Oma 04 - Omas Erdbeerparadies
Arne und schob die Flasche Glennfiddich in den Spalt.
«Willst du mich bestechen?»
«Ja.»
Das war eine echte Gelegenheit für Kuno. Sonst kam er an Alkohol nur schwer ran, denn alleine schaffte er es bestimmt nicht mehr bis zum nächsten Supermarkt. Er würde sich die Flasche nicht entgehen lassen.
«Gut.»
Kuno öffnete die Tür nun ganz und ließ Arne herein. Er betrat die schlichte Einzimmerwohnung mit Bett, Schrank, zwei kleinen Sesseln und Fernseher. Es roch nach Schweiß und Zigaretten. Der alte Mann schlurfte in seiner grauen Cordhose zum Sessel. Die Tür zum Balkon stand offen, war aber durch dichte Gardinen verhangen.
«Deine Mutter hat mich etliche Nerven gekostet, die mir nun fehlen», schimpfte Kuno. «Sie hatte mit Abstand das tollste Hinterteil der Insel. Aber ich war ja der kleine Gemeindearbeiter, mich hat sie nicht mal mit dem A… angeschaut.»
Über jedes Hinterteil hätte Kuno so reden können, aber nicht über das seiner Mutter! Doch Arne riss sich zusammen.
«Ich könnte ein gutes Wort für dich einlegen.»
Kuno schüttelte den Kopf.
«Das ist zu vage.»
«Was willst du?»
Kuno musterte Arne herausfordernd.
«Ich möchte mit Imke eine Spritztour machen. Jetzt sofort. Nur wir zwei. Ich fahre.»
«Hast du denn überhaupt einen Führerschein?»
«Ich habe fünfzig Jahre auf dem LKW hinter mir.»
«Aber ich fahre einen alten Wagen, und die Bremsen von solchen Autos sind …
«Da muss man richtig reintreten, schon klar.»
«Okay.»
Kuno schlurfte langsam zur Tür. Wie sollte der in seinem Zustand ein Auto unter Kontrolle haben? Andererseits war er als Gemeindearbeiter ja wirklich sein Leben lang Lastwagen gefahren, so etwas verlernte man nicht. Jedenfalls wollte er das in diesem Moment glauben, immerhin würde seine Mutter mit im Wagen sitzen. Auch wenn sie von ihrem Glück noch nichts wusste.
«Dafür bekomme ich noch was», erinnerte Arne ihn.
«Ja?»
Arne zückte das Foto aus der Schatzkiste. Ein Mann mit langen Haaren und einer E-Gitarre in der Hand stand auf der Bühne, sein Körper war vollkommen verrenkt.
«Kennst du den?»
Kuno blickt misstrauisch auf das Foto.
«Das bin ich , aber das Bild ist nicht auf Föhr aufgenommen worden», erklärte Kuno. «Das ist der Kaiserkeller in Hamburg.»
Arne bekam einen trockenen Mund: Volltreffer!
«Und wie kommt dieses Foto in die Kiste vom Erdbeerparadies?»
«Ich habe es Wally Nickelsen geschenkt, dem gehörte damals das Paradies. Der war schwer beeindruckt, den Kaiserkeller kannte damals halb Deutschland.»
Arne blieb skeptisch.
«Du bist echt mit den Beatles aufgetreten?»
Er musste vorsichtig sein, die Tonbandaufnahme erwähnte er lieber nicht. Sonst wollte Kuno am Ende einen Anteil haben.
Kuno schaute ihn erst verblüfft an, dann lachte er.
«Nee, das Foto haben wir im Kaiserkeller gemacht, als keiner da war. Aber John und Paul sind tatsächlich mal nach Föhr gekommen.»
Ihn durchflutete ein warmes Gefühl: Damit wurde sein Traum wahr, er war kurz vor dem Ziel!
«Das hing mit ihrem Freund zusammen, wie hieß der noch? Ich weiß noch seinen Vornamen, Klaus …»
«Klaus Voorman vielleicht?»
Nach seinen Recherchen wusste Arne, dass ein Hamburger Kunststudent namens Klaus Voorman damals ein enger Freund der Beatles gewesen war.
«Nee, der hieß anders, ich komm gleich drauf … Peter Lüttje aus Harburg! Der lebte eine Zeitlang in Wyk.»
«Und die Beatles waren wirklich auf Föhr?»
Kuno nickte.
«Die Jungs haben ja in Hamburg die ganze Zeit durchgespielt. Aber einmal hatten sie drei Tage frei, und John und Paul fuhren mit Peter nach Föhr. Die Insel kannte damals kaum ein Mensch – und im Winter lag hier der Hund begraben.
«Wo haben Paul und John denn gewohnt?»
«Im Erdbeerparadies, auf einer Couch im Tanzsaal. Kohle für’n Hotel hatten die ja nicht.»
«Haben sie zufällig auch im Erdbeerparadies gespielt?»
Die alles entscheidende Frage!
«Nicht, dass ich wüsste. Aber das könnte Jockel Frahm wissen, der war noch häufiger als ich im EP.»
«Jockel Frahm?», fragte Arne entsetzt.
Die Insel Föhr war klein – zu klein! Jockel war Susannes Hausmeister im Island Palace, der stand zu seiner Chefin und würde ihm bestimmt keine Auskunft geben.
Plötzlich schrillten bei ihm alle Alarmglocken. Er musste so schnell wie möglich das Originalband bei Momme abholen. Sollte Susanne Lindner es in die Hände bekommen, würde sie das Island Palace zehnstöckig in Glas und Gold ausbauen, und dann konnte
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