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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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hat Achilles ’ Stiefvater, der Kentaur Chiron, ihm viele Geschichten erzählt, in denen die Wolle, erion, mit der Athene den Samen wegwischte, und der Staub, in den dieser S a men fiel, interessante Rollen spielten. Als Mann und größter Kri e ger der Welt hat Achilles die Barden vom »Liebestau« singen h ö ren – herse oder drosos in der Sprache seiner Heimatinsel –, aber diese Wörter standen auch für ein ne u geborenes Kind. Es hieß, dass etliche menschliche Helden – nicht wenige behaupteten, Apollo gehöre dazu – aus dieser mit Samen befruchteten Wolle und diesem Staub geboren worden waren.
    Achilles beschließt, jetzt keine dieser Geschichten zu erwä h nen. Außerdem ist er am Ende seiner Kräfte – er muss sich den Atem sparen.
    »Lass mich los, dann werde ich dein Verbündeter sein«, sagt Hephaistos. Er schnappt wieder nach Luft. »Wir sind ohnehin wie Brüder.«
    »Wie kommst du darauf?«, bringt Achilles heraus. Wenn er H e phaistos loslassen muss, wird er dem Handwerker Athenes Götter tötenden Dolch durch den Unterkiefer in den Schädel treiben und sein Gehirn wie einen Fisch im Fluss aufspießen und herauszi e hen.
    »Als ich nicht lange nach der Verwandlung ins Meer gewo r fen wurde, haben mich die Okeanide Eurynome und deine Mutter, Thetis, in ihrem Schoße aufgenommen«, keucht der Gott. »Ich w ä re ertrunken, wenn deine Mutter – die teure Th e tis, Tochter des Nereus – mich nicht aufgefangen und für mich gesorgt hätte. Wir sind wie Brüder.«
    Achilles zögert.
    »Wir sind mehr als Brüder«, ächzt Hephaistos. »Wir sind Ve r bündete.«
    Achilles schweigt, um seine herannahende Schwäche nicht zu verraten.
    »Verbündete«, schreit Hephaistos, dessen Rippen eine nach der anderen wie Schösslinge in der Kälte brechen. »Meine g e liebte Mutter, Hera, hasst das unsterbliche Miststück Aphrod i te, deine Feindin. Meine angebetete Geliebte, Athene, hat dir ihr Messer gegeben, wie du sagst – deshalb möchte ich dir helfen.«
    »Bring mich zu den Genesungstanks«, stößt Achilles hervor.
    »Zu den Genesungstanks?« Hephaistos atmet tief ein, als Achi l les den Druck ein wenig verringert. »Dort wird man dich jetzt e r wischen, Sohn des Peleus und der Thetis. Auf dem Olymp her r schen heute Kaos und Bürgerkrieg – Zeus ist verschwunden –, aber die Genesungstanks werden trotzdem b e wacht. Es ist noch nicht dunkel. Komm mit in mein Heim, iss, trink, erfrische dich, dann bringe ich dich mitten in der Nacht zu den Genesungstanks, wenn nur der monströse Heiler und einige wenige schläfrige Wachposten dort sind.«
    Essen?, denkt Achilles und merkt, dass er tatsächlich kaum i m stande sein wird, zu kämpfen – geschweige denn anderen zu b e fehlen, Penthesilea wieder zum Leben zu erwecken –, wenn er nicht bald etwas in den Magen bekommt.
    »Einverstanden«, grunzt Achilles, löst die Beinklammer um die Leibesmitte des bärtigen Gottes und steckt Athenes Messer wi e der in seinen Gürtel. »Bring mich in dein Heim auf dem Gipfel des Olymps. Aber keine Tricks.«
    »Keine Tricks«, knurrt Hephaistos mit finsterer Miene und b e tastet seine geschundenen, gebrochenen Rippen. »Aber es ist ein schlimmer Tag, wenn ein Unsterblicher so behandelt werden kann. Nimm meinen Arm, und wir qten dorthin.«
    »Warte«, sagt Achilles. Er kann Penthesileas Körper kaum auf seine Schulter heben, so schwach ist er. »In Ordnung«, sagt er und packt den behaarten Unterarm des Gottes, »jetzt können wir g e hen.«
     

34
    Die Voynixe gr iffen kurz nach Mitternacht an.
    Nachdem Ada geholfen hatte, das Abendessen zuzubereiten und es den Heerscharen in Ardis Hall zu servieren, hatte sie draußen daran mitgearbeitet, die Verteidigungsanlagen zu ve r stärken. Es war eine elende Schufterei, doch obwohl Peaen, L o es, Petyr und Isis – die alle wussten, dass sie schwanger war – sie d a von abzuhalten versuchten, blieb sie draußen in der Kä l te und im leichten Schnee und half, die Gräben rund dreißig M e ter vor den Palisadenzäunen auszuheben. Es war Harmans und Daemans Idee gewesen – Feuergräben, gefüllt mit ihrem kostbaren Late r nenöl, das angezündet werden sollte, wenn es den Voynixen g e lang, die Palisade zu durchbrechen –, und Ada wünschte, dass Harman und Daeman an diesem Abend hier wären, um beim Graben zu helfen.
    Die Erde war gefroren, und Ada merkte, dass sie zu müde war, die oberste Erdschicht zu durchstoßen, obwohl sie eine der schä r feren Schaufeln hatte. Das

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