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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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mit von der Partie sein solltest.«
    »Der dritte Grund, weshalb ich einen Stuhl im Landeboot – m e taphorisch gesprochen, natürlich – verdient habe«, sagte Orphu, »ist, dass ich es herausgefunden habe.«
    »Was herausgefunden?«, fragte der baumlange Suma IV. Der dunkle Buckykarbon-Ganymeder schaute nicht auf seinen Chr o nometer, aber seine Stimme tat es.
    »Alles«, sagte Orphu von Io. »Weshalb es griechische Götter auf dem Mars gibt. Weshalb es einen Tunnel durch Raum und Zeit zu einer anderen Erde gibt, auf der noch immer Homers trojanischer Krieg ausgefochten wird. Woher dieser unmögliche terraformierte Mars kommt. Weshalb Prospero und Caliban, zwei Figuren aus einem alten Shakespeare-Stück, auf dieser echten Erde auf uns warten, und warum die Quantenbasis des gesamten Sonnensy s tems von diesen immer wieder auftauchenden Bran-Löchern ze r stört wird … eben alles.«
     

56
    Die Frau, die wie eine junge Savi aussah, hieß in der Tat Moira, obwohl Prospero sie in den nächsten Stunden manchmal M i randa und einmal lächelnd Moneta nannte, was Harmans Ve r wirrung noch vergrößerte. Harmans Verlegenheit hingegen war bereits so groß, dass sie sich nicht mehr steigern ließ. Im Verlauf ihrer ersten gemeinsamen Stunde brachte er es nicht fertig, auch nur in Moiras Richtung zu blicken, geschweige denn ihr in die Augen zu scha u en. Während Moira und er so etwas wie ein Frühstück zu sich nahmen und Prospero bei ihnen am Tisch saß, gelang es ihm schließlich, zu der Frau hi n überzuschauen, aber er konnte den Blick nicht auf ihre Auge n höhe heben. Dann wurde ihm klar, dass dies wahrscheinlich so wirkte, als würde er ihr auf die Brust sta r ren, und so wandte er den Blick wieder ab.
    Moira schien sein Unbehagen nicht zu bemerken.
    »Prospero«, sagte sie, während sie an einem Orangensaft nippte, der ihnen von einem schwebenden Servitor gebracht worden war, »du stinkende alte Made. War dieser Erweckung s schlüssel deine Idee?«
    »Natürlich nicht, Miranda, meine Liebe.«
    »Nenn mich nicht Miranda, sonst nenne ich dich Alraune n männchen. Ich bin nicht deine Tochter, und ich war es auch nie.«
    »Natürlich bist und warst du meine Tochter, Miranda, meine Liebe«, schnurrte Prospero. »Gibt es einen lebenden Nachme n schen, dem ich nicht geholfen habe, das zu werden, was er ist? Waren meine DNA-Sequenzierungslabors nicht dein Mutterleib und deine Wiege? Bin ich folglich nicht dein Vater?«
    »Gibt es denn heute noch einen weiteren lebenden Nachme n schen , Prospero?«, fragte die Frau.
    »Meines Wissens nicht, M i randa, meine Liebe.«
    »Dann leck mich.«
    Sie drehte sich zu Harman um, trank einen Schluck Kaffee, schälte mit einem furchterregend spitzen Messer eine Orange und sagte: »Mein Name ist Moira.«
    Sie saßen an einem kleinen Tisch in einem kleinen Raum – e her einem abgeteilten Bereich als einem Zimmer –, den Harman vo r her nicht bemerkt hatte. Es war eine Nische in der von B ü chern gesäumten Wand auf halber Höhe der riesigen, nach innen g e wölbten Kuppel, mindestens hundert Meter über dem von Ma r morwänden strukturierten Labyrinth und dem Fußb o den. Kein Wunder, dass er den Raum von unten nicht gesehen hatte: Die Wände dieser nicht sehr tiefen Nische waren ebenfalls von B ü chern gesäumt. Auf dem Weg nach oben waren sie an weiteren Nischen vorbeigekommen, einige mit Tischen wie diesem hier, andere mit gepolsterten Bänken, geheimnisvollen Instrumenten und Trennwänden. Wie sich herausstellte, fungierten die Eise n treppen auch als Rolltreppen, sonst hätten die drei viel länger g e braucht, um so hoch hinaufzusteigen. Das Gefühl der Schutzl o sigkeit – die schmalen Stege und schmiedeeisernen Rolltreppe n stufen bestanden eher aus Luft als aus E i sen – war beängstigend. Harman fand den Blick nach unten schrecklich. Er konzentrierte sich stattdessen auf die Bücher und behielt die Schultern unte r wegs möglichst dicht an den Regalen.
    Die Frau war ganz ähnlich gekleidet wie Savi damals bei ihrer ersten Begegnung – sie trug eine blaue Hemdbluse aus Bau m woll-Segeltuch, eine Kordhose und hohe Lederstiefel, dazu einen ähnl i chen kurzen Wollumhang wie Savi, nur dass ihr Umhang dunke l gelb statt dunkelrot war wie jener der älteren Frau. Der kompl i zierte Schnitt mit den vielen Falten schien jedoch identisch zu sein. Der größte Unterschied zwischen den beiden Frauen – außer dem enormen Altersunterschied – war, dass die ältere Savi eine

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