Olympos
berry.
In diesem Moment ging die Hornisse abrupt in den Schweb e flug über, sank in den taghell erleuchteten Krater hinunter und setzte in der Nähe eines komplexen Netzwerks aus Trägern, Kränen, leuchtenden gelben Blasen, blauen Kuppeln, grünen Türmen, sich bewegenden Fahrzeugen und Hunderten geschä f tiger Moravecs auf, die im Vakuum herumwimmelten. Die Landung selbst war so sanft, dass Hockenberry durch den Metallboden und den Kraf t feldsessel nur andeutungsweise etwas davon merkte.
»Wieder daheim, wieder daheim«, intonierte Mahnmut. »Na ja, natürlich nicht wirklich daheim, aber … Pass beim Aussteigen auf deinen Kopf auf. Die Luke ist ein bisschen niedrig für menschliche Köpfe.«
Bevor Hockenberry etwas dazu sagen oder erneut aufschreien konnte, öffnete sich die Luke, der Deckel klappte nach unten, und die ganze Luft in dem kleinen Abteil entwich fauchend ins Vak u um.
Hockenberry war in seinem früheren Leben Professor für Altph i lologie gewesen; seine naturwissenschaftlich-technischen Kenn t nisse hatten sich in Grenzen gehalten. Aber er hatte zu seiner Zeit genug Science-Fiction-Filme gesehen, um die Folgen explosiver Dekompression zu kennen: Augen, die sich bis zur Größe von Grapefruits aufblähten, Trommelfelle, die in Stur z bächen von Blut platzten, Fleisch und Haut, die kochten, au f quollen und zerrissen, wenn der Innendruck im nicht vorhandenen Außendruck des Hochvakuums keinen Widerstand fand.
Nichts von alledem geschah.
Mahnmut blieb auf der Rampe stehen. »Kommst du nicht mit?« In den Ohren des Menschen klang die Stimme des kleinen M o ravecs blechern.
»Wieso bin ich nicht tot?«, fragte Hockenberry. Ihm war, als w ä re er plötzlich in unsichtbare Blasenfolie gehüllt.
»Dein Sessel schützt dich.«
»Mein Sessel?« Hockenberry blickte sich um, aber es war nicht einmal ein Schimmern zu sehen. »Du meinst, ich muss für alle Zeiten hier sitzen bleiben oder sterben?«
»Nein.« Mahnmuts Stimme klang belustigt. »Komm schon raus. Der Kraftfeldsessel wird dich begleiten. Er sorgt schon jetzt für Wärme und Kühlung, reinigt per Osmose deinen Sa u erstoff und bereitet ihn wieder auf – genug für ungefähr dre i ßig Minuten – und dient noch dazu als Druckanzug.«
»Aber der … Sessel … ist Teil des Schiffes«, sagte Hockenberry, während er vorsichtig aufstand und spürte, wie die unsichtbare Blasenfolie seine Bewegungen mitmachte. »Wie kann er die Ho r nisse verlassen?«
»In Wahrheit ist die Hornisse eher ein Teil des Sessels«, sagte Mahnmut. »Vertrau mir. Aber gib Acht hier draußen. Der Sesse l anzug verleiht dir ein wenig Bodenhaftung, sobald du auf der Oberfläche bist, aber die Schwerkraft auf Phobos ist so schwach, dass man mit einem kräftigen Sprung die Fluchtg e schwindigkeit erreichen könnte. Dann hieße es für Thomas H o ckenberry: Adios, Phobos.«
Hockenberry hielt auf der obersten Stufe der Rampe inne und umklammerte den Metallrahmen der Luke.
»Na komm«, sagte Mahnmut. »Der Sessel und ich werden schon verhindern, dass du davonschwebst. Gehen wir rein. Da sind a n dere Moravecs, die mit dir reden wollen.«
Nachdem er Hockenberry bei Asteague/Che und den anderen Hauptintegratoren des Fünf-Monde-Konsortiums abgeliefert ha t te, verließ Mahnmut die auf Normaldruck gehaltene Kuppel und unternahm einen Spaziergang im Stickney-Krater. Die Aussicht war spektakulär. Phobos ’ Längsachse zeigte permanent zum Mars, und die Moravec-Ingenieure hatten dafür g e sorgt, dass der rote Planet immer direkt über Stickney hing und den größten Teil des schwarzen Himmels füllte, da die steilen Kraterwände die Sicht zu den Seiten versperrten. Der kleine Mond drehte sich alle sieben Stunden um seine Achse – ebenso lange brauchte er für einen Umlauf um den Mars –, sodass die riesige rote Scheibe mit ihren blauen Meeren und weißen Vulkanen langsam über Mah n mut rotierte.
Er fand seinen Freund Orphu von Io mehrere hundert Meter weiter oben inmitten des Spinnennetzes aus Kränen, Trägern und Seilen, mit dem das Schiff, das sie zur Erde bringen würde, am Startkrater festgemacht war. Hochvakuum-Moravecs, Ingen i eurroboter, küchenschabenartige Steinvecs und kallistanische Aufseher krabbelten und kletterten wie glitzernde Blattläuse auf dem Schiff und den Verbindungsträgern herum. Das Licht von Scheinwerfern und Arbeitslampen spielte über die dunkle Hülle des riesigen Erdschiffes. Funken fielen in Kaskaden von Batterien
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