Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
der Polizist.
„ Nein.“
„ Hallo, können Sie mich hören, junge Frau?“, sagte der Polizist mit tiefer Stimme. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und rüttelte sie leicht.
Man hörte ein leises Brummen aus dem Brustkorb der Frau. „Gleich haben wir sei wieder“, sagte der Polizist und kniff Meinhold zuversichtlich ein Auge zu. Tatsächlich klimperte die Frau kurz drauf mit den Augendeckeln, dann öffnete sie die Augen. Verwundert schaute sie erst den Polizisten, dann Meinhold an, die auf ihrem Beifahrersitz kniete.
„ Was machen Sie in meinem Auto?“, fragte sie.
„ Es gab einen Unfall, junge Frau“, antwortete der Polizist resolut, „Wie fühlen Sie sich? Tut Ihnen etwas weh?“
„ Unfall? Nein. Kann nicht sein.“
Sie schaute an dem Polizisten vorbei und erblickte den vorne eingedrückten VW Bus. Dann den türkischen Fahrer. Sah seinen besorgten Blick.
„ Das Wasser. Die Pfütze … ich wollte ausweichen.“
„ Wie geht es Ihnen?“, fragte Meinhold erneut.
„ Ich weiß nicht, darf ich aussteigen?“
„ Kommen Sie, ich helfe ihnen. Vorsichtig, hier steht immer noch das Wasser hoch auf der Straße.“ Er reichte der Frau die Hand. Geistesgegenwärtig streifte sie die Ballerinas von den Füßen, die im Fußraum liegen bleiben. Typisch Frau, dachte Meinhold, die aber froh darüber war, dass die Frau schon wieder so klar im Kopf war. An der Hand des großen Mannes sah die Frau klein und schmächtig aus. Meinhold hatte sofort die Assoziation einer Marathonläuferin. Dünn, rothaarig und durchtrainiert stand sie kurze Zeit später auf der anderen Straßenseite. Sie sprach den Türken an. „Es tut mir so leid. Ist Ihnen etwas passiert?“, fragte sie und drehte ihre Schulter im Gelenk auf und ab.
„ Nein, kleine Schramme auf der Nase, sonst alles gut“, antwortete der Mann, „Aber ihnen geht es auch gut?“ Seine großen, braunen Augen waren voller Mitgefühl. Das sein Auto sehr wohl ein Totalschaden war, schien ihn nicht zu interessieren.
„ Ich fühle mich noch ein wenig dusselig und mein Nacken schmerzt.“
„ Gleich kommt die Rettung“, sagte der Polizist, „Wenn Sie sich bereit fühlen, können wir schon einmal die Personalien aufnehmen.“ Der Türke nickte.
„ Ja, können wir machen“, antwortete die Frau. Sie stand kerzengerade neben dem Polizisten. Der Blick ihrer Augen war wieder klar und wachsam. Meinhold schätzte sie auf höchstens fünfunddreißig.
„ Mein Name ist Clara Weynen. Ich wohne in Bonn Beuel und ich bin Kindergärtnerin.“ Sie faltete ihre Hände vor der Brust.
Aus weiter Ferne hörte man sich Sirenen schnell nähern. Meinhold blickte in Richtung Bonn. Da erkannte sie den Mercedes von Oliver Hell, der sich der Unfallstelle näherte. Als er auf ihrer Höhe angekommen war, fuhr das Fenster herunter und ihr Chef steckte den Kopf heraus. „Ist dir etwas passiert, Chris?“, fragte er besorgt.
„ Nein, alles gut. Ich habe den Unfall vom Fenster aus beobachtet. Ich sage den Kollegen noch eben, dass man mich als Unfallzeugin nennen kann, dann komme ich hoch. Was gibt’s Neues?“
Hell zog bedeutsam die Augenbrauen hoch. „Arbeit für dich. Viel Arbeit für dich.“ Erst jetzt bemerkte Meinhold, dass sie noch immer barfuß war. sie fischte ihre Schuhe von der Straße, informierte die Beamten wegen der Zeugenaussage. Doch innerlich war sie schon einen Schritt weiter, völlig neugierig, was Hell wohl von ihr wollte. Sie wusste bloß, dass alle Kollegen im Einsatz gewesen waren. Details kannte sie nicht.
*
Oliver Hell schwenkte gerade seine Kaffeetasse aus, als Staatsanwalt Überthür das Büro betrat. Sofort fiel ihm die rote Gesichtsfarbe des Mannes auf. Er sah aus, als wäre er zu intensiv unter der Sonnendusche gewesen. Sogar die Ohren schienen verbrannt.
„ Ich hätte gerne ein Update zum Golfplatzmord“, sagte er grußlos. Hell war kein bisschen verwundert. Weder über seine Manieren, noch über die Frage nach dem Mord auf dem Golfplatz.
Schließlich hatte auch Gauernack Golf gespielt. Sogar sein fetter Kollege Lessenich tat so, als könne er bei diesem Sport mithalten. Dabei nutzte er nur die Gelegenheit, sich bei seinen Vorgesetzten einzuschleimen.
„ Wir stehen da ziemlich am Anfang“, fing Hell an und nahm seine erste Benutzung der neuen Kaffeemaschine in Angriff. Er drückte auf eine Taste und die Maschine fing an die Kaffeebohnen zu mahlen. Dann drehte er sich zu Überthür herum. Der betrachtete sein Tun mit einer gewissen
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