Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
den wäre es ein Leichtes gewesen, die Hotels abzutelefonieren, und nach Mashad Agayer zu fragen. Dann wäre er hingegangen, hätte ihn erschossen. So wie es auch Cetin und Bilen versucht hatten. Nein, dieser Mann verbarg sich hinter seinem falschen Namen.
Er betrachtete sein Team. Rosin hatte den Abschied von Meinhold schon beinahe vergessen gemacht. Sicherlich fehlte ihm ihre warme Menschlichkeit, dafü r war Rosin um Vieles analytischer. Er freute sich auf die Zeit, wenn beide in seinem Team sein würden.
Es herrschte gerade Stille. Hell legte seine Zufriedenheit mit dem heutigen Tag in seine Stimme. Dabei hatte es ganz anders begonnen.
„Die Zivilfahndung ist mit mehreren Beamten an den beiden dran. Wir haben uns jetzt den Feierabend verdient. Bis morgen.“
Sie tauschten einvernehmliche Blicke aus und verabschiedeten sich.
Eine Minute später hatte sich der Besprechungsraum geleert. Hell saß noch ein paar Minuten alleine dort und beschloss zu seinem Sohn zu fahren.
*
Kapitel 10
Chingiz Mamedov zog ein letztes Mal heftig an dem kurzen Zigarettenstummel, drü ckte ihn dann mit einer ebenso heftigen Bewegung in den Aschenbecher. Er rauchte filterlose, türkische Zigaretten. Mamedov machte sich Sorgen. Sein Herz schlug jetzt wieder langsam und ruhig. Vor einer Stunde war das nicht so gewesen. Agayer hatte getobt. Er hatte mit geballten Fäusten vor ihm gestanden. Mamedov hatte sogar befürchtet, dass er ihn schlagen würde. Daher war er nicht hinter seinem Schreibtisch hervorgekommen. Agayer hatte seine Maske völlig fallengelassen. Er bebte innerlich.
„ Wie kann das sein? Jetzt hat uns dieser Badak sogar die Polizei ins Haus gebracht. Was wollte er hier?“
„ Woher soll ich das wissen?“
„ Haben Sie hinter meinem Rücken Kontakt zu ihm?“
„ Nein“, antwortete Mamedov knapp.
Er beobachtete, wie Agayer seinen Blick durch den Raum schickte. Dann heftete er ihn an Mamedovs Augen fest. Der hielt dem Blick stand.
„ Badak hat zwei seiner Männer auf mich angesetzt. Sie haben versucht, mich umzubringen. Davon haben Sie natürlich auch nichts gewusst?“
„ Nein, wie kommen Sie denn darauf? Das ist absurd“, erwiderte Mamedov energisch.
Agayer beä ugte ihn skeptisch. „Wir müssen uns anders aufstellen. Ich werde in Baku anrufen und dort die Sachlage schildern. Verlassen Sie bitte solange das Büro.“
Mamedov durchfuhr es eiskalt. Er wurde aus seinem eigenen Bü ro geschickt. Langsam stand er auf. Sein Gesicht zuckte vor Anspannung. Schließlich ging er wortlos zur Türe. Bevor er die Klinke in die Hand nahm, warf er Agayer noch einen Blick zu. Der hatte bereits das Handy in seiner Hand. Mit leicht gebeugter Haltung stand er mitten in Mamedovs Büro. Ihre Blicke trafen sich. Dann machte Agayer eine Handbewegung. Mit seiner linken Hand machte er eine wischende Geste. Mamedov sollte sich beeilen.
Das Adrenalin flog durch seinen Kö rper. Er fühlte, wie die Halsschlagader gegen seinen Hemdkragen pulsierte. So eine Demütigung hatte er noch nie erfahren.
Drinnen hatte Agayer schließ lich Shukarov am Telefon. Er schilderte ihm die Situation. Badak hätte nun sogar die Polizei auf den Plan gerufen.
Shukarov saß in seinem Wohnzimmer. Sein Sohn hockte vor ihm auf dem Teppichboden. Es war sein Geburtstag. Daher war er auch noch nicht im Bett. Er wollte, dass seine Familie aus seinen Geschäften herausgehalten wurde. Daher war er ärgerlich über den späten Anruf von Agayer.
„ Sie sind nach Deutschland gefahren, um die Situation zu klären. Ich gehe nicht davon aus, dass es durch Sie noch zu weiteren Komplikationen kommt“ sagte er.
„ Sie können sich darauf verlassen. Wie soll ich mit der Polizei umgehen?“
„ Mich irritiert ihre Frage, ehrlich gesagt. Natürlich so, wie wir immer mit der Polizei umgehen. Polizei ist Polizei, egal, wo man sich befindet“, antwortete Shukarov.
Agayer verstand, was Shukarov damit andeutete. In Aserbaidschan war es ü blich, die Polizei zu bestechen. Wenn man damit keinen Erfolg hatte, ging man einen Schritt weiter. Man bedrohte die einzelnen Beamten. Manchmal kam es sogar zu körperlichen Übergriffen.
„ In Ordnung. Sie können sich auf mich verlassen“, sagte Agayer.
Shukarov legte das Handy beiseite und half seinem Sohn mit dem GPS -Empfänger, den er zum Geburtstag bekommen hatte. Alle anderen Geschenke waren nicht so interessant für den Zehnjährigen.
„ Du musst hier auf den seitlichen Knopf drücken, wenn Du es erneut eingeben
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