Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
einen Crashkurs machen mit dem Thema „Wie werde ich Kriminalistin in drei Tagen?“ Er lehnte sich der Frau entgegen.
Alle schauten ihn konsterniert an. „ Jan-Phillip, was soll das?“, fragte ihn Meinhold. Sie war geschockt von dieser barschen Reaktion. Hatte er sich am Telefon nur verstellt? Ging es immer noch um die Sache vom Sommer?
„ Jan-Phillip, was soll das“, äffte er seine Kollegin nach, „Ist es nicht eher die Frage ‚Christina, was soll das‘ die gestellt werden sollte? Ist diese junge Frau dort nicht wegen dir hier? Klar ist sie das, warum sonst?“
„ Nein, das geht dich nichts an. Das ist eine Entscheidung, an der Du nicht teilnimmst.“
„ Ach ja, ist das so? Wir sind mitten in einem Fall, und dir fällt nichts Besseres ein, als uns ein Greenhorn ins Team zu holen. Das ist nichts gegen Sie, Frau Rosin, verstehen Sie mich nicht falsch. Hier treibt jemand seinen Egoismus voran auf Kosten der Qualität des Teams. Darum geht es.“
„ Kollege Wendt, wir haben Sie nun alle verstanden“, sagte Hell, der die Gedanken seines Stellvertreters gut nachvollziehen konnte. Aber die Art und Weise konnte er nicht gut heißen.
Klauk betrachtete die junge Kollegin. Sie war nicht viel jü nger als er. Und sie schien seltsam teilnahmslos. Als ginge es sich nicht um ihre Person. Sie blickte aus dem Fenster, als warte sie darauf, dass von dort jemand mit einer Lösung für das unangenehme Gespräch hereinflöge. Plötzlich verdunkelte sich ihr Blick.
„ Tut mir leid, ich hatte gedacht, dass sich hier in dem Team Menschen befinden, die neugierig sind auf Neues. Die neuen Kollegen auf die Sprünge helfen, ihnen schnell Wege zeigen und Mittel erläutern, ein guter Kriminalist zu werden. So erzählte man sich das auf der Polizeischule. Aber das scheint mir alles Geschwätz zu sein. Es geht hier eher um Eifersüchteleien und um Nichtausgesprochenes. Es tut mir Leid, aber ich habe mich wohl vertan. Kommissar Hell, bitte sehen Sie meine Bewerbung als Gegenstandslos an.“
Sie stand schnell au f und wollte zur Türe gehen. Ihr Blick streifte Wendt sehr feindselig.
„ Frau Rosin, bitte bleiben Sie“, sagte Hell und stand auf, „Setzen Sie sich bitte.“ Er machte eine kleine Handbewegung in Richtung des Stuhles, auf dem sie gesessen hatte. Sie hielt inne, behielt die Türklinke in ihrer rechten Hand, öffnete die Türe aber nicht.
„ Bitte!“
Hell schaute zu ihr herü ber mit einem fast väterlichen Blick. Sie hatte ihm mit ihren Worten eine Brücke gebaut. Bewusst oder unbewusst, sie hatte es getan. Indem sie gesagt hatte, sie hätte sich beworben, nahm sie allen Spekulationen die Grundlage.
Sie ließ die Klinke los und setzte sich wieder auf den Stuhl.
„ Wendt, Meinhold, auf ein Wort nach draußen.“ Hell öffnete die Türe so heftig, dass sie bis in die Scharniere aufflog. Er ging einige Meter den Flur entlang und blieb vor seiner Bürotüre stehen. Wendt und Meinhold trotteten wie Schüler, die vom Lehrer zum Direktor gebracht wurden, hinter ihm her.
„ Christina, Jan-Phillip, ich bemerke, dass es zwischen euch beiden immer noch Spannungen gibt. Ich möchte das geklärt haben. Was auch immer zwischen euch beiden vorgeht, ich lasse es nicht meine Ermittlungen gefährden. Ich habe es im Sommer versäumt, euch beide frühzeitig anzusprechen. Mit dem Ergebnis, dass einer von euch im Krankenhaus landete, weil er sich beweisen wollte. Wenn sich das nicht klärt, werde ich es in euren beiden Personalakten vermerken. Ihr wisst, ich hasse solche idiotischen Maßnahmen, also bitte, verhaltet euch wie zivilisierte Menschen. Soviel dazu. Meinhold, sie können gehen.“ Wortlos, und mit gesenktem Kopf, drehte sie sich um und ging.
Hell wartete, bis sie wieder im Bü ro verschwunden war. Er starrte den Gang entlang.
„ Jan-Phillip, Sie sind mein Stellvertreter. Daher erwarte ich von Ihnen ein hohes Maß an Loyalität und Integrität. Was denken Sie sich? Der trottelige Hell kriegt nichts mehr mit, daher muss ich hier die Sachen für ihn klären? Was glauben Sie, was ich von Ihnen erwarte? So etwas?“
„ Nein, Chef …“, fing er an, doch Hell unterbrach ihn sofort wieder,
„ Ich bin noch nicht fertig. Frau Rosin hat so ein Verhalten sicher nicht verdient. Sie scheint eine aufgeweckte Person zu sein. Und sie hat Recht, wenn sie sagt, dass wir uns immer versuchen gegenseitig zu helfen. Wenn Sie das nicht mehr so halten wollen, bitte, reichen Sie Ihre Versetzung ein. Ich halte Sie nicht auf, wenn
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