Oliver Hell - Das zweite Kreuz
Gespräch an. „Ja, schön, dass Du dich meldest. Wie geht es dir?“ Er lächelte.
„ Gut“, sagte Franziska Leck, „Ich wollte nur kurz fragen, wie es mit dem Wochenende aussieht? Was macht dein Fall? Hast Du Zeit für mich?“
Hell blickte auf die Wand im Flur. Jemand hatte ihm heute Morgen beim Kaffeeholen freudig berichtet, dass es noch in der nächsten Woche mit dem Umzug losgehen würde. Unter anderen hatte er erwähnt, dass die Flure dort licht und freundlich sein sollten. Mit Fenstern. Im neuen Präsidium. Hell wünschte sich gerade dorthin. Der Flur kam ihm jetzt im Moment alt, grau und muffig vor. Schäbig.
„ Der Fall nimmt gerade eine komische Wendung. Wir haben heute eine Mumie ausgegraben. Aber ich will dich nicht langweilen, sicher kannst Du wie besprochen kommen. Ich freue mich. Wir könnten essen gehen?“
„ Ja, gerne. Ich wäre dann gegen halb acht bei dir? Ist das ok?“
„ Sicher. Ich freue mich auf dich“, sagte Hell noch und trennte das Gespräch.
Hell seufzte und öffnete die Türe zum Besprechungsraum. Sofort waren alle Augen auf ihn geheftet. Das Gemurmel erstarb. Alle waren anwesend. Klauk und Wendt hatten Rosin schon von der Mumie berichtet. Sie hatte große Augen gemacht.
Hell setzte sich auf seinen Stuhl. „Was haben wir?“
Er sah Rosin die Augenbrauen heben. „Lea?“
„ Ich habe eine Locke von Günther Adelberg in die KTU gebracht. Die hat mir Frau Adelberg zur Verfügung gestellt. Wenn sie die DNA genommen haben, hat Doktor Beisiegel ihre Vergleichsprobe.“
„ Und die andere Sache?“
„ Ihr Sohn? Sie beharrt darauf, ihn nicht gesehen zu haben. Ich sah allerdings im Flur einen Mantel hängen. Einen Herrenmantel. Und sie war merkwürdig gefasst, als ich ihr mitteilte, dass wir ihren Mann exhumiert haben.“
„ Was denkst Du?“
Rosin nickte vielsagend. „Ich denke, sie wusste es bereits. Woher auch immer. Sie drohte noch nicht einmal mit ihrem Anwalt. Sie bemerkte nur, dass sie ihn informieren würde.“
„ Ich denke, wir sollten die Umfeld Kontrollen verstärken. Die Wohnung von Frau Adelberg sollte observiert werden. Lea, kümmerst Du dich?“
Sie nickte.
„ Und die anderen?“
„ Die Mumie ist bei Doktor Beisiegel angekommen. Ich habe eben noch mit ihr telefoniert“, sagte Klauk.
„ Was ist mit dem Bankkonto? Gibt es da was Neues?“
„ Wir warten noch auf die Erlaubnis, die Konten zu checken. Ebenso auf den Beschluss, der uns erlaubt, die Akten in Olbrichs Beerdigungsinstitut zu sichten.“
„ Woran hängt es? Bekommt sie so schnell es geht! Das Ultimatum läuft ab. Uns läuft die Zeit davon.“
Hell tippte mit dem Zeigefinger auf den Tisch.
„ Es hängt an Gauernack. Der war heute nach dem Friedhof nicht zu erreichen. Er sollte das absegnen, damit wir keine Probleme bekommen“, sagte Klauk.
„ Ich kümmere mich. Wer von euch kümmert sich um den Aufenthaltsort von Ingo Adelberg? Findet heraus, ob er zurzeit im Ausland ist. Wenn ja, können wir ihn getrost als Verdächtigen streichen. Ich habe heute noch ein Treffen mit einem Mann namens Livré. Er und Adelberg waren kurz vor Adelbergs Tod zusammen in Peru. Die Mumie, die Koordinaten. Ich will verdammt endlich wissen, wer uns hier an der Nase herumführt.“
Hell bohrte sich die Fingernägel in die Handflächen.
Die Aufgaben waren schnell verteilt. Klauk kümmerte sich um Adelbergs Aufenthaltsort, Wendt brach nach einer Stunde auf, um die Aktenschränke der Firma Olbrichs einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Zwei Mitarbeiter der KTU begleiteten ihn dabei.
Nach einem Anruf bei Brigitte Hansen lag der Durchsuchungsbeschluss binnen einer halben Stunde auf dem Schreibtisch der Beamten.
Rosin öffnete die Fenster im Besprechungsraum. Draußen war der Nebel verflogen und hatte einem strahlenden Tag Platz gemacht. Frische, klare Luft strömte in den Raum. Sie wartete auf Hell. Der hatte sie gebeten, ihn zu dem Besuch bei Livré zu begleiten.
Schon öffnete sich die Türe. „Na dann kann es ja losgehen“, sagte Hell, die Klinke noch in der Hand.
*
Der Alarm schrillte. Die rote Warnlampe blinkte stumm ihre verhängnisvolle Botschaft.
Zwei Ärzte rannten im Sturmschritt durch den Flur. Die Stethoskope baumelten im Takt. Sie sahen schon von weitem, wohin sie laufen mussten. Die Türe zu Emilie Walters Zimmer stand sperrangelweit auf. Die Schwester schrie wie am Spieß. „Eben war doch noch alles gut. Sie hat ihre Pillen genommen wie
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