Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
Wussten Sie das?“
„ Nein, das wusste ich nicht. Herr Miersbach hatte ein Schreiben bei sich, aus dem hervorging, dass er und Herr Winkmüller das Geld bei Herrn Königer hinterlegt hatten, weil sie damit eine Geschäftstransaktion abwickeln wollten.“
„ Was für eine Transaktion?“, fragte Meinhold mit eindringlicher Stimme.
„ Das entzieht sich meiner Kenntnis“, antwortete Frau Lärche.
„ Was sagte Herr Miersbach, als sie ihm berichteten, dass das Geld bei uns ist?“
Sie atmete hörbar. „Er war sehr ungehalten darüber und schimpfte auf die Polizei.“
„ Wann war das, ich meine, wann war er bei Ihnen?“
„ Er hat zu dem Zeitpunkt das Büro verlassen, als sie anriefen. Daher dauerte es auch etwas länger. Ich musste erst noch die Tür absperren.“
„ Warum wollte er an einem Samstag dieses Geld abholen? Hat er das erwähnt?“
„ Nicht so genau. Er sagte etwas, was ich nicht so richtig einordnen konnte. Er meinte, der Tod wäre ihm zu nahe gekommen. Verstehen Sie das, Frau Meinhold?“
Es verging eine Sekunde, bis allen im Raum klar war, was er damit meinte.
„ Frau Lärche, sein Partner, der Herr Winkmüller hat sich nach unseren bisherigen Erkenntnissen heute Nacht das Leben genommen. Das wird er mit dem Satz gemeint haben.“
„ Oh mein Gott, noch ein Toter“, sagte sie und murmelte dann noch etwas, was aber keiner verstand. Man hörte ein Schnaufen, jemand putzte sich die Nase. „Entschuldigen Sie bitte, erst der Herr Schnackenberg, dann der Herr Königer und jetzt auch noch der Herr Winkmüller. Über dem Nordafrika-Projekt scheint kein guter Stern zu stehen“, sagte Frau Lärche mit trauriger Stimme.
„ Nordafrika-Projekt? Was meinen Sie damit?“
„ Die geschäftliche Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Firmen. So nannte es Herr Königer immer, das Nordafrika-Projekt.“
Meinhold sah, wie Hell das Fragezeichen hinter Königers Namen wegwischte und stattdessen ‚Nordafrika-Projekt‘ notierte.
„ Eine Frage noch, Frau Lärche, hat Herr Miersbach erwähnt, was er zu tun gedenkt, ohne das Geld?“
Sie schien zu überlegen. „Da kann ich auch wieder nur passen, weil ich das nicht wirklich verstanden habe, was er sagte.“
„ Und?“
Sie seufzte schwer. „Er meinte, er wolle sich nicht auch noch zum Opfer machen lassen.“
„ Das hat er wirklich so gesagt?“
„ Ja, das tat er. Aber das geht mich auch nichts an“, sagte sie.
Meinhold schüttelte bestätigend den Kopf.
„ Vielen Dank, Frau Lärche, Sie haben uns sehr geholfen.“
Man hörte, wie sie lächelte. „Immer wieder gerne, Frau Meinhold. Einen schönen Tag noch.“
Meinhold legte das Mobilteil auf den Tisch.
„ Ausgezeichnet“, sagte sie, „Dann haben wir jetzt das Puzzle zusammengesetzt.“
„ In der Tat“, sagte Hell, „Die Äußerungen dieses Herrn Miersbach sagen uns zwei Dinge: erstens hat er die Hosen voll, zweitens wird er versuchen, abzuhauen. Wir müssen ihn sofort zur Fahndung ausschreiben. Selbst wenn er mit den Morden nichts zu tun hat, wir brauchen ihn hier. Wenn er abhauen will, weiß er warum. Klauk, Kennzeichen! Fahndung einleiten! Rosin augenblicklich den Flughafen informieren!“
Hell klatschte in die Hände.
Endlich kam Bewegung in diese Geschichte. Ein paar Minuten später saß er in seinem Sessel mit Karl-Eugen Miersbachs eilig zusammengestellter Akte in den Händen. Der Mann war neunzehnhunderteinundsiebzig in einem Ort bei Wiesbaden geboren, machte mit achtzehn Jahren Abitur. Aus der siebten Klasse war er direkt in die neunte Klasse versetzt worden, weil er als hochbegabt galt. Nach dem Abitur studierte er zuerst Volkswirtschaftslehre, wechselte aber dann den Studiengang und machte vier Jahre später seinen Abschluss in Wirtschaft. Daran hängte er noch ein Studium in Maschinenbau, was er ebenfalls in der Regelstudienzeit absolvierte.
Mit achtundzwanzig gründete er seine erste Firma zusammen mit einem Schulfreund. In einer kleinen Fabrik stellten sie bestimmte, hochlegierte Schrauben und andere Kleinteile her. Daraus resultierten auch erste Kontakte in die nordafrikanische Wirtschaft. Im Jahre zweitausendvier verkaufte er seine Anteile an der Firma und wechselte zu einer deutschen Maschinenbaufirma. Dort arbeitete er im Außendienst und baute seine wirtschaftlichen Kontakte nach Marokko und Algerien weiter aus. Bis in den Sommer dieses Jahres arbeitete er weiter für die deutsche Firma, sondierte aber bereits vor Ort den Markt für die neue Firma, die er
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