Oliviane – Der Saphir der Göttin
Sog, dem sie hilflos ausgeliefert folgen musste. Sie durfte sich wegen einer dummen Ähnlichkeit nicht so beeindrucken lassen! Und doch ... Wenn sie doch nur seine Augen sehen könnte!
19. Kapitel
Er wusste, dass der Herzog ihn belauerte. Dass er auf ein Zeichen von Schwäche hoffte, einen Hinweis, der verriet, wie es um ihn stand. Er hatte jedoch genügend Zeit gehabt, sich auf diesen Moment vorzubereiten, und er hatte gelernt, jede Regung unter seiner ungerührten Miene zu verstecken.
Allein, es kostete ihn seine ganze Kraft. Er hatte nicht geahnt, wie tief ihn der Anblick der schönen Frau berühren würde.
Er fixierte sie mit den dunklen Augen, und seine Blicke schienen sie förmlich durch die volle Länge des Raumes zu ihm rufen zu wollen. Noch immer empfand er jene Mischung aus rasendem Zorn und bitterer Sehnsucht, er fühlte sie, seit er begriffen hatte, dass er den dümmsten Fehler seit Adam begangen hatte. Ein Mann mit Vernunft vertraute keiner Frau!
Er konnte erkennen, wie sie auf seinen stummen Ruf reagierte, wie ihre Augen verwirrt durch den Raum glitten und sich schließlich auf seine Gestalt hefteten. Er vermeinte sogar den Schock, der sie traf, selbst zu fühlen. Sie musste sich fragen, ob sie dabei war, den Verstand zu verlieren, erkannte er voller Genugtuung, und er lächelte zynisch. Sie so offensichtlich leiden zu sehen kam seinem Wunsch nach Rache sehr entgegen.
Aus welchem Versteck war sie so plötzlich wieder hervorgekommen? Was, zum Teufel, wollte sie von Jean de Montfort? Welchen raffinierten Plan hatte ihr durchtriebener kleiner Kopf nun schon wieder ausgeheckt?
»Setzt Euch«, bat der Herzog.
Oliviane folgte dem Befehl, aber der Herzog bemerkte, dass sie dem Chevalier de Sainte Croix dabei bewusst den Rücken zuwandte. Es versprach eine höchst interessante Unterhaltung zu werden.
»Ihr habt euch meiner guten Amme anvertraut, und sie hat mir das volle Ausmaß Eures Unglücks geschildert. Seid versichert, dass die Tage Eures Kummers nun vorbei sind. Ihr müsst keine Angst mehr haben, Dame Oliviane!«
»Ich bin nicht gekommen, um zu klagen«, entgegnete sie mit leiser, ein wenig heiserer Stimme. »Ich bin gekommen, weil ich Euch etwas geben möchte. Ich habe etwas in meinem Besitz, auf das ich kein Recht habe und das in Euren Händen bessere Dienste leistet. Dame Magali hat Euch sicher gesagt, was es mit diesem Juwel auf sich hat und wie viel unschuldiges Blut dafür geflossen ist.«
Wie magisch angezogen beugte sich Hervé de Sainte Croix nun doch vor, um den Stein aus unmittelbarer Nähe zu betrachten, der plötzlich auf der ausgestreckten weißen Hand der jungen Frau leuchtete. In seinen geschliffenen Seiten spiegelten sich die Kerzen, und weil Olivianes Arm leicht zitterte, tanzten blaue Funken durch den Raum. Der Stern von Armor!
Olivianes Finger schlossen sich von neuem um das Kleinod und löschten die Sterne wieder aus. Sie senkte die Lider und mied die Blicke der beiden Männer. Sie konzentrierte sich ganz auf die eine Bedingung, die sie an den Stern von Armor knüpfen wollte. Von diesem Anliegen hing ihr künftiges Dasein ab.
»Ich bin nicht an weltlichen Reichtümern interessiert, ich möchte mein Leben in Gebet und Sühne zubringen! Wenn Ihr meinen Wunsch unterstützt, wird es mir möglich sein, trotz meiner unzweifelhaften Sünden den Schleier zu nehmen und mich in ein Kloster zurückzuziehen.«
Der Herzog gab einen undefinierbaren Laut von sich, der das leise Aufstöhnen übertönte, das im selben Moment über die Lippen des Chevaliers gekommen war. Plötzliche Stille senkte sich über das Gemach, und beide Männer sahen halb erstaunt, halb fassungslos von der geschlossenen Hand hinauf in Olivianes schönes Gesicht, während die junge Frau unruhig und angespannt auf eine Antwort wartete. Kein Zweifel, sie meinte jedes ihrer Worte bitter ernst.
»Es ist lobenswert und fromm, dass Ihr der Mutter Kirche dienen wollt«, entgegnete Jean de Montfort nach einer langen Pause betont gelassen. »Aber soweit ich informiert bin, seid Ihr verlobt ...«
Oliviane zuckte zusammen. Mit diesem Einwand hatte sie am allerwenigsten gerechnet. Es konnte doch nicht im Sinne des Herzogs sein, wenn sie Paskal Cocherel zum Manne nahm und ihm zu einem Erben verhalf! Das durfte er nicht von ihr verlangen!
»Eine Ehe, die mein Großvater ausgehandelt hat«, gab sie vorsichtig zur Antwort. »Mit einem Manne, den ich wie die meisten meiner Landsleute aus tiefstem Herzen verabscheue. Besteht Ihr
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