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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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älteste »Trojanerin« war Herophile, »die Geliebte der Hera«, die älteste und weiseste Sibylle und Priest e rin von Apollo Smintheus. Als Sibylle deutete Herophile Ka s sandras wilde Träume oftmals richtiger als diese selbst.
    Und als Achilles dann Agamemnon stürzte und die Achäer mit der Behauptung, Pallas Athene selbst habe seinen besten Freund, Patroklos, ermordet, in einen blutigen Krieg gegen die Götter führte, hatten die »Trojanerinnen« ihre Chance gesehen. Ohne Kassandra in ihre Pläne einzuweihen – die Prophetin war in di e sen letzten Tagen vor dem von ihr prophezeiten Fall Trojas ei n fach zu labil –, ermordeten sie Andromaches Amme und deren Kind, woraufhin Andromache laut schreiend und hysterisch schluchzend behauptete, es seien Pallas Athene und die Göttin Aphrodite gewesen, die den kleinen Astyanax, Hektors Sohn, hingeschlachtet hätten.
    Wie zuvor Achilles hatte auch Hektor vor Kummer und Zorn gerast. Der trojanische Krieg endete. Der Krieg gegen die Götter begann. Die Achäer und Trojaner marschierten durch das Loch, um zusammen mit ihren neuen Verbündeten, den kleinen Gö t tern namens Moravecs, den Olymp zu belagern.
    Und an jenem ersten Tag der Bombenangriffe seitens der Gö t ter – bevor die Moravecs Ilium mit ihren Kraftfeldern schützten – war Hekabe gestorben. Ebenso wie ihre Tochter Laodike. Und Theano, Athenes meistgeliebte Priesterin.
    Drei der sieben »Trojanerinnen« hatten schon an jenem ersten Tag des Krieges, der ihretwegen ausgebrochen war, den Tod g e funden. Dann Hunderte anderer Krieger und Bürger, die ihnen lieb und teuer gewesen waren.
    Und nun noch eine?, dachte Helena, und das Herz wurde ihr so schwer, dass es in eine Region des Kummers unter dem Ku m mer sank. Sie wandte sich an Andromache. »Wirst du Kassandra t ö ten?«
    Hektors Gemahlin richtete ihren kalten Blick auf Helena. »Nein«, sagte sie schließlich, »ich werde ihr Skamandrios ze i gen, meinen Astyanax.«
     
    In seiner plumpen Verkleidung – der Eberzahnkappe und dem Löwenfellumhang – gelangte Menelaos unbehelligt in die Stadt. Zusammen mit Dutzenden anderer Barbaren, allesamt trojan i sche Verbündete, schob er sich nicht lange vor der lauthals verkünd e ten Ankunft der Amazonen an den Torwächtern vorbei.
    Es war noch früh. Er mied den Bereich um Priamos ’ zerbom b ten Palast, weil er wusste, dass Hektor und seine Heerführer dort sein würden, um Paris ’ Gebeine zu bestatten, und dass zu viele dieser trojanischen Helden die Kappe mit den Wil d schweinzähnen oder Diomedes ’ Löwenfell erkennen konnten. Er drückte sich an dem Menschengewimmel auf dem Mark t platz vorbei, schlich durch Gassen und kam schließlich auf dem kleinen Platz vor Paris ’ P a last heraus – König Priamos ’ provis o rischem Quartier und nach wie vor Helenas Heim. An der Tür standen natürlich Elitewäc h ter, weitere auf den Mauern und auf jeder Terrasse. Odysseus ha t te ihm einmal erklärt, welche zurückgesetzte Terrasse jene Hele n as war, und Menelaos musterte die wogenden Vorhänge mit schrecklicher Intensität, aber seine Gemahlin ließ sich nicht bl i cken. Zwei Lanzenkämpfer in funkelnder Bronze standen dort, was darauf hindeutete, dass Helena an diesem Morgen nicht d a heim war – in ihrem b e scheideneren Palast in Lakedämonien hatte sie keine Leibw a chen in ihren Privatgemächern geduldet.
    Auf der anderen Seite des Platzes, gegenüber von Paris ’ P a last, war ein Wein- und Käseladen. Grobe Tische standen dra u ßen in der sonnigen Gasse, und Menelaos brach dort sein Fa s ten und bezahlte mit den trojanischen Goldstücken, die er in weiser V o raussicht aus Agamemnons Truhe genommen hatte, während er sich ankleidete. Er lauschte für eine Weile dem Klatsch und Tratsch der Menge auf dem Platz und der Stad t bewohner auf den angrenzenden Bänken.
    »Ist die Dame des Hauses heute da?«, fragte ein altes Weib ein anderes.
    »Nee, nicht seit heute Morgen. Meine Phoebe sagt, Ihre Loc h heit wär beim ersten Morgengrauen raus, aber nicht, um bei der B e stattung der Gebeine ihres Göttergatten dabei zu sein, wie sich ’ s gehören würde, nein.«
    »Wo ist sie denn dann hin?«, schnatterte die zahnlosere der be i den alten Vetteln, die ihren Käse verdrückten. Sie beugte sich n ä her zu ihrer Freundin, als wollte sie sich die Antwort zuraunen lassen, aber die andere Alte – so schwerhörig wie die erste – brül l te ihr geradezu ins Ohr.
    »Wie ’ s heißt, besteht der alte

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