Olympos
Priamos darauf, dass die so übe r aus edle Helena, diese verflixte fremde Schlampe, seinen anderen Sohn heiratet – keinen von den Heerscharen der Pri a mos-Bastarde, die überall rumlaufen, man kann ja nicht mal ‘ nen got t verdammten Stein werfen, ohne einen von denen zu treffen, so n dern seinen fetten, dämlichen, rechtmäßigen Sohn, Deiphobos –, und zwar innerhalb von achtundvierzig Stunden nach Paris ’ Gril l fest.«
»Also schon bald.«
»Ja, bald. Vielleicht heute schon. Seit der Woche, als Paris die dickärschige Edelnutte hergeschleppt hat – mögen die Götter di e sen Tag verfluchen –, hat Deiphobos brav gewartet, bis er an der Reihe war, sie zu pimpern, also ist er wahrscheinlich schon mitten in den dionysischen Riten, wenn nicht der Hochzeit, während wir uns hier unterhalten, Schwester.«
Die alten Vetteln gackerten so laut, dass ihnen Brot- und Käs e bröckchen aus dem Mund spritzten.
Menelaos stand abrupt auf und marschierte durch die Str a ßen, die Lanze in der linken Hand, die rechte am Heft seines Schwerts.
Deiphobos? Wo wohnt Deiphobos?
Vor dem Krieg gegen die Götter war alles einfacher gewesen. Priamos ’ unverheiratete Söhne und Töchter, einige von ihnen b e reits in den Fünfzigern, hatten in dem riesigen Palast in der Stadtmitte gewohnt – die Achäer hatten sorgfältig geplant, nach dem Durchbruch durch die trojanischen Mauern dort mit dem Gemetzel zu beginnen –, aber diese eine glückliche Bombe am ersten Tag des neuen Krieges hatte die Prinzen und ihre Schwe s tern in ebenso üppige Wohnquartiere überall in der ri e sigen Stadt verstreut.
Bevor Menelaos jedoch dazu kam, sich auf die Suche zu m a chen, ritt die Amazone Penthesilea mit ihren zwölf Kämpferi n nen an ihm vorbei, und die Menge geriet außer Rand und Band.
Menelaos musste beiseite treten, sonst wäre er vom Streitross der Amazone an der Spitze niedergetrampelt worden. Ihr g e schientes Bein streifte beinahe seinen Umhang. Sie schaute kein einziges Mal nach unten oder zur Seite.
Penthesileas Schönheit beeindruckte Menelaos derart, dass er sich fast an Ort und Stelle auf das von Pferdeäpfeln übersäte Kopfsteinpflaster gesetzt hätte. Bei Zeus, was für eine zerbrechl i che Schönheit in einer solch prächtigen, glänzenden Kriegsrü s tung! Diese Augen! Menelaos, der noch nie gegen den Amazone n stamm oder an dessen Seite Krieg geführt hatte, hatte so etwas noch nie gesehen.
Wie in der Trance eines Sehers stolperte er hinter dem Zug her und folgte der Menge und den Amazonen zu Paris ’ Palast. Dort wurde die Amazone von Deiphobos empfangen – Helena gehörte nicht zu seinem Gefolge, also schienen sich die Käse-Vetteln geirrt zu haben. Zumindest was Helenas gegenwärtigen Aufenthaltsort betraf.
Nachdem Menelaos wie ein bis über beide Ohren verknallter Hirtenjunge eine ganze Weile auf die Tür gestarrt hatte, hinter der Penthesilea verschwunden war, riss er sich endlich los und wa n derte stundenlang durch die Straßen. Schließlich war es fast Mi t tag. Er wusste, er hatte nur noch wenig Zeit – Ag a memnons Plan sah vor, dass die Erhebung gegen Achilles ’ Herrschaft um die Mittagszeit beginnen und die Kämpfe bis zum Einbruch der Du n kelheit beendet sein sollten –, und ihm wurde zum ersten Mal bewusst, was für eine große Stadt Ilium war. Welche Chancen ha t te er, hier noch rechtzeitig genug auf Helena zu stoßen, um etwas unternehmen zu können? Fast keine, erkannte er, denn beim er s ten Kriegsgeschrei unter den Argeiertruppen würde man das gr o ße skäische Tor schließen und die Wachen auf den Mauern ve r doppeln. Dann saß er in der Falle.
Er machte sich auf dem Weg zum skäischen Tor, erfüllt von der dreifachen Übelkeit, die sein Versagen, der Hass und die Liebe in ihm auslösten. Er rannte beinahe, einerseits froh, dass er sie nicht gefunden hatte, zugleich aber auch zutiefst niedergeschlagen, dass es ihm nicht gelungen war, sie aufzuspüren und zu töten. In der Nähe des Tors geriet er in eine Art Au f stand hinein.
Er schaute ein bisschen zu, stellte Fragen und konnte sich nicht von dem Schauspiel losreißen, obwohl es ihn in sich hineinzuzi e hen drohte, während es allmählich außer Kontrolle g e riet.
Es hatte den Anschein, als wären die Frauen Trojas irgendwie von der bloßen Ankunft Penthesileas und ihrer kleinen Schar von Amazonen – die jetzt vermutlich alle auf Priamos ’ weichsten Li e gesofas schliefen – inspiriert worden, und aus dem pr o
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