Olympos
formte, die von einem der Masse-Fax-Akkumulatoren im Orbit heruntergebeamt wurde. Er wusste auch, dass die Materie sich schneller als alle menschlichen Reflexe in eine unberührbare Projektion verwandeln würde, wenn er ve r suchte, den alten Magus zu schlagen oder anzugreifen.
»Ihr wusstet, dass meine Chancen, den kristallenen Schrein zu überleben, ungefähr eins zu hundert standen«, sagte Harman, o h ne Prospero auch nur anzusehen. Das Licht war dort zu hell.
»Ein wenig besser schon, glaube ich«, sagte der Zauberer und schloss gnädigerweise die schweren Vorhänge.
Moira zog sich einen Stuhl herbei und setzte sich zu Harman an den Tisch. Unter ihrem roten Kittel trug sie dieselbe robuste Abenteuerkleidung wie im Taj.
Harman sah sie unverwandt an. »Du kanntest die junge Savi. Bei der Party zum letzten Fax am überfluteten Empire State Building im New Yorker Archipel hast du ihren Freunden erzählt, du hä t test sie nicht gesehen, aber in Wahrheit hattest du Savi erst zwei Tage zuvor in ihrem Zuhause in der Antarktis besucht.«
»Woher um alles in der Welt weißt du das?«, fragte Moira.
»Savis Freundin Petra hat einen kurzen Essay über ihren Ve r such geschrieben, zusammen mit ihrem Liebhaber Pinchas Savi zu finden. Er ist unmittelbar vor dem letzten Fax gedruckt und g e bunden worden und hat irgendwie seinen Weg in die Bibli o thek deines Freundes Ferdinand Mark Alonzo gefunden.«
»Aber woher sollte Petra gewusst haben, dass ich Savi vor der Party im New Yorker Archipel besucht habe?«
»Bei der Durchsuchung von Savis Räumen im Mount Erebus haben die beiden wohl etwas gefunden, was Savi geschrieben ha t te«, sagte Harman. Der Kaffee kam ihm nicht wieder hoch, aber er milderte auch seine pochenden Kopfschmerzen nicht.
»Also weißt du jetzt alles über alles, nicht wahr?«, sagte Moira.
Harman lachte und bereute es fast sofort. Er stellte die Kaffe e tasse ab und hielt sich die rechte Schläfe. »Nein«, sagte er schlie ß lich, »ich weiß gerade genug, um zu wissen, dass ich kaum etwas über irgendetwas weiß. Außerdem sind neunun d fünfzig andere Bibliotheken über die Erde verstreut, deren kri s tallene Schreine ich noch nicht besucht habe.«
»Das würde dich wirklich umbringen«, sagte Prospero.
Harman hätte in diesem Moment nichts dagegen gehabt, wenn jemand ihn umgebracht hätte. Die Kopfschmerzen legten eine pulsierende Korona um jeden Gegenstand und jede Person vor seinen Augen. Er trank mehr Kaffee und hoffte, dass die Übelkeit nicht zurückkommen würde. Die Gondel fuhr kna r rend dahin, aber er wusste, dass sie mit über dreihundert Stu n denkilometern unterwegs war. Ihr leichtes Schaukeln trug nicht gerade dazu bei, seinen Magen zu beruhigen. »Möchtet ihr alles über Alexandre-Gustave Eiffel erfahren? Geboren am 15. D e zember 1832 in Dijon. 1855 Abschluss an der Éxole Centrale des Arts et Manufactures. Bevor er seinen Turm für die Weltau s stellung 1889 konzipierte, hatte er bereits die bewegliche Kuppel des Observatoriums in Nizza entworfen und die Pläne für das Skelett der Freiheitsstatue in New York geliefert. Er … «
»Hör auf«, fauchte Moira. »Niemand mag Angeber.«
»Wo zum Teufel sind wir?« Harman schaffte es, auf die Beine zu kommen und die Vorhänge beiseite zu schieben. Sie durc h querten gerade ein wunderschönes bewaldetes Tal. Die Gondel fuhr in mehr als zweihundert Metern Höhe über einem gewundenen Fluss dahin. Wenn man genau hinschaute, sah man auf einem Kamm uralte Ruinen – irgendeine Burg.
»Wir sind soeben an Cahors vorbeigekommen«, antwortete Prospero. »Beim nächsten Rangierturm müssten wir nach S ü den in Richtung Lourdes abbiegen.«
Harman rieb sich die Augen. »Was ist denn los?«, fragte er. »Wollt ihr nicht nach Norden, um der Blaueis-Kathedrale eures Freundes einen Besuch abzustatten?«
Moira machte ein verblüfftes Gesicht. »Woher weißt du d a von? Im Taj gab es kein Buch mit diesen … «
»Nein«, stimmte Harman zu, »aber mein Freund Daeman hat gesehen, wie es anfing – wie Setebos kam. Aus den Büchern weiß ich, was der Vielarmige nach seiner Ankunft in Paris-Krater tun würde. Er ist also noch hier … auf der Erde, meine ich?«
»Ja«, sagte Prospero. »Und er ist nicht unser Freund.«
Harman zuckte die Achseln. »Ihr beiden habt ihn überhaupt erst hierher gebracht. Ihn und die anderen.«
»Das haben wir nicht gewollt«, sagte Moira.
Darüber musste Harman lachen, auch wenn die Kopfschme r zen dadurch
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