »Ich geh mit dir. Irgendwie werden wir die Deppen schon beruhigen!«
    Wir stiegen durchs Fenster. Am Terrassentisch waren nur noch der Axel und die Joschi. Der Axel hatte einen Arm auf Joschis Schultern liegen. Versonnen wie ein altes Ehepaar hockten sie da und schauten der Spritzschlacht zu, als sei die eine TV-Show.
    »Axel, komm mit uns, wir müssen die beruhigen, wirklich!« bat der Jo. Aber der Axel schüttelte den Kopf. Nie im

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    Leben, erklärte er, nähere er sich so einer irren Wahn-sinnsmeute !
    »Aber sie machen alles kaputt! Meine Alten drehen durch, wenn sie heimkommen!« Der Jo war echt verzweifelt. Der Axel zuckte ungerührt mit den Schultern.
    »Dein Problem, Bruder in Christo«, murmelte er.
    Die Joschi stand auf. »Dreh ihnen doch einfach das Wasser ab«, sagte sie. Der Jo schaute dankbar und rannte los, Richtung

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