Olympos
begleitet hatten, ihre eigenen privaten G e spräche mit anderen ihresgleichen. Bei Tagesanbruch hatte jeder die furchtbaren Neuigkeiten gehört, und die Schreckensstarre wich ohnmächtigem Zorn.
Menelaos wusste, dass ihnen – den Atriden, den Brüdern Ag a memnon und Menelaos – nichts Besseres passieren konnte, wenn sie die Achäer nicht nur erneut gegen die Trojaner hetzen und diesen Krieg beenden, sondern auch die Tyrannei des fußschne l len Achilles stürzen wollten. Binnen Tagen, wenn nicht Stunden, würde Agamemnon wieder Oberbefehlshaber sein.
Bei Tagesanbruch hatte Agamemnon seine Pflicht erfüllt, allen Griechen Bericht zu erstatten. Die großen Heerführer waren d a vongegangen – Diomedes zurück zu seinem Zelt, der große Tel a monier Ajax, der wie ein Kind geweint hatte, als er hörte, dass Salamis ebenso leer vorgefunden worden war wie all die anderen Heimatländer, Odysseus, Idomeneus, der kleine Ajax, der z u sammen mit all seinen Männern aus Lokris vor Kummer laut au f geschrien hatte, als Agamemnon ihnen die Neuigkeiten mitteilte, selbst der schwatzhafte alte Nestor –, alle waren sie in der Mo r gendämmerung davongegangen, um sich noch ein paar Stunden in unruhigem Schlaf zu wälzen.
»Also, was gibt es Neues vom Krieg gegen die Götter?«, wol l te Agamemnon von Menelaos wissen, als die beiden Brüder allein in der Mitte ihres lakedämonischen Lagers saßen, umringt von loy a len Truppenführern, Leibwächtern und Lanzenkämpfern. Die Männer hielten so viel Abstand, dass ihre Führer unter vier A u gen miteinander reden konnten.
Der rothaarige Menelaos erzählte seinem Bruder, was inzw i schen geschehen war. Er berichtete von den schändlichen tägl i chen Scharmützeln zwischen Moravec-Zauberei und den Wa f fen der Götter, den gelegentlichen Zweikämpfen, dem Tod von Paris und hundert unbedeutenderen Kämpfern auf trojanischer wie achäischer Seite und der soeben beendeten Bestattungsz e remonie. Erst vor einer Stunde war der Rauch des Leichenfe u ers verflogen und der Schein der Flammen über den Mauern Trojas verblasst.
»Schön, dass wir den endlich los sind«, sagte der königliche Agamemnon, während er mit seinen starken weißen Zähnen an einem Stück Spanferkel nagte, das man ihm zum Frühstück gerö s tet hatte. »Nur schade, dass Apollo Paris getötet hat … das wollte ich eigentlich selbst erledigen.«
Menelaos lachte, aß selbst etwas von dem Spanferkel und spülte es mit Frühstückswein hinunter. Er erzählte seinem geliebten Bruder von Paris ’ erster Frau, der aus dem Nichts aufg e tauchten Oinone, und ihrem Selbstopfer.
Agamemnon lachte darüber. »Wenn doch nur diese Hündin H e lena, deine Gemahlin, so gerührt gewesen wäre, dass sie sich in die Flammen gestürzt hätte, Bruder.«
Menelaos nickte, aber er spürte, wie ihm das Herz bei der E r wähnung von Helenas Namen stockte. Er erzählte Agamemnon von Oinones wirrem Gerede, nicht Apollo, sondern Philoktetes sei für Paris ’ Tod verantwortlich, und von dem Zorn, der die Trojaner erfasst und das kleine achäische Kontingent veranlasst hatte, in aller Eile aus der Stadt zu verschwinden.
Agamemnon schlug sich auf den Schenkel. »Wunderbar! Das ist der vorletzte Stein im Mosaik. Ich werde dafür sorgen, dass diese Unzufriedenheit überall in den Reihen der Achäer binnen zweier Tage in offenen Aufruhr umschlägt. Wir werden wieder Krieg gegen die Trojaner führen, bevor die Woche um ist, Br u der. Das schwöre ich auf die Steine und die Erde von unseres Vaters Grab.«
»Aber die Götter … «, begann Menelaos.
»Die Götter werden wieder so sein wie zuvor«, sagte er, und es klang, als wäre er seiner Sache absolut sicher. »Zeus neutral. Ein i ge auf Seiten der jammernden, zum Untergang verurteilten Troj a ner. Die meisten mit uns verbündet. Aber diesmal bringen wir die Sache zu Ende. Ilium wird binnen vierzehn Tagen in Schutt und A sche liegen … so sicher, wie Paris heute Morgen nur noch aus Knochen und Asche besteht.«
Menelaos nickte. Er wusste, dass er seinen Bruder fragen sol l te, wie er den Frieden mit den Göttern wieder herzustellen g e dachte und wie er den unbesiegbaren Achilles stürzen wollte, aber er brannte darauf, ein dringlicheres Thema mit ihm zu b e sprechen.
»Ich habe Helena gesehen«, sagte er und hörte, wie seine Sti m me über den Namen seiner Gemahlin stolperte. »Ich war ganz kurz davor, sie zu töten.«
Agamemnon wischte sich Fett vom Mund und aus dem Bart, trank aus
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