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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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einem silbernen Becher und zog eine Augenbraue hoch, um zu zeigen, dass er zuhörte.
    Menelaos berichtete ihm von seiner festen Entschlossenheit und der Gelegenheit, sich an Helena heranzupirschen, und e r zählte, wie beides von Oinones plötzlichem Erscheinen und den A n schuldigungen, die sie kurz vor ihrem Tod gegen Philoktetes e r hoben hatte, zunichte gemacht worden war. »Wir hatten Glück, dass wir lebendig aus der Stadt gekommen sind«, wi e derholte er.
    Agamemnon schaute mit zusammengekniffenen Augen zu den fernen Mauern hinüber. Irgendwo heulte eine Moravec-Sirene, und Raketen jagten gen Himmel, zu einem unsichtbaren olymp i schen Ziel. Das Summen des Kraftfelds über dem Hauptlager der Achäer wurde tiefer, ein Zeichen für seine e r höhte Bereitschaft.
    »Du solltest sie heute töten«, sagte Menelaos ’ älterer und klüg e rer Bruder. »Jetzt gleich. Noch an diesem Vormittag.«
    »An diesem Vormittag?« Menelaos fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Trotz des Schweinefetts waren sie trocken.
    »An diesem Vormittag«, wiederholte der ehemalige und künft i ge Oberbefehlshaber aller griechischen Heere, die hier ve r sammelt waren, um Troja zu plündern. »Schon morgen wird die neu en t standene Kluft zwischen unseren Männern und diesen sabber n den Trojanern so groß sein, dass die Feiglinge ihr verdammtes skäisches Tor wieder schließen und verrammeln werden.«
    Menelaos schaute zur Stadt hinüber. Im Licht der aufgehe n den Wintersonne waren ihre Mauern rosarot. Er war sehr ve r wirrt. »Sie werden mich nicht hineinlassen, wenn ich ganz a l lein … «, begann er.
    »Verkleide dich«, unterbrach ihn Agamemnon. Der große K ö nig trank erneut und rülpste. »Denke wie Odysseus … wie ein geri s senes Wiesel.«
    Menelaos, auf seine Weise ein ebenso stolzer Mann wie sein Bruder oder jeder andere achäische Held, war nicht sicher, dass ihm dieser Vergleich gefiel. »Wie kann ich mich verkleiden?«
    Agamemnon machte eine Handbewegung zu seinem königl i chen Zelt, dessen scharlachrote Seide wieder in der Nähe wo g te. »Ich besitze das Löwenfell und die alte, rundum mit Ebe r zähnen besetzte Kappe, die Diomedes und Odysseus trugen, als sie letztes Jahr das Palladion aus Troja zu stehlen versuchten«, sagte er. »Dank dieser seltsamen Kappe, die dein rotes Haar verdeckt, und der Eberhauer, die deinen Bart verbergen – ganz zu schweigen von dem Löwenfell, das deine prächtige achä i sche Rüstung tarnt –, werden die schlafmützigen Wachposten am Tor denken, du seist einer ihrer vielen barbarischen Ve r bündeten, und dich ohne Anruf passieren lassen. Aber geh rasch – vor dem Wachwechsel, und bevor uns die Tore für die restliche Dauer von Iliums dem Unte r gang geweihten Dasein verschlossen bleiben.«
    Menelaos musste noch ein paar Sekunden darüber nachde n ken. Dann stand er auf, legte seinem Bruder mit festem Griff die Hand auf die Schulter und ging ins Zelt, um sich zu verkleiden und mit weiteren tödlichen Klingen zu bewaffnen.
     

8
    Der Mond Phobos ähnelte einer riesigen, geriffelten, staubigen Olive mit einem hellen Lichterkreis um das konkave Ende. Mahnmut erklärte Hockenberry, die ausgehöhlte Spitze sei ein riesiger Krater namens Stickney und die Lichter seien die M o ravec-Basis.
    Der Flug hatte bei Hockenberry eine nicht eben geringe Adren a linausschüttung zur Folge gehabt. Er hatte schon einige M o ravec-Hornissen aus der Nähe gesehen und festgestellt, dass sie keine Fenster oder Luken zu haben schienen; daher vermutete er, es würde ein Blindflug werden – vielleicht abgesehen von ein paar Monitoren. Aber er hatte die Technologie der M o ravecs aus dem Asteroidengürtel unterschätzt – Mahnmut zufolge stammten nämlich sämtliche Hornissen von den Stei n vecs. Des Weiteren war Hockenberry davon ausgegangen, dass es Andruckliegen o der Sessel mit riesigen Gurten und Schna l len im Stil der Space-Shuttles des zwanzigsten Jahrhunderts geben würde.
    Es gab keine Sessel. Überhaupt keine sichtbaren Körperstü t zen. Hockenberry und der kleine Moravec saßen einfach im Leeren, umschlossen von unsichtbaren Kraftfeldern. Hol o gramme – oder irgendwelche dreidimensionalen Projektionen, die so real waren, dass sie nicht wie Projektionen aussahen – umgaben sie auf drei Seiten und zwischen ihnen. Sie saßen nicht nur in unsichtbaren Sesseln, die unsichtbaren Sessel und ihre Körper hingen auch noch in drei Kilometer Höhe in der Luft, während die Hornisse durch das

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