Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
trieb ein Stück ab. Er fabrizierte unvermittelt einen Spagat. Dabei machte er eine ungeheuer dämliche Figur, drohte sogar im Hafenbecken zu landen. Lessenich machte keine Anstalten ihm zu helfen. Einer der Streifenbeamten half ihm, indem er das Boot wieder näher an den Steg zog, sodass Riesinger auch das andere Bein an Bord hieven konnte.
„ Er kann sehen, dass niemand an Bord ist, aber wie man auf ein Boot klettert, das weiß er nicht“, lästerte Lessenich. Dabei schaute er sich effekthascherisch nach den Beamten um.
Riesinger ü berhörte die Spitze seines Vorgesetzten. Drinnen schaltete er die Lampe ein. Es war nichts zu finden. Dann versuchte er die schmale Luke zu öffnen, durch die man in die Kabine gelangte. Sie war verschlossen. Er rappelte daran. „Die ist verschlossen“, sagte er.
Einer der Beamten reichte ihm ein Werkzeug, womit er geschickt die Tü re aufhebelte. Kleine Holzsplitter fielen auf den Boden. Die Türe öffnete sich. Er leuchtete hinein. Das Boot machte einen aufgeräumten Eindruck. Er leuchtete auf die schmale Stufe vor sich und kletterte hinunter.
Man hö rte ihn drinnen rumoren. „In einem der Schränke liegt eine Spiegelreflexkamera. Moment, die Karte steckt. Ich schaue mal nach“, hörte man Riesinger ein wenig später sagen. Seine Stimme klang gedämpft. Ein paar Sekunden später sagte er: „Ich sehe Bilder von Hell, seinem Sohn und von Lea Rosin. Bingo!“
„Eintüten. Wir nehmen sie mit zur KTU. Wenn dort die Bilder von Hells Leuten drauf sind, dann haben wir einen erhärtenden Beweis. Man muss nur die richtigen Leute darauf ansetzen, dann klappt das auch“, sagte Lessenich, und war im Begriff einen der Beamten mit seinem ausladenden Bauch in das Hafenbecken zu befördern.
„ Können Sie mich da mal vorbeilassen, also wirklich. Tomaten auf den Augen?“, fragte er den überraschten Beamten.
Jeder, der behauptet, Lessenich sei ein Arschloch, hatte Unrecht. Lessen ich war ein Riesenarschloch, dachte der Uniformierte und machte ihm Platz.
*
Wenn Badak gewusst hätte, wer Hamlet ist, er hätte sich wie Hamlet gefühlt. Er wusste nicht, was er tun sollte. Nachdem er am Vorabend vor der Polizei geflohen war, ohne zu wissen, ob der Polizeieinsatz überhaupt wegen ihm gewesen war, hatte er Angst. Er lag auf dem Boden und starrte die Decke an. Von draußen war ein Geräusch zu hören. Mit einem Schwung stand er auf und ging hinüber zur Türe. Instinktiv griff er sich an die linke Seite, wo die Waffe saß. Er öffnete die Türe. Mit einem Quietschgeräusch fuhr sie auf.
Er erstarrte. Vor einigen Tagen fuhr ihm bereits der Schreck in die Glieder, als er die Polizei vor dem Haus von Hasan Cetin sah. Doch jetzt stellten sich ihm die Nacke nhaare hoch. Keine fünfzehn Meter entfernt stand er.
Agayer.
Dabei waren noch drei andere Männer. Er wich zurück, nahm Deckung hinter der Hallenwand aus Blech. Herzklopfen. Waren sie seinetwegen hier? Hatte Mamedov ihn verraten? Er blieb in der Deckung, zog seine Waffe.
Als der Adrenalinschub vorbei war, schaute er erneut aus der Tü re hinaus. Er hörte noch, wie die Türe der Nachbarhalle zufiel. Er überlegte. Was machten diese Männer hier? Wegen ihm waren sie nicht hier, das stand nun fest. Die Näherinnen waren bereits abgeholt worden. Aber es gab wohl einen Grund für ihr Hiersein. Sollte er ihnen nachgehen?
Badak war neugierig. Mit vier Mä nnern konnte er es nicht aufnehmen. Das wäre Selbstmord. Er schloss die Türe hinter sich. Mit einem großen Bogen näherte er sich der Halle, in der die Männer verschwunden waren. Sicher war sicher. Als er an der Türe dort angekommen war, lauschte er. Nichts. Er öffnete die Türe. Gedämpftes Licht empfing ihn. Er trat ein, und schloss die Türe hinter sich ganz leise.
Aus ih rem Versteck hatte Rosin alles beobachtet. Sie fühlte sich, als hätte sie einen Sechser im Lotto erzielt. Sie zog ihr Handy aus der Tasche, drückte flink die Kurzwahl. Es klingelte. Wendt ging ran.
„ Hör mal zu, und frag nicht lange. Ich bin in Bonn. Ich habe Badak gefunden, und Agayer ist auch hier. Sie sind alle zusammen in einer Halle. An der Straße vor der Halle steht eine vergammelte Garage. Die Halle liegt zurückgesetzt auf dem Gelände. Es sind noch drei weitere Männer dabei, die ich nicht kenne. Was soll ich tun?“, fragte sie.
Wendt war ü berrascht. „Wo bist Du?“
Da fiel Rosin auf, das sie nicht auf die Straß enschilder geachtet hatte. Sie dachte nach. Das letzte Schild, an das
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