Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)

Larsson?“, fragte Meinhold zurück.
    „Ja.“
    „Sicher, da ist schon eine Parallele. Zumindest in der Tatausführung.“ Meinhold trug heute ihr Haar wieder offen. Sie schüttelte schnell ihren Kopf, als wolle sie eine Fliege verscheuchen.
    „Wer ist Lisbeth Salander?“, fragte Hell. Er ersparte es sich, in seiner Freizeit auch noch Kriminalromane zu lesen.
    „Das ist die Protagonistin einer Romantrilogie des Autors Stieg Larsson. Lisbeth Salander ist 1,54 klein, bleich, mager und hat kurze schwarzgefärbte Haare. Sie ist 24, sieht aber eher aus wie 14. Ihre Nase und ihre Augenbrauen sind gepierct, auf ihrer linken Schulter ist ein Drachen eintätowiert, im Nacken trägt sie ein Wespen-Tattoo und auch um ihren linken Oberarm und ums Handgelenk schlingen sich Tätowierungen. Sie trägt eine schwarze Lederjacke und ebenso schwarze Jeans und Stiefel. Lisbeth Salander ist neben dem Journalisten Mikael Blomkvist die Heldin von Stieg Larssons preisgekrönter Millenniumtrilogie.“ Klauk war völlig in seinem Element. Seine Augen sprühten Feuer.
    „Und was hilft uns das hier in dem Fall?“
    „Sie handelt wie unser Täter. Als 12-Jährige wird sie in die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Uppsala eingewiesen – wie es dazu kam, wird erst im Laufe der Geschichte klar. Als Erwachsene steht Salander unter Betreuung, was zu einem großen Problem wird, als sie plötzlich einen neuen Betreuer bekommt, der sie missbraucht. Doch Lisbeth Salander weiß sich zu wehren. Ihrem Betreuer gegenüber auch, den sie in seiner Wohnung überfällt und etwas auf die Brust tätowiert.“
    Hell lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Interessant Klauk. Sie wollen damit andeuten, dass es auch eine Frau sein könnte?“
    „Nein, Chef, das wollte ich eigentlich nicht. Mir fällt nur die Parallele auf. Flottmann hat ‚Ich ficke Tiere‘ auf der Stirn stehen, der Betreuer Salanders bekommt ‚Ich bin ein widerlicher Vergewaltiger‘ auf die Brust tätowiert.“
    „Was sagt uns das denn überhaupt? Wenn wir mal von der parallelen Ausführung in ihrem Roman und der Realität absehen?“ Hell spürte die Dynamik, die sich langsam aufbaute.
    „Er will Flottmann bloßstellen. Jeder soll sehen oder besser gesagt, lesen, was der für ein Mensch ist. Das ist stark moralgeprägt.“ Wendt war aufgestanden und fegte die Krümel eines Croissants von seiner Hose. Er öffnete ein Fenster.
    „Und in Verbindung mit dem Mord an Lohse ist es eine Warnung an alle Zoophilen. Erst das Zusammenspiel von beiden Taten ergibt einen Sinn“, sagte Meinhold.
    In dem Moment öffnete sich die Türe und Seib trat in den Raum. Er sah hohlwangig und übernächtigt aus.
    „Ich wollte nur kurz berichten, wir haben in Flottmanns Wohnung nicht eine einzige Faser eines anderen Menschen gefunden. Unser Täter ist extrem vorsichtig und gut organisiert. Nicht einmal auf dem Klebeband, mit dem er Flottmann gefesselt hatte, gab es Abdrücke. Die Kabelbinder stammen aus einem Baumarktsortiment und werden dort zu tausenden verkauft. Da finden wir keine Spur.“
    „Danke für die Info!“ Hell blickte zu ihm hinüber. Seib verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß und schloss die Türe hinter sich.
    „Ok, wir haben einen Täter oder eine Täterin – ich möchte das im Moment noch nicht ausschließen - der intelligent, sehr vorsichtig und bestens organisiert ist. Er ist kaltblütig, kennt sich in der Szene anscheinend gut aus und er hasst diese Leute. Das macht ihn extrem gefährlich.“ Hell stand ebenfalls auf und stellte sich vor die Wand mit den Fotos. „Was haben wir sonst? Irgendwas, was das, was wir nicht wissen, ausgleicht?“
    „Ich habe alle Druckereien der Umgegend auf deren Seriosität abgeklappert, die Kollegen von der Sitte gefragt, ob da schon mal einer aufgefallen ist, der unter dem Ladentisch vielleicht Pornos oder Anderes produziert. Dabei kamen zwei Namen zum Vorschein. Einmal die Druckerei Bündgen, der Besitzer ist ein gewisser Gregor Bündgen. Der ist schon mal aufgefallen, als er Pornos aus dem Ostblock unter dem Ladentisch verhökert hat. Mehr als ein böses ‚Dudu‘ ist ihm aber nicht passiert. Die andere Druckerei gehört einem Achim Klingenberg. Sie haben sich auf Internetgeschäfte spezialisiert, nachdem die Druckerei schon einmal kurz vor der Insolvenz stand. Jetzt läuft der Laden wohl wieder. Ich werde heute beiden Mal einen Besuch abstatten. Es sollte sich auch einer um die Tattoo-Studios kümmern. Gab es dort Einbrüche? Ich vermute, dass