Olympos
weitere Serie von Explosionen warf die zurückweiche n den Menschen abermals zu Boden. Diesmal stiegen die Fla m menpilze siebzig bis achtzig Meter hoch in die kalte Morge n luft. Alle Bäume im Westen und Osten von Ardis brannten.
Voynixe sprangen durch die Flammen. Die chitinösen schwarzen Soldaten mähten sie zu Dutzenden, dann zu Hu n derten nieder.
Dann ragte eines der schwarzen Wesen über ihr auf. Es strec k te einen langen, mit Widerhaken bewehrten Arm und eine Hand aus, die eher einem Bündel schwarzer Klauen glich. »Ada Uhr?«, sagte es mit ruhiger, tiefer Stimme. »Ich bin Zenturio Mep Ahoo. Ihr Gatte braucht Sie. Mein Trupp und ich werden Sie zum Lager zurückbegleiten.«
Das große Schiff war unmittelbar neben der Grube gelandet. Diese Flugmaschine war zu groß für die Palisade und hatte bei ihrer Landung fast alle noch verbliebenen Holzstämme umg e worfen. Sie stand auf hohen, vielfach gegliederten Metallbe i nen, und in ihrem Bauch hatte sich eine Art Ladeluke geöffnet.
Harman lag auf einer Trage auf dem Boden, und diverse u n terschiedliche Geschöpfe hockten um sie herum. Ohne die G e schöpfe zu beachten, lief Ada zu Harman.
Der Kopf ihres Geliebten ruhte auf einem Kissen, und sein Körper war mit einer Decke verhüllt, aber Ada musste die Hand vor den Mund schlagen, um nicht zu schreien. Sein G e sicht war verwüstet, die Wangen hohl, und er hatte so gut wie keine Zähne mehr im Mund. Seine Augen bluteten. Seine Li p pen waren so rissig, dass sie aussahen, als hätte sie etwas in Stücke zerbissen. Seine nackten Unterarme lagen auf der Decke, und Ada sah das gestaute Blut unter der Haut – rote Haut schälte sich ab, als hätte er den schlimmsten Sonnenbrand der Welt bekommen.
Daeman, Hannah, Greogi und die anderen drängten sich in Adas Nähe zusammen. Sie nahm Harmans Hand und spürte, wie ihr sanfter Druck ganz leicht erwidert wurde. Der Sterbe n de auf der Trage versuchte, seine vom grauen Star befallenen Augen auf sie zu richten und etwas zu sagen. Er konnte nur Blut spucken.
Eine kleine, humanoide Gestalt in einer Hülle aus rot-schwarzem Metall und Kunststoff sprach sie an. »Sind Sie Ada?«
»Ja.« Sie drehte sich nicht zu dem Maschinenkind um. Ihr Blick war nur auf Harman gerichtet.
»Er hat es geschafft, Ihren Namen zu nennen und uns die K o ordinaten dieses Ortes zu geben. Wir bedauern, dass wir ihn nicht eher gefunden haben.«
»Was … «, begann sie und wusste nicht, was sie fragen sollte. Eines der Maschinenwesen in der Nähe war riesig. Es hielt b e hutsam eine Infusionsflasche, aus der etwas in Harmans au s gemergelten Arm lief.
»Er hat eine tödliche Strahlungsdosis abbekommen«, sagte die kindergroße Gestalt mit ihrer sanften Stimme. »Fast mit Siche r heit von einem U-Boot, auf das er im atlantischen Bruch gest o ßen ist.«
U-Boot, dachte Ada. Das Wort sagte ihr nichts.
»Es tut uns Leid, aber wir verfügen einfach nicht über die medizinischen Einrichtungen für Menschen in einer solchen Verfassung«, sagte die kleine Maschinenperson. »Wir haben die Hornissen von der Queen Mab geholt, als wir sahen, dass ihr hier in Schwierigkeiten wart, und sie haben Schmerzmittel und weitere Infusionsflaschen mitgebracht, aber gegen den Stra h lungsschaden selbst können wir nichts ausrichten.«
Ada verstand nicht richtig, was die kleine Person sagte. Sie hielt Harmans Hand mit ihren beiden Händen und spürte, wie er starb.
Harman hustete. Offensichtlich konnte er die Laute, die er hervorzubringen versuchte, nicht mehr erzeugen. Er hustete erneut und versuchte, seine Hand wegzuziehen. Ada hielt sie fest, aber der Sterbende war beharrlich, er zog …
Sie erkannte, dass ihr fester Griff ihm Schmerzen bereiten musste. Sie ließ seine Hand los.
»Tut mir Leid, Liebster.«
Weitere Explosionen hinter ihnen, jetzt in größerer Ferne. Die fledermausförmigen Flugmaschinen feuerten mit diesem ko n stanten Kettenrasselgeräusch in die umliegenden Wälder. Die großen, chitinösen Soldaten liefen im Lager hin und her – einige versorgten leicht verletzte Menschen, hauptsächlich wegen Lichtblitzverbrennungen.
Harman zog seine rechte Hand nicht zurück, sondern hob sie an ihr Gesicht.
Ada versuchte, seine Hand wieder zu nehmen, aber er schlug ihre Hand mit seiner linken Hand weg. Sie hielt die Hände still und ließ sich von ihm am Hals, an der Wange berühren – er legte die Hand flach an ihre Stirn und schloss sie dann mit aller Kraft um die Vorderseite ihres
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